In seinem legendären Gedicht „Der alte Barbarossa“ greift der Dichter Friedrich Rückert die alt her gebrachte und legendenumwobene Geschichte Friedrich des Ersten auf, der, laut aktuellem Forschungsstand, um 1122 bis 1190 gelebt hat.
Die von Silcher komponierte Melodie und der von ihm inszenierte vierstimmige Chorsatz vermitteln durch die relativ dunklen Töne und dem Rhythmus eine heroisch, schreitende und doch majestätische sowie düstere Stimmung. Das Stück lässt den Zuhörer in die Zeit zurückreisen, verbildlicht durch eine sehr anschauliche Sprache den Kyffhäuser Berg und die darüber kreisenden Raben.
Veröffentlicht wurde das Gedicht Rückerts erstmalig in Kranz der Zeit 1817. Eine frühere Vertonung des Werkes erfolgte durch den Komponisten Joseph Gersbach im Jahr 1824.
Der alte
Barbarossa,
der Kaiser Friederich,
im unterird’schen
Schlosse
hält er verzaubert sich.
Er ist niemals
gestorben;
er lebt darin noch jetzt.
er hat im Schloß
verborgen
zum Schlaf sich hingesetzt.
Er hat
hinabgenommen
des Reiches Herrlichkeit
und wird einst
wiederkommen
mit ihr zu seiner Zeit.
Der Stuhl ist
elfenbeinern,
darauf der Kaiser sitzt;
der Tisch ist
marmorsteinern
worauf sein Haupt er stützt.
Sein
Bart ist nicht von Flachse;
er ist von Feuersglut,
ist
durch den Tisch gewachsen,
worauf sein Kinn ausruht.
Er
nickt als wie im Traume;
sein Aug‘ halb offen zwinkt,
und
je nach langem Raume
er einen Knaben winkt.
Er
spricht im Schlaf zum Knaben:
„Geh hin vors Schloß, oh
Zwerg,
und sieh, ob noch die Raben
herfliegen um den
Berg!
Und wenn die alten Raben
noch fliegen immerdar,
so
muss ich auch noch schlafen
verzaubert hundert Jahr.