Die Gartenvorstadt Marienbrunn im Südosten unweit des Völkerschlachtdenkmals verdankt ihre Entstehung der internationalen Baufachausstellung von 1913. Ihren Namen erhielt die freundliche Siedlung von einer Quelle. Die war einst rechter Hand stadtauswärts an der Straße an der Tabaksmühle kurz vor dem Friedhofsweg. Um diesen Born, um die Quelle, webt sich eine der schönsten Sagen unserer Stadt .
1441 zeigte der Kalender, als eine junge Pilgerin in der Nacht ans Georgen--Hospital klopfte und um Aufnahme bat. Sie käme aus dem gelobten Land und heiße Maria. Als am anderen Morgen die Glocke von Sankt Johannis zur Andacht rief, betete Maria mit den Kranken am Laurentius-Altar.
Das geschah nun täglich. Ihre stumme Andächtigkeit wirkte auf die Hoffnung der Menschen sehr ermutigend Es kam der Tag Johannes des Täufers, der 24. Juni, Maria wandte sich den Kranken und Siechenden zu und sprach: »Im Namen Gottes sage ich euch, wer mir heute folgt, der wird gesunden.«
Die Menschen folgten ihr zum Altar des heiligen Laurentius. Dort betete sie und sprach erneut: »Im Namen Gottes sage ich euch, wer mir heute folgt, der wird gesunden.« So zogen sie ihr nach, Gesunde und Kranke, die Straße nach Grimma entlang bis zur Höhe, von wo aus man die Stadt überschaut (etwa heute Friedhofsweg/An der Tabaksmühle). Dort kniete sie nieder und betete lange. Als sie sich erhob, sprudelte eine Quelle silberhell aus dem Boden, wo sie gekniet hatte.
Maria segnete die Quelle und sprach:
„So lang der Quell hier fließt, die Gnade sich ergießt.“ Danach zog Maria einen Kelch aus ihrem Pilgerkleid. Ein sächsischer Priester hatte ihn ihr in der Kapelle des heiligen Johannes in Jerusalem übergeben. Sie solle ihn seiner Vaterstadt Leipzig überbringen.
Sie füllte den Kelch mit dem Wasser der Quelle. Mit zum Himmel erhobener Hand sprach sie darauf:
„Im Namen Gottes mag gesunden, wer heut’ den Weg hierher gefunden!“
Sie reichte den Kelch den Kranken, die alle daraus tranken. Gesundheit und neue Lebenskraft spürten die Menschen durch ihre Adern rinnen. Maria nahm den Kelch zurück und überreichte ihn den Aussätzigen von Sankt Johannis. Sie sollten ihn bewahren für ewige Zeiten, wie sich das der sächsische Priester gewünscht habe.
Während die Menschen noch verweilten, drängte sich ein weißes Reh durch ihre Reihen. Es blieb vor Maria stehen und kniete nieder. Es war das zahme Tier, das schon lange im Garten des Propstes vom Augustiner-Chorherrenstift lebte. Alle Menschen sahen es gern, wenn es zutraulich durch die Straßen der Stadt lief.
Maria setzte sich auf den Rücken des Tieres. Es erhob sich und lief mit Maria in Richtung des Connewitzer Waldes davon. Maria hat man nie wieder gesehen. Das weiße Reh war nach drei Tagen wieder da und trug um seinen Rücken einen Efeukranz.
Der Marienborn wurde zum Gesundbrunnen. Man holte das Wasser, wusch sich damit, weil es schön machen sollte, man trank es, weil man sich davon Gesundheit erhoffte. Andere wieder kochten sich gern ihren Kaffee mit diesem Wunderwasser.
Heute nehmen Feinschmecker Mineralwasser dafür.