Leipzig-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Leipzig-Lese
Unser Leseangebot

Strandgut
Ein Inseltagebuch

Berndt Seite

Die Ostsee ist ein Sehnsuchtsort, an dem man seine Gedanken mit dem Meer schweifen lassen kann. Beim Anblick der Wellenbewegungen kommen Erinnerungen an das Auf und Ab des Lebens auf. In eindrucks- und stimmungsvollen Bildern beschreibt Berndt Seite in seinem Tagebuch philosophische Reflexionen in Rückblick auf sein privates und poltisches Leben. Das raue und derbe Klima der Ostsee, die verschiedenen Jahreszeiten am Meer haben dabei ihren ganz eigenen Charme und helfen ihm, alte Dinge abzustreifen und wieder zu sich selbst zu finden.

Der Teufel führt die Braut fort

Der Teufel führt die Braut fort

Otto Hohenstatt

In Sachsen hatte eine reiche Jungfrau einem schönen, aber armen Jüngling die Ehe versprochen. Weil aber dieser sah, was kommen würde, da sie reich und nach ihrer Art wankelmütig war, sprach er zu ihr, sie werde ihm die Treue nicht halten. Da fing sie an, sich zu verschwören mit diesen Worten: „Wenn ich einen anderen als dich nehme, so hol mich der Teufel auf der Hochzeit!“ Was geschieht? Nach kurzer Zeit wird sie anderen Sinnes und verspricht sich einen anderen unter Verachtung des ersten Bräutigams, welcher sie etliche Male an die Verheißung und den großen Schwur erinnerte. Aber sie schlug alles in den Wind, verließ den ersten und hielt Hochzeit mit dem anderen.


Am Tage der Hochzeit, als die Verwandten, Freunde und Gäste fröhlich waren, ward die Braut, da ihr das Gewissen aufwachte, trauriger, als sie sonst zu sein pflegte. Da kamen zwei Edelleute in das Brauthaus geritten, die wurden als fremde, geladene Gäste empfangen und zu Tisch geführt. Nach dem Essen ward dem einen die Ehre zuteil, den Vorreigen mit der Braut zu eröffnen. Er tat ein oder zwei Reigen mit ihr und führte sie endlich vor ihren Eltern und Freunden mit großem Weinen und Seufzen zur Tür hinaus an die Luft.

Des anderen Tages suchten die betrübten Eltern und Freunde die Braut, dass sie sie, wenn sie etwa gefallen wäre, begraben möchten. Siehe! Da begegneten ihnen eben die Gesellen und brachten die Kleider und Kleinode der Braut zurück mit diesen Worten: „Über diese Dinge hatten wir von Gott keine Gewalt empfangen, wohl aber über die Braut.“

Quelle

Hohenstatt, Otto: Deutsche Volks- und Heldensagen. Stuttgart o. J.

Bildnachweis

Die Abb. stammen aus Wikimedia, sie sind gemeinfrei.

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Das Ritterloch bei Leipzig
von Johann Georg Theodor Gräße
MEHR
Das Nixweibchen bei Leipzig
von Johann Georg Theodor Gräße
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen