Was – was ist? Ach so. Heute ist Sonntag. Da
kann ich noch liegen.
Mit den Schultern kuscheln. Mich ans
Kopfkissen schmiegen –
Aus alter Gewohnheit wacht man Sonntags
immer
so früh auf wie wochentags – das kommt vielleicht von
dem Schimmer
da von den Jalousien – was ist denn das für ein
Geratter und Gebraus?
Na, jedenfalls heute muß ich nicht raus.
Ich kann heute ganz stille liegen und ruhn.
Und
muß gar nichts. Und hier kann mir keiner was tun.
So ein Bett
ist eigentlich eine schöne Sache –
da müßte noch so eine
Sonnenplache
drüber sein, und dann fährt man damit überall
hin
Woher kommt das, daß ich heute so furchtbar müde bin –?
Gestern abend haben wir
wesentlich zu viel Schwedenpunsch getrunken,
Paul war zum Schluß
ganz in seinen Sessel versunken;
ich habe auch noch so einen
komischen Geschmack im Mund und –
Halb neun! Da muß ich richtig wieder
eingeschlafen sein.
Sonntagsmorgen im Bett, das ist fein.
Das
heißt: Was nun noch kommt, ist weniger schön ...
Heute muß
ich zu Onkel Otto und Tante Frieda gehn –
Margot ist auch da,
die keusche Lilie ...
Warum, lieber Gott, ist man Sonntags stets
in Familie?
Vor Tisch sind sie beleidigt, und nach Tisch sind
sie satt –
wenn ich dran denke, wird mir jetzt schon ganz
matt.
Abends ist Theater... morgen muß ich unbedingt
mal mit Kempner telephonieren:
Er muß mir die Diele billiger
tapezieren –
achtzig ist zu viel – der Junge ist wohl nicht
ganz gesund! Und – –
Halb zehn!
»Willi! Aufstehn! Aufstehn!«
Ja
doch, ja!
Ich stehe ja schon auf, Mama.
Jetzt geht der Sonntag los! Nein: eigentlich ist
er jetzt vorbei.
Jetzt kommen die Zeitungen und Briefe und
Telephon und Geschrei.
Das ist nun weniger geruhsam und
labend...
Aber so ist das im Leben:
Das Schönste vom
Sonntag ist der Sonnabend abend.
Quelle
Kurt
Tucholsky: Panter, Tiger und andere - Kapitel 62
Bildnachweis
Beide Bilder aus Wikimedia -gemeinfrei