Vor, nach und während den Neujahrspünschen
Pflegen
die Freunde uns manches zu wünschen.
Am meisten wünscht man
»ein gutes Jahr,«
Das besser sei, als das alte war;
Dann
sehr viel »Gesundheit« und »langes Leben,«
Auch »Geld«
wird gerne wunschweis vergeben,
Vor allem aber »Glück« in
Massen!
Vor »Glück« kann man sich Neujahrs
kaum lassen;
Besonders, wenn der Punsch was taugt,
Erhält
man mehr Glück fast, als man braucht.
Denn da solch Schenken zu
nichts verbindet,
Wird, was sich an guten Dingen nur
findet,
Freigebig einander zugespielt
Und ein ungeheurer
Umsatz erzielt. –
Das ist nun sehr nett und gefällt uns erst
sehr.
Später erkennt man mehr und mehr,
Daß das
Schicksal, so höflich man's invitiert,
Die Wünsche doch
manchmal ignoriert,
Ja sogar in den meisten Fällen.
Und so
sehnt man sich schließlich nach was Reellen.
Man sucht, daß
man ein Mittel fände,
Wodurch man das Glück erlangen
könnte,
Das solide Glück, das fest besteht
Und nicht mit
den Neujahrswünschen
vergeht.
Und ein solches Mittel ist bei der Hand –
Nur
wird's nicht genügend angewandt.
Notwendig dazu sind nur zwei
Personen,
Eine Sie und ein Er, die beisammen wohnen,
Nicht
auf Geld, nur auf gute Behandlung sehn
Und bedacht sind,
einander zu verstehn.
Erscheint ihnen dazu die Hilfe von
Kindern
Für nötig – was sollte sie daran hindern?
Und
schließt sich ein Freundeskreis um sie her –
Um so besser:
das Mittel wirkt dann noch mehr.
Was dann das neue Jahr auch
bringt,
Die das Mittel haben, kein Schlimmstes bezwingt.
Es
bringe zum Freuen, es bringe zum Grämen.
Eines kann ihnen kein Wechsel nehmen,
Eines ihnen kein Schicksal zerstören:
In Liebe einander anzugehören.
Das Einfachste, das Sicherste ist's,
Und doch, wie seltsam, der Mensch vergißt's.
Das ist das Glück, das einzig wahre,
In diesem und jedem kommenden Jahre!
Quelle: Georg
Bötticher: Allerlei Schnick-Schnack - Kapitel 77
Bildnachweis
Kopfbild:
Happy New Year (Prosit Neujahr) 1913: Maler :Arnold
Nechansky aus Metropolitan Museum of Art.