Vorwort
Die Universitätskirche Leipzig war von Anbeginn an ein Ort der bildenden Kunst, sie fungierte als Kulturträger. Auf Geheiß der Mächtigen, voran Walter Ulbricht, wurde die Universitätskirche im Mai 1968 gesprengt, um für einen sozialistischen Neubau Platz zu schaffen. Die denkmalgeschützte Kirche wurde zerstört, die darin befindlichen Gräber geschändet. Nicht alle Epitaphien konnten durch eine Bergung in eine improvisierte Lagerung gebracht werden.
Prof. Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen beschreibt in seinem Buch „Epitaphien der Universitätskirche St. Pauli“ als Kustos der Kunstsammlung und Leiter der Kustodie der Universität Leipzig die schwierige Restaurierung und Wiederaufstellung der Epitaphien aus der gesprengten Universitätskirche. Es war die wichtigste und umfänglichste Arbeit in der Geschichte der Kustodie. Nach 14 Jahren Arbeit konnten inzwischen 24 größere Epitaphien wieder gehängt werden. Auch der wertvolle gotische Altar hat seinen Platz im Mittelschiff wiedergefunden.
In der interessierten Öffentlichkeit ist die Wiedereinrichtung des Paulinums und von St. Pauli mit großer Resonanz und durchaus positiv angenommen worden. Am historischen Ort strahlt die versammelte künstlerische Qualität eine eigene Faszination aus. Von der modernen Architektur van Egeraats zu der historischen Kunst wird Spannung aufgebaut, deren Wirkung umstritten ist.
Die Texte in den nächsten Kapiteln gehen auf die Ausführungen von Prof. Dr. Rudolf Hiller von Gaertungen in seinem Buch zurück. Die Epitaphien hat Ursula Drechsel fotografiert.
Johannes Olearius (1639-1713) und Anna Elisabeth geb. Müller (1649-1719)
Das
prächtige Epitaph zeigt an,
dass Johannes Olearius aus einer einflussreichen Gelehrtenfamilie
stammt, die über Jahrhunderte im Protestantismus verwurzelt war.
Sowohl der Großvater Johann Coppermann (1546-1623) als auch der
Vater Gottfried (1604-1685) waren Superintendenten
in Halle an der Saale.
Nach dem Studium der
Philosophie und Theologie in Leipzig, Jena und Wittenberg machte Johannes
Olearius Karriere als Gelehrter an der Universität Leipzig. Er wurde
als ordentlicher Professor auf verschieden Lehrstühle berufen,
zuletzt als Professor der Theologie. Zwischen 1669 und 1705 wurde er
acht Mal zum Rektor der Universität Leipzig gewählt. Er
starb 1713 in Leipzig und wurde in der Universitätskirche St. Pauli
beigesetzt.
Der hölzerne mit facettenreicher Vergoldung gefasste Epitaph ist ein repräsentatives barockes Gedächtnismal. Die Bildhauerarbeiten stammen von Valentin Schwarzenberger (1692-1749), der ein Schüler von Balthasar Permoser (1651-1732) aus Dresden war. Die mit Öl auf Kupfer gemalten Bildnisse des Ehepaares sind wahrscheinlich im Umfeld des Leipziger Malers Christoph Spetner (um 1617-1699) entstanden.
Benedikt Carpzov (1595 – 1666)
Benedikt Carpzov der Jüngere gehört zu den berühmtesten Professoren der Jurisprudenz. Er entstammt einer weitverzweigten Familie, die viele hervorragende Juristen und Theologen hervorbrachte.
Benedikt Carpzov der Jüngere (B.C.) wurde am 27. Mai 1595 in Wittenberg als Sohn des Rechtsgelehrten Benedikt Carpzov dem Älteren (1565 – 1624) geboren. Er studierte Recht und Theologie in Wittenberg, Leipzig und Jena und promovierte 1616 zum Doktor der Rechte. Zunächst arbeitete er als Assessor am Oberhofgericht in Leipzig. Danach wurde er zum kurfürstlich--sächsischen Rat berufen. B. C. machte Karriere als Assessor am Appellationsgericht Leipzig, als Hofrat in Dresden und Geheimer Rat zu Dresden. Er wirkte als Professor jur. und Ordinarius an der Universität Leipzig. Herausragende Verdienste erwarb er sich bei der Neugestaltung der sächsischen Rechtsordnung. B. C. war zwei Mal verheiratet.
B. C. hat 1664 in
Leipzig zwei Studien-Stipendien für Familienmitglieder gestiftet.
Am 30. August 1666
starb Benedikt Carpzov in Leipzig und wurde in der Universitätskirche
St. Pauli beigesetzt.
Das aufwendig gestaltete Epitaph besteht aus einem reich verzierten hölzernen Rahmen, wobei die Schnitzereien, die Profilleisten und die Figuren vergoldet sind. Die Edelsteine sind imitiert, indem sie grün gelüstert sind. Im Zentrum steht ein Leinwandgemälde mit der Kreuzigung Christi, am unteren Bildrand befindet sich die kniende Stifterfamilie. Im Giebel fällt die Fehlstelle auf, wo ein ovales Bild eingefügt war, das Benedikt Carpzov den Jüngeren zeigte. Das Bild ist verloren gegangen. Seitlich sind in ovalen Porträts die beiden Ehefrauen abgebildet. Ein achteckiges Schriftfeld am unteren Sockel trägt den Namen des Gelehrten, Jahreszahlen und den Titel.
Die gelungene Restaurierung des stark beschädigten Epitaphs war sehr aufwendig.