Der Autor dieser Anekdote ist uns heute als Schriftsteller der Romantik bekannt. Jedoch hatte er eigentlich Jura studiert. In seinen letzten Lebensjahren war er als Kammergerichtsrat in Berlin tätig und leitete Ermittlungen im Fall des Turnvaters Jahn, der 1819 wegen „hochverräterischer Tendenzen“ inhaftiert worden war. Die Verhaftung gehörte im Metternichschen System zu den Maßnahmen, die liberale und nationale Tendenzen bekämpften und die ein Turnverbot in ganz Preußen zur Folge hatten. Obwohl Hoffmann 1820 ein mildes Urteil fällte, Jahn sollte freigelassen werden, blieb Jahn auf höhere Anweisung hin noch fünf Jahre in Haft. Ein anderer ähnlicher juristischer Fall inspirierte später Hoffmann, diesen in seinem „Meister Floh“ zu parodieren. Das brachte ihm beruflich üblen Ärger ein.
Ursula Brekle
Vor
kurzer Zeit erschien ein Fremder in *** in einer daselbst zur Schau
gestellten Menagerie wilder Tiere. Der Professor *** — ein
berühmter Hüpf-, Spring- und Schwungmeister — war ebenfalls
zugegen, und der Charakter von Wildheit, den er in seiner äußeren
Erscheinung affektiert, mochte den Fremden ohne Zweifel überraschen;
denn als der Wärter der Tiere Namen, Vaterland und Behandlungsweise
jedes einzelnen bezeichnet hatte, vom Löwen bis zum letzten Kakadu
herab, wandte sich der Fremde höflich zu ihm und fragte, auf den
Professor deutend: «Oh, sagen Sie mir doch, mein Bester, wie heißt
denn dieses wilde Tier?» Der Wärter flüsterte: «Mein Herr, das
ist ja der Herr Professor ***.» Der Fremde belächelte seinen Irrtum
und den Wundermann und verließ kopfschüttelnd den Saal der wilden
Tiere.
Bildnachweis
Kopfbild:
Das älteste Turnpferd, an welchem schon der bekannte Turnvater
Jahn seine Turnübungen lehrte.
Bundesarchiv,
Bild 102-12352 / CC-BY-SA 3.0
Friedrich Ludwig Jahn: aus Wikipedia - gemeinfrei