„Der Tod eines 58jährigen ist nicht sinn- und zwecklos. Wenn man mir Gedenken in Ehren bewahrt, so wird man über mich und meine Gesinnung, meine Arbeit und mein Handeln nachdenken und - danach handeln.“
Walter Cramer schrieb dies im Untersuchungsgefängnis Tegel am
26.10.1944 im Angesicht des Todes, denn er wusste, er würde vom
Volksgerichtshof wegen seiner Beteiligung an der Vorbereitung des
Attentates auf Hitler am 20. Juli 1944 zum Tode verurteilt werden.
Als enger Freund und Vertrauter von Carl Friedrich Goerdeler, dem
Leipziger Oberbürgermeister von 1930-1936, war er in die Pläne der
Widerstandsgruppe um Klaus Schenk von Stauffenberg eingeweiht. Nach
dem Tod von Hitler sollte er als „Politischer Beauftragter“ im
Wehrkreis IV (Dresden) fungieren; damit war er Mitglied des
Schattenkabinetts Beck/Goerdeler. Trotz unmenschlicher psychischer
und physischer Folter in der Haft verschwieg dieser mutige und
standhafte Mann die Namen weiterer Verschwörer wie Theodor Strünck,
Wilhelm Schomburgk, der gar nicht verhaftet worden ist, und Hans
Bernd Gisevius, der sich in die Schweiz retten konnte. Am 14.
November 1944 wurde Walter Cramer zum Tode verurteilt und noch am
selben Tag in Berlin-Plötzensee ermordet.
Wilhelm Bernardo Walter Cramer wurde am 1. Mai 1886 in Leipzig geboren. In dieser Stadt stieg er als Textilunternehmer zu einem einflussreichen Vorstandsmitglied der Leipziger Kammgarnspinnerei Stöhr auf (1923 bis 1944). Er wurde in den Aufsichtsrat der Leipziger Baumwollspinnerei gewählt und war Vorsitzender des Sächsischen Beirates der Deutschen Bank. In diesen Funktionen verfügte er über weitreichende Verbindungen im In- und Ausland. Diese Kontakte nutzte er für die Arbeit im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Bereits 1933 distanzierte er sich von den Nationalsozialisten. Früh fand er über Goerdeler zur Widerstandsgruppe um Beck. In der Kurzbiographie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand heißt es: „Er kennt einige der am Staatsstreich beteiligten Generäle und Offiziere gut und verurteilt zunehmend die Kriegsführung Hitlers. Er verteilt in seiner Firma u.a. die Predigten des Kardinals von Galen gegen die Krankenmordaktionen und bemüht sich intensiv um die Unterstützung von verfolgten Juden in Deutschland, aber auch um jüdische Mitarbeiter in den Zweigwerken seiner Firma in Südosteuropa.“
Posthum ehrte die Stadt Leipzig Walter Cramer als Widerstandskämpfer mit einem Denkmal im Johannapark, geschaffen von dem Bildhauer Klaus Friedrich Messerschmidt (* 1945), durch die Firma SASA GmbH Bad Lauchstädt angefertigt und am 27. September 1996 eingeweiht. An den Gedenktagen wird an Walter Cramer mit Kränzen und Blumen erinnert.
Bereits 1945 war im Stadtteil Gohlis eine Straße nach ihm benannt worden: Walter-Cramer-Straße.