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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Lenore

Lenore

Lene Voigt

Illustration von Frank Kirchbach zu der Ballade "Lenore" von Gottfried August Bürger, auf die Lene Voigt ihre Parodie schrieb.
Illustration von Frank Kirchbach zu der Ballade "Lenore" von Gottfried August Bürger, auf die Lene Voigt ihre Parodie schrieb.

Lenore sauste ausn Bätt

Un fuhr in ihre Latschen,

Denn‘s schiener, als wenn eener tät

Vorm Hauseunte graatschen.


De Mudder aus dr Gammer schbrach:

„Was märschde denn am Fänster?“

Leonore rief: „Ich guck‘ mal nach.

Ich gloobe, ‘s gomm Geschbänster.“


„I geene Ahnung, dummes Gind.

Was so ä Mädchen schlabbert!

Im Garten draußen seifzt dr Wind

Un‘s Bodenfänster glabbert.“


„Nee, nee, ach Mudder, ‘s muss wär nahn,

ich färchte mich zu Dode!“

„Nimm doch ä Schlickchen Baldrian

Dort driem von dr Gommode.“


Da blätzlich heert Lenore, dass

Ihr Name wärd gerufen,

Un uff dr Dräbbe raschelt was

Un dabbt sich nuff de Schtufen.


Lenore schleicht zum Gorridor,

Ihr Härz globbt in Egstase,

Gen Himmel schteht dr Zobb ämbor,

Galkweiß is ihre Nase.


„Wär is da draußen vor dr Dier?

Welch schaurich Gast uns nahte?“

„Gomm, sießes Bubbchen, effne mir,

Bin Wilhelm, dei Soldate!“


„Du liechst! Mei Schatz där fiel bei Brag

Im Nahgamf mit ä Färde.

Sei Freind, dr Emil Donnerschlag

Grub sälwer‘n in de Ärde.“


„Ruht ooch mei Balch am Frantischek,

das hat nischt zu bedeiten.

De Seele schwang sich frehlich weg

Zu iberärdschen Freiden.


Drum gomm, mei Lorchen, riechle uff,

Mei Flugzeich wartet unten,

Mir gondeln jetzt in Himmel nuff,

Verlähm dort sälche Schdunden.


Kopfbild: Lénore. Les morts vont vite, Palais des Beaux-Arts de Lille (Nord)

Abb. im Text: Illustration von Frank Kirchbach zu der Ballade "Lenore" von Gottfried August Bürger, auf die Lene Voigt ihre Parodie schrieb.

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