Leipzig-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Leipzig-Lese
Unser Leseangebot

Das Industriedenkmal hat eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Die ehemalige Fabrik ist in dem Zusammenspiel von Bürgerinitiative, Denkmalschutz, Volkshochschule und einem preisgekrönten Architekten zu einem modernen Haus für Erwachsenenbildung geworden. Mit diesem Buch liegt eine historische Dokumentation vor, die mit aktuellen wissenschaftlichen Bezügen einen Beitrag zur Erschließung und Öffnung von Räumen für Bildungswecke leistet.

Der Untergang von Leipzig

Der Untergang von Leipzig

Georg Bötticher

Weh, Leipzig, viel geliebtes Nest!

Mit deinen dicken Mauern,

Mit deinen Türmen, stark und fest,

Du kannst mich schrecklich dauern.

Bezweifl‘ es, wer noch zweifeln mag:

Am nächsten Grünen-Donnerstag

Wirst du, o Stadt der Linden,

Im Erdenbauch verschwinden.


Der Bürgermeister schnellt vom Sitz

Mit wahrem Jugendfeuer:

„Auf! Lasst uns fliehn nach Stötteritz!

Hier ist es nicht geheuer.

Am Marktplatz, auf der Rathausfahn‘

Hat dreimal schon der Wetterhahn

Mit lauter Stimm‘ gegackelt

Es wackelt! Wackelt! Wackelt!“


Der Rektor gibt alsbald bekannt:

„Es fiel im Büchersaale

Mit lautem Plautzen ein Foliant

Heut‘ morgen vom Regale!

Packt auf den ganzen Weisheits-Kitsch

Und rettet euch nach Euteritzsch!

Ein Narr, wer länger fackelt:

Es wackelt! Wackelt! Wackelt!


Am Donnerstag bellt‘ in der Stadt

Kein Hund mehr auf den Gassen,

Und jeder kluge Bürger hatt‘

Wohlweislich sie verlassen.

Man spannt und wartet Tag und Nacht,

Dass Leipzig in die Erde kracht;

Nach achtundvierzig Stunden

War noch kein Stein verschwunden.


Da sprach der Bürgermeister: „Hm,

Lasst uns die Angst begraben;

Es scheint sich das Orakulum

Faktisch geirrt zu haben.“

Und abends saß der Magistrat

Mitsamt dem Hochschul-Rektorat.

Und jeder brave Zecher

Hielt fest umspannt den Becher.


Doch als der Nachtrat Zweie rief,

da schrie der Bürgermeister:

„Es wackelt! ´s wackelt! ´s steht schon schief!

Helft, alle guten Geister!“

Der Rektor aber sprach: „Na nu!?

Bin ich‘s, o Leipzig, oder du?

Schwer ist es zu entscheiden,

Wer wackelt von uns beiden?!“

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Theodor Doppelburg oder Ä hochdeitscher Leibz’ger
von Edwin (Pseudonym: Bliemchen) Bormann
MEHR
Mei Leibzch
von Lene Voigt
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen