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Carolin Eberhardt

Die Nixe von Weimar

Sind Nixen gut oder böse? So einfach lässt sich die Frage nicht beantworten. In einer Auswahl von Weimarer Sagen wird die Ilmnixe Erlinde vorgestellt. Unheimlich mutet sie oft an und zugleich wunderschön und bezaubernd. Die Illustrationen wurden von einer 5. Klasse des Goethegymnasiums in einnem literisch-künstlerischen Projekt gestaltet. 

Peter Debye (1884–1966)

Peter Debye (1884–1966)

Prof. Dr. habil. Gerald Wiemers
Prof. Dr. rer. nat. habil. Dieter Michel
Peter Debye (1)
Peter Debye (1)

Als Peter Debye (Petrus Josephus Wilhelmus Debije) 1926 nach Leip­zig berufen werden soll, ist er längst ein gestandener Wissenschaftler. Sein Bildungsweg verläuft geradlinig. Nach dem Besuch der Ober­realschule in seiner Geburtsstadt bis zum Sommer 1901 folgt im Ok­tober des gleichen Jahres ein Ingenieurstudium an der TH Aachen, das er 1905 mit der Diplomprüfung abschließt. Für kurze Zeit wird er 1906 als Assistent für technische Mechanik in Aachen arbeiten. Im Oktober 1906 folgt er Arnold Sommerfeld als Assistent an das Insti­tut für Theoretische Physik in München. Sein spezielles Forschungs­gebiet wird die Molekularphysik. Am 1. Juli 1908 promoviert er mit der Dissertation zum »Lichtdruck auf Kugeln von beliebigem Ma­terial« zum Dr. phil., d. h. die Wechselwirkung von Strahlung und Materie wurde auch zum Schwerpunkt seiner künftigen Forschun­gen. Nur zwei Jahre nach seiner Promotion habilitierte sich Debye in München für das Fach Physik mit Untersuchungen zur Elektro­nentheorie der Metalle, ein damals hoch aktuelles Forschungsgebiet.
Bereits 1911 erhält er ein Extraordinariat für Theoretische Physik an der Universität Zürich und ein Jahr später das Ordinariat für Theore­tische Physik an der Universität Utrecht. Kaum zwei Jahre später, im Kriegsjahr 1914, wird er zum ordentlichen Professor für Physik nach Göttingen berufen. 1920 folgt er in gleicher Stellung an die ETH Zürich.

1913 heiratet er die drei Jahre jüngere Mathilde, geb. Alberer. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor: 1916 wird der Sohn Peter und 1921 die Tochter Mathilde geboren. Nach dem Tode des Leipziger Ordinarius für theoretische Physik Theodor des Coudres (1862 – 1926) schlägt die Fakultätskommission zur Wiederbesetzung dieser Professur auf Vorschlag des Experimen­talphysikers Otto Wiener einstimmig die folgende Liste vor:
1. Peter Debye, 2. Erwin Schrödinger (Universität Zürich) und 3. Max Born (Universität Göttingen). In dem Vorschlag an das Volksbildungsmi­nisterium vom 20. Dez. 1926 heißt es: »Der an erster Stelle genannte Professor Debye ist ein hervorragender Physiker von Weltruf.« Be­sonders wird auf seine Theorie der spezifischen Wärme hingewiesen. »Wohl aber am bedeutungsvollsten«, heißt es weiter, »sind seine Ar­beiten theoretischen und experimentellen Inhalts über die Beugung der Röntgenstrahlen ... .« 1 Andere Arbeiten von Debye beziehen sich auf den Einfluss des Baues der Atome und Moleküle auf unter­schiedliche physikalische und chemische Eigenschaften der Stoffe.

Bisher hat Debye über 60 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht. Häufig gelingt es ihm schwierige Zusammenhänge durch einfache mathematische Ansätze darzustellen.

Bereits Anfang Januar hatte Debye gegenüber dem Volksbildungs­ministerium in Dresden geäußert, dass er nach der Emeritierung von Otto Wiener lieber dessen Lehrstuhl für Experimentalphysik inne haben möchte. 2 Der plötzliche Tod von Wiener am 18. Jan. 1927 veranlasst die Fakultät nur vier Tage später, Debye als einzigen Kan­didaten für die Nachfolge in der Experimentalphysik zu benennen.

Die Vorschlagsliste für die Theoretische Physik zieht die Fakultät, wie Dekan Theodor Litt am 24. Jan. schreibt, zurück. 3

Universität Leipzig 1917 (2)
Universität Leipzig 1917 (2)


Seine Leipziger Antrittsvorlesung hält Debye am 16. Jan. 1929 in Hörsaal 16 der alten Universität, 12 Uhr mittags: »Wie sieht es in einer Salzlösung aus?« 6

Bereits ein halbes Jahr nach seiner Berufung an die Universität Leipzig wird Debye am 27. Februar 1928 zum ordentlichen Mitglied in die Sächsische Akademie der Wissenschaften (SAW), mathematisch-­ physische (ab 1942 mathematisch-naturwissenschaftliche) Klasse, ge­wählt. Ein Ehrenamt hat er dort nicht begleitet. Auf seinen unmit­telbaren Einfluss gehen die Zuwahlen von Max Planck zum ersten korrespondierenden Mitglied 1929 und von Werner Heisenberg zum ordentlichen Mitglied 1930 zurück.

Physikalisches Institut an der Universität Leipzig 1909 (3)
Physikalisches Institut an der Universität Leipzig 1909 (3)

In der öffentlichen Sitzung der Akademie am 23. Juni 1930 hält Debye im Hörsaal des Physika­lischen Instituts den Vortrag zum Thema »Seifenblasen und Mole­kularkräfte.«

Gleichfalls 1928 wird er in Nachfolge von Otto Wiener zum Mit­glied der Fürstlich Jablonowskischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig gewählt. Nachdem ihm ein erster Urlaub zu Gastvorlesungen an die Uni­versität Berkeley (Kalif.) 1930 noch abgeschlagen wird – wegen man­gelnden Lehrersatz –, folgen bald zahlreiche Auslandsaufenthalte an holländischen Universitäten, zur Hundertjahrfeier für Faraday in London, an das MIT in Boston, nach Toronto und Montreal in Kanada, an die Universitäten Columbus in Ohio oder an das Caven­dish Laboratory in Cambridge/England. In Lüttich lehrt er jeweils im Wintersemester 1934 und 1935.

Peter Debye verband mit Heinrich Sack, seinem Promovenden (ETH Zürich), Vorlesungsassistenten (Leipzig) und schließlich gleich­berechtigten Mitarbeiter (Ithaka/USA) mehr als nur eine jahrzehnte­lange Arbeitsbeziehung. Sie unterhielten freundschaftliche Bande und verkehrten auch familiär miteinander. Als Debye 1927 berufen wurde, folgte ihm im Oktober sein Schüler Heinrich Sack ganz selbstverständlich nach. Der junge Dr. Sack fand hier ein hervorragendes Arbeitsfeld und eine aufgeschlossene wissenschaftliche Atmosphäre vor. So setzte sich Debye dann auch für die Berufung von Friedrich Hund auf die verwaiste »Lehrkanzel« für mathematische Physik ein. In diesem Kreis fand Sack bald seinen Platz. Er vertrat Debye bei dessen Auslandsreisen mit der Hauptvorlesung in Experimentalphy­sik und gehörte selbst zum Teilnehmerkreis des berühmten Seminars über die Struktur der Materie. Als 1930 Personaleinsparungen droh­ten und die Assistentenzeit auf vier Jahre begrenzt wurde, entschied sich Debye für Sack, aber auch nicht direkt gegen seine zwei übrigen Assistenten, Willy Möbius und Rudolf Sängewald, die diese Zeit schon überschritten hatten.

Längst war Sack als Molekülphysiker auch international bekannt. So hielt er 1930 in Odessa auf Einladung der Russisch-Physikalischen Gesellschaft zwei Vorträge. Ein Jahr später lud ihn die British Associ­ation zu ihrem Centenary Meeting nach London ein. Schließlich sei die redaktionelle Mitarbeit von Heinrich Sack an der »Physikalischen Zeitschrift« erwähnt und die Herausgabe der Sammlung »Leipziger Vorträge« genannt. Der Stellenwert von Sack wird auch deutlich, wenn man bedenkt, dass er als einziger Physiker aus dem Institut in der Lin­néstraße auf der Leipziger Tagung zum Thema »Magnetismus« vom 9.–11. Februar 1933 vortrug. Er sprach über »Innere Reibung von Sauerstoff im Magnetfeld«. Vorträge hielten außer ihm Peter Kapitza (Cambridge), Hendrik Kramers (Utrecht), Hans Bethe (Tübingen), Richard Gans (Königsberg) und Walter Gerlach (München). Es war die letzte Tagung dieser Art, die Peter Debye 1928 als »Leipziger Vor­träge« zusammen mit Heinrich Sack begründet und organisiert hatte. Die Vertretung als Direktor des Physikalischen Instituts erfolgt durch Werner Heisenberg, später auch durch Friedrich Hund. Die große, fünfstündige Vorlesung über Experimentalphysik hält aber bis 1933 vertretungsweise sein Assistent Heinrich Sack, der 1933 aus ras­sischen Gründen emigriert und von Debye weiter unterstützt wird.

Der Exodus von hervorragenden Wissenschaftlern an der Universi­tät Leipzig nach der NS-Machtergreifung trifft damit auch Debye und sein Institut. Er selbst wird als Leipziger Institutsdirektor mit nieder­ländischer Staatsbürgerschaft am 18. April 1935 auf den »Führer« ver­eidigt. Handschriftlich fügt er hinzu, »geleistet unter der Annahme, dass dadurch meine Staatsangehörigkeit nicht geändert wird«. 7

Als 1935 die Pläne für den Neubau des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) für Physik Gestalt annehmen – finanziell ermöglicht durch die Rockefeller-Foundation –, wird Debye durch den Reichserziehungs­minister Bernhard Rust zum ordentlichen Professor für Physik an die Universität Berlin ernannt und faktisch zum Direktor des KWI bestellt. 8 Dieses Angebot kann Debye kaum ausschlagen. Einwände brachten die Kollegen vor. So schrieb der Dekan Paul Koebe an den sächsischen Volksbildungsminister in Dresden, dass mit der Berufung von Debye nach Berlin die atomare »Forschung hier in Leipzig aufs äußerste gefährdet« sei. Im Übrigen könne das KWI auch in Leip­zig errichtet werden. 9 Auch der einflussreiche Geophysiker Ludwig Weickmann sieht die Wegberufung von Debye mit großer Skepsis. Er warnt vor dem Niedergang der Physik in Leipzig durch die ohnehin »erfolgten Entlassungen und Ruhestandsversetzungen«. Debye solle sich noch nicht gleich für Berlin entscheiden, was aber dann doch ge­schah. Der Arbeitsvertrag von Debye wurde auf den 1. Oktober 1935 zurückdatiert. Formal leitet er das Physikalische Institut in Leipzig noch bis zum 1. Juni 1936. An das gleiche Berliner Institut wurde 1942 Werner Heisenberg »berufen«, der sich nach dem Weggang von Debye in die USA aber nur Direktor »am« KWI nannte.

Die Mitteilung über die Auszeichnung mit dem Nobelpreis für Chemie, den er für seine Studien zu den Molekularstrukturen erhält, »for his contributions to our knowledge of molecular structure through his in-vestigations on dipole moments and on the diffraction of X-rays and electrons in gases«, die ihn dann schon in Berlin erreichte 11, krönte diese welt­weit hohen Anerkennungen.

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde eine Rückkehr nach Deutschland unmöglich, die Debye auch nicht mehr an­strebte. Bereits 1941 beantragt er die amerikanische Staatsbürger­schaft 14 , die er 1946 erhält. Zwei Jahre später wird er zum Ordent­lichen Professor für physikalische Chemie an der Cornell-University berufen.


Die Büste von Peter Debye im Physikalischen Institut der Universität Leipzig (4)
Die Büste von Peter Debye im Physikalischen Institut der Universität Leipzig (4)

»Das Lebenswerk Peter Debyes«, schreibt sein Leipziger Schüler Wolf­gang Buchheim, war durch neuartige Möglichkeiten der Erforschung des molekularen Aufbaues der Materie bestimmt, die mit der Entdeckung des Wirkungsquantums durch Planck, dem Nachweis der physikalischen Existenz der Atome durch v. Laue und Friedrich und mit der Begründung einer Physik des Atoms durch Bohr zwischen 1900 und 1914 eröffnet worden waren.« 15

Der Leipziger Physiker Friedrich Hund beschrieb das Werk von Debye aus Sicht des Kollegen: »Seine theoretischen Untersuchungen bestachen durch die Einfachheit der Grundgedanken, durch die Beschränkung auf einfache Hilfsmittel und auf das Typische erfassende Idealisierungen. In Diskussionen sah er rasch den wesentlichen Punkt und konnte ihn klar aussprechen ... Wer ihn kannte, war beeindruckt von der Gelassenheit, mit der er arbeitete. Er nahm sich Zeit zum Nachdenken, und er ließ sich nicht durch Nebensächlichkeiten abhalten.« 16 Debye hat die Quanten- und Strahlungstheorie entscheidend ge­fördert, und später, in den USA, wandte er sich der Erforschung der Polymeren zu. 17

Rückblickend stand Debye »in einer der glanzvollsten Konstellationen, die Leipzig in den Fächern Physik und Mathematik je aufweisen konnte, gekennzeichnet durch Namen wie Heisenberg, Koebe, Lichtenstein, van der Waerden, Hund u. a.« 18

Nach dem Kriege bleiben die Verbindungen zu den Deutschen Akademien erhalten, insbesondere auch zur Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Hier hatte er in den Leipziger Jah­ren Vorträge gehalten und drei wissenschaftliche Arbeiten in den Sit­zungsberichten veröffentlicht. Die Erinnerung an sein Wirken bleibt lebendig. Im Haupteingang des Leipziger Physikalischen Instituts steht die Büste von Peter De­bye. 1994 wurde in Leipzig eine Straße nach ihm benannt.

Fußnoten

1 Universitätsarchiv Leipzig, PA 398 (Peter Debye), Bl. 3, 4.

2 Ebd., Min. für Volksbildung an Philos. Fak. Universität Leipzig, 14. Jan. 1927, Bl. 13.

3 Ebd., Dekan Theodor Litt an Min. f. Volksbildung 24. Jan. 1927, Bl. 16.

4 Ebd., Bayrisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus an Min. für Volksbildung Dresden, 24. Dez. 1928, Bl. 26.

5 Buchheim, Wolfgang: Peter Debye 24. März 1884 – 2. Nov. 1966. In: Jahrbuch der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 1966–1968 (Berlin 1970) S. 339.

6 Ebd., Bl. 30.

7 Ebd., Bl. 91 f.

8 Wie Anm. 1, Reichserziehungsminister Rust an Debye, 20. Mai 1935, Bl. 95.

9 Ebd., Paul Koebe an Min. f. Volksbildung Dresden, 28. Mai 1935, Bl. 96.

10 »Peter Debye – Biographical«. Nobelprize.org. Nobel Media AB 2014. Web. 4 Dec 2014. <http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/chemistry/l...debye-bio.html>

11 Kant, Horst: Peter Debye (1884–1966). In: Karl von Meÿenn (Hrsg.), Die­ großen Physiker von Maxwell bis Gell-Mann Bd. 2 (München 1997) S. 263–275, hier: S. 268–275.

12 Ebd., S. 269.

13 Vgl. dazu: Hoffmann, Dieter u. Mark Walker (Hrsg.): »Fremde« Wissenschaft­ler im Dritten Reich. Die Debye-Affäre im Kontext. Göttingen 2011. 512 S.

14 Nach wie vor unterhält er aber auch Kontakte zum Auswärtigen Amt in Deutschland.

15 Buchheim, Wolfgang: Peter Debye. 23.3.1884–2.11.1966. In: Jahrbuch Säch­sische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig 1966–1968 (Berlin 1970), S. 339.

16 Hund, Friedrich: Peter Debye. In: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1966. Göttingen 1967. S. 63.

17 Wie Anm. 11.

18 Wie Anm. 13.


Quelle:

Sächsische Lebensbilder
Band 7
Leipziger Lebensbilder
Der Stadt Leipzig zu ihrer Ersterwähnung vor 1000 Jahren 1015-2015
Herausgegeben von Gerald Wiemers
Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
In Kommission bei Franz Steiner Verlag Stuttgart

Bildnachweis:

Bilder 1, 2, 3 sind Wikipedia entnommen, sie sind gemeinfrei

Bild 4: Archiv W. Brekle

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