Professor für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur 2008/2009 Direktor des Instituts für Germanistik an der Leipziger Universität, 2009 emeritiert Präsident der Erich Kästner Gesellschaft e.V. München
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Wann waren Sie das erste Mal in Leipzig und wie war Ihr Eindruck?
Ich war 1984 erstmals in Leipzig und habe in den Kirchen St. Nikolai und St. Thomas Orgelkonzerte mit Werken von Johann Sebastian Bach gehört. Ich war sehr beeindruckt.
Warum wollten Sie nach Leipzig gehen?
Im Jahre 2000 erhielt ich die Professur für Deutschdidaktik an der Leipziger Universität. Die Weltoffenheit dieser Stadt hat es mir angetan. Paul Fleming, Johann Christoph Gottsched, Erich Kästner, Hermann August Korff und Hans Mayer waren Koryphäen, die hier studierten bzw. lehrten, und in dieser Tradition stehen zu dürfen, war ehrenvoll und erfüllte mich mit Stolz.
Haben Sie einen Lieblingsplatz in Leipzig?
Ja, die Stille in der Nikolaikirche.
Im Bewusstsein der Historie, vor allem der unblutigen Revolution von 1989, schätze und liebe ich diesen Ort.
Was haben Sie in Ihrer Arbeit am Germanistischen Institut der Universität erreicht und bewältigt?
In Forschung und Lehre ist mein Schwerpunkt die Literaturdidaktik. Zwar wird auf dem Tisch des Deutschunterrichts auch Schwarzbrot gereicht. Aber Grammatikunterricht und Rechtschreiben war für mich eher die notwendige „Basis", die Pflicht - Umgang mit Literatur die Kür, der „Überbau". Wichtig ist mir ein handlungsorientierter und produktionsorientierter Ansatz. So begab ich mich mit Studierenden zum Beispiel häufig auf literarische Spurensuche von Erich Kästner nach Dresden. Mit ihnen habe ich Exkursionen nach Weimar unternommen, auf der Entdeckerreise von Wieland, Goethe, Schiller und Herder.
Ein wichtiges Anliegen war mir, mit den Studierenden in Berufsfeldern zu arbeiten, die als Teil der Ausbildung abseits vom Herkömmlichen liegen: So haben Studierende entsprechend den Lehrplänen in Kinderkrankenhäusern am Krankenbett gearbeitet. Wir haben Deutschunterricht in der Justizvollzugsanstalt für die Inhaftierten gegeben mit dem Ziel, sie zum Realschulabschluss zu führen. Gern angenommen wurden z.B. kreatives Schreiben, die Herausgabe einer Gefängniszeitung, das Üben von Bewerbungsschreiben. Ich werde nie vergessen, wie ein Gefangener im Innenhof der JVA ein Gedicht über einen Vogel verfasste, der ständig zwischen zwei Welten hin- und herflog. So gewinnt Schreiben heuristische Bedeutung.
Mir hat auch die Arbeit als Jury-Vorsitzender des Literaturwettbewerbes des Leipziger Amtsgerichts viel Freude bereitet. Dieser Wettbewerb wird jährlich für Schüler der 5. bis 10. Klasse ausgeschrieben. Im letzten Jahr haben 220 Schüler teilgenommen. Diese kreative Arbeit soll Schülern helfen, Sprachbarrieren abzubauen und ihnen Mut und Stärke im eigensprachlichen Gestalten verleihen.
Welches Buch würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Die Bibel.
Beabsichtigen Sie, weiter Bücher zu schreiben?
Ich habe vier Verlagsverträge: Literarisches Leipzig, Literarische Phantasiereise, Wörterbuch zur Deutschdidaktik, Einführung in die Deutschdidaktik.
Was sind nach der Emeritierung im Juli 2009 Ihre Ziele?
Als Präsident der Erich Kästner Gesellschaft will ich diese auf einen sicheren Weg bringen. Ein Projekt, das begehbare Kästner-Mobil, also ein Van mit einer „Schatztruhe", zur Zeit im Aufbau im Dresdner Kästner-Museum, liegt mir besonders am Herzen. Damit wollen wir Kinder anlocken und zum Lesen anregen, wo immer dieses Kästner-Mobil Schulen oder Events ansteuert.
Was verbindet Sie mit Ihrer Heimat?
Meine Heimat ist Nürnberg im Frankenland. Dort arbeite ich noch heute ehrenamtlich als Organist an der Frauenkirche. Ich habe eine feste starke innere Verbindung zur Heimat, vielleicht auch deshalb, weil ich gegen meinen Willen im Alter von 8 Jahren gewaltsam dort herausgenommen wurde. Später musste ich eine Klosterschule in Niederbayern besuchen. Mein Heimweh war desaströs.
Was war für Sie Ihr größter Erfolg?
Dass ich seit 2004 Präsident der Erich Kästner Gesellschaft bin. „Pünktchen und Anton" - das war mein erster Film, meine erste gelesene Ganzschrift. Kurz vor seinem Tod durfte ich im Jahre 1973 mit Erich Kästner sprechen. Heute bin ich gewissermaßen sein „Stellvertreter auf Erden". Ja, das beglückt mich.
Wo möchten Sie sich niederlassen und warum gerade dort?
Wenn ich frei entscheiden könnte, würde ich mich in Leipzig niederlassen. Ich habe Leipzig so lieben gelernt und fühle mich hier pudelwohl.
- Prof. Dr. Bernhard Meier verstarb am 14.02.2023. -