Für Thomas Mann gehörte dieses Gedicht zu seinen Lieblingsgedichten. Er „würde es nicht so lieben, wenn Schumann es nicht so unglaublich genial vertont hätte.“
Erstmalig wurde das 1812 geschriebene Gedicht 1815 in Eichendorffs
Roman Ahnung und Gegenwart veröffentlicht. Der Dichter versah es
1837 in seiner ersten
Gedichtsammlung mit der Überschrift „Zwielicht“. Das Verstörende und Dunkle in der Abenddämmerung
lassen die bedrohlichen Ängste der Menschen vor der Nacht
aufleuchten. Die Abenddämmerung wird als Gleichnis für die
Gefährdung der Liebe und für die Unsicherheit, Freundschaft zu bewahren,
gezeigt.
Ursula Brekle
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die
Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume -
Was will
dieses Grau´n bedeuten?
Hast ein Reh du lieb vor
andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im
Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wider wandern.
Hast
du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser
Stunde,
Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
Sinnt er
Krieg im tück’schen Frieden.
Was heut müde gehet
unter,
Hebt sich morgen neu geboren.
Manches bleibt in
Nacht verloren -
Hüte dich, bleib’ wach und munter!
Bildnachweis
Kopfbild und Abb. 1: Aus Wikimedia, gemeinfrei.
Abb. 2: Ursula Brekle