Der Marktplatz war über Jahrhunderte hinweg nicht nur Messeplatz, sondern auch Richtstätte. Hier fand 1824 die letzte öffentliche Hinrichtung statt: Johann Christian Woyzeck wurde als Mörder aufs Schafott geführt, dessen Schicksal 12 Jahre später Georg Büchner (1813-1837) literarisch zu dem noch heute auf vielen Bühnen gespielte Drama verarbeitete. Büchner war schockiert über das Urteil, weil der Delinquent offensichtlich psychisch schwer krank war.
Das prächtige Alte Rathaus, das den Marktplatz dominiert, wurde 1556 in nur neun Monaten im Stil der sächsischen Renaissance gebaut, entworfen von Hieronymus Lotter (1497-1580), der als Bürgermeister auch die Bauaufsicht ausübte. Die Horizontale des neunzig Meter langen Gebäudes wird durch sechs verspielte Zwerchgiebel im hohen Dach gegliedert. Der Turm steht links im Goldenen Schnitt und trägt durch die Asymmetrie zum Charakter des Gebäudes bei. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Rathaus mehrfach verändert. So erhielt der Turm 1744 weitere Stockwerke und eine barocke Haube. Die Arkaden an der Marktseite, gefertigt aus rotem Rochlitzer Porphyr, sind Anfang des 20. Jahrhunderts angesetzt worden. Im Erdgeschoß sind 40 Gewölbelokale für Geschäfte angelegt.
Da das Rathaus für die stark wachsende Stadt zu klein geworden war, wurde ein neues gebaut. Das alte wurde 1904 zum Stadthistorischen Museum umfunktioniert. Der Festsaal des Alten Rathauses bildet den Mittelpunkt einer Dauerausstellung zur wechselvollen Geschichte der Stadt. In diesem Saal, der nach wie vor für besonders festliche Veranstaltungen genutzt wird, fanden einst Fürstenhuldigungen, Patrizierhochzeiten, Innungsfeste und Studentenbälle statt. Ringsum an den Wänden schauen großformatig 22 vor allem wettinische Landesfürsten,unter ihnen August der Starke und Moritz von Sachsen, auf uns herab. Darunter hängen in kleinformatigen Abbildungen die Leipziger Stadtrichter von 1632 bis 1806.
In der Ratsstube nebenan mit ihrer herrlichen Holzdecke hängt das einzige authentische Porträt von Johann Sebastian Bach, das Elias Gottlob Haußmann 1746 zu Lebzeiten von Bach gemalt hat. In diesem Raum unterschrieb 1723 Johann Sebastian Bach sein Anstellungsverhältnis als Thomaskantor und städtischer Musikdirektor.
Im Keller des Rathauses, in den historischen Gewölben mit den Gefängniszellen wird das Strafrecht in alter Zeit anhand von Folter- und Richtinstrumenten veranschaulicht.