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Die Fabeln von Florian Russi spiegeln unser tägliches Verhalten wider. Nicht belehrend, sondern unterhaltend. Deswegen sind Fabeln heute wieder so modern.
Die beiden Hummeln

Die beiden Hummeln

Florian Russi

Zeichnung von Jean Gies
Zeichnung von Jean Gies

Es waren zwei Hummeln, die liebten sich und waren unzertrennlich. Dennoch kam es gelegentlich zwischen ihnen zu Auseinandersetzungen. Die eine war nämlich still und bescheiden, die andere selbstbewusst und geräuschvoll. „Lass doch das ständige Gebrumme“‚ sagte die Bescheidene zu der anderen. „Es fehlt uns doch an nichts. Überall finden wir Nahrung und nirgendwo gibt es Feinde, vor denen wir Angst haben müssten.“ „Ich summe nun mal gerne“‚ antwortet die Stolze. „Das Summen ist ein Talent, das unser Schöpfer uns Hummeln mitgegeben hat. Seine Talente muss man entfalten, und das tue ich.“

Als sie wenig später auf Nahrungssuche unterwegs waren, flogen sie durch ein offenes Fenster in das Wohnzimmer einer jungen Frau. Dort stand ein Korb mit bunten Papieren und Stoffen. Von den Farben angelockt, landeten die Hummeln auf dem Korb und machten sich auf die Suche nach Futter. Dabei verfingen sie sich in dem Inhalt des Korbes. Sie verloren jede Orientierung, krabbelten verzweifelt hin und her und suchten vergeblich nach einem Ausweg.

„Unser Schicksal liegt in der Hand unseres Schöpfers“, sagte die eine, duckte sich und wartete ergeben auf die Dinge, die da kommen würden. Die andere aber krabbelte weiter hin und her und begann mit ganzer Kraft zu brummen. Da betrat die junge Frau ihr Wohnzimmer und wurde auf die Geräusche aufmerksam. Sie lauschte und stellte fest, dass sie aus dem Korb kamen. Vorsichtig hob sie die Papiere und Stoffe an und entdeckte die verzweifelten Insekten. Dann trug sie den Korb zum Fenstersims und sagte: „Na, ihr Tierchen, ihr wollt doch sicher lieber im Freien fliegen.“ Was die beiden dann auch voller Glück taten.

Wer beachtet werden will,
muss auf sich aufmerksam machen.

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