In der berüchtigten Geheimrede sagte der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, am 03.08.1944 in Posen: „Wenn eine Familie als vogelfrei erklärt...wurde..., dann hieß es: Dieser Mann hat Verrat geübt, das Blut ist schlecht - Das Verräterblut muss ausgerottet werden...Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht werden bis ins letzte Glied."
Zunächst waren die Kinder Berthold geb. 1934, Heimeran geb. 1936, Franz Ludwig geb.1938 und Valerie (1940 - 1966), zusammen mit den Kindern anderer Väter, die am Widerstand des 20. Juli 1944 beteiligt waren, von der Gestapo in das NS-Kinderheim Bad Sachsa verschleppt worden. Die Familie wusste nicht, wo sie sich aufhielten. Das war die Rache des Regims. Die Mutter Nina befand sich in strenger Isolationshaft in verschiedenen Gefängnissen und im KZ. Sie gebar das fünfte Kind, Konstanze am 27. Januar 1945 in einer Klinik, noch in Einzelhaft, in Frankfurt/Oder.
In Bad Sachsa bestand der perfide Plan Himmlers darin, die Kinder im Heim „auf Linie" zu bringen, ihnen alles wegzunehmen, was an ihre Eltern erinnert, Fotos und Briefe. Sie erhielten Falschnamen. Ihnen sollte die Identität geraubt werden, ehe die jüngeren zu parteitreuen Nationalsozialisten in Adoption vermittelt werden. Die älteren sollten in „Nationalpolitischen Erziehungsanstalten" erzogen werden.
Christa von Hofacker fand über eine zugängliche Kindergärtnerin heraus, dass ursprünglich die Kinder nur für einen Zeitraum von ca. 8 Wochen bleiben sollten, „bis die Eltern und die großen Geschwister umgebracht worden wären". Natürlich machten sich die Kinder Sorgen um ihre Familien. Viele hatten Heimweh. Alfred von Hofacker, der mit zwei Schwestern ins Heim kam, beschreibt sein Erleben: „Dann wurden wir alle drei - das war grausam...- voneinander getrennt. Wir drei Geschwister kamen jeweils altersgemäß in verschiedene Häuser. Wir konnten uns die nächsten drei Monate überhaupt nicht sehen. Für mich war das eine schlimme Erfahrung...weg von zu Hause, plötzlich konfrontiert mit Kindern, die ich nicht kannte. Anfangs habe ich auch sehr unter Heimweh gelitten - das ganze Jahr...ausgelöst von Liedern...Das brachte mich immer wieder zum Weinen."
Auf dem Tiefpunkt der Ereignisse waren in Bad Sachsa 47 Kinder aus 19 „Verräterfamilien" untergebracht.
Schließlich sollten die Kinder in das KZ Buchenwald gebracht werden. Auf einem Wehrmachts - LKW fuhren sie nach Nordhausen, um von dort per Bahn zum Zielort gebracht zu werden. Sie gerieten in einen Tieffliegerangriff, hatten aber großes Glück, denn gleichzeitig war der Bahnhof von Nordhausen total zerstört worden. Ein Transport war nicht mehr möglich. Das KZ und die lebensbedrohliche Odyssee, die den Sonderhäftlingen der SS dort bevorstand, blieben ihnen damit erspart.
Erst im Juni 1945 konnten die Kinder von Tante Lasly, die als Rot - Kreuz - Oberin erschien, in Bad Sachsa abgeholt werden, um von ihren Müttern in die Arme genommen zu werden.
Die Autorin dankt Frau Konstanze von Schulthess - Rechberg, geb. Gräfin von Stauffenberg, für die Nutzungsrechte der Familienbilder in diesem Artikel.
Quellen
Von Schulthess, Konstanze: Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg. Ein Porträt. München und
Zürich 2008
Madelung, Eva, und Joachim Scholtyseck: Heldenkinder, Verräterkinder. München 2007
Von Meding, Dorothee: Mit dem Mut des Herzens. Die Frauen des 20. Juli. Berlin 1992
Knopp, Guido: Sie wollten Hitler töten. München 2004