Streit und Unbill sind der Universität Leipzig gewissermaßen in die Wiege gelegt. Als im Mai 1409 die deutschen Studenten und Professoren aus der Prager Universität auszogen und nach Leipzig gingen, schieden sie im Zorn. Sie waren voller Protest gegen das Dekret von König Wenzel IV., der das Stimmrecht der vier an der Universität studierenden Nationen zugunsten der böhmischen Nation verändert hatte. Am 02. Dezember 1409 wurde der erste Rektor, Johannes von Münsterberg, im Refektorium der Augustiner Chorherren zu Leipzig gewählt.
Im Beisein des Markgrafen fand die feierliche Universitätsgründung statt. 46 Magister und 369 Studenten leisteten gemeinsam den Eid auf die Universitätsstatuten.
Beispielhaft für bekannte Wissenschaftler seien Wilhelm Ostwald (Chemie, Nobelpreis 1909) und Wilhelm Wundt genannt, der als Begründer der experimentellen Psychologie 1879 die Gründung des ersten psychologischen Institutes weltweit in Leipzig durchsetzen konnte. In den 1920er Jahren lehrten Koryphäen wie Theodor Frings und Hermann August Korff. Werner Heisenberg, 1927 berufen, machte die Leipziger Universität zu einem Zentrum der theoretischen Physik in Deutschland.
Die dunkle Zeit der Universität begann 1931 mit der Asta-Wahl, die der NS-Studentenbund mit absoluter Mehrheit gewann. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten galt deren Credo: „ Von jetzt an kommt es nicht darauf an, was wahr ist, sondern was im Sinne der nationalsozialistischen Bewegung ist." In einer ersten wilden Entlassungswelle und in einer zweiten formalisierten wurden Juden und politisch Andersdenkende entlassen oder zwangsweise emeritiert. Die Zahl der Studenten ging ständig zurück und sank 1944 auf ca. 1000 Studenten.
Am Ende des Krieges hatte die Universität zwei Drittel ihrer Gebäudesubstanz verloren. Wertvolle Buchbestände und Kunstschätze gingen verloren. Ein Tiefpunkt war erreicht.
In der schweren Anfangsphase nach dem Krieg gab es Hoffnung. Im Ringen um die Erneuerung lehrten Wissenschaftler wie Theodor Litt, Hans-Georg Gadamer, Ernst Bloch, Hans Mayer, Theodor Frings und Hermann August Korff im legendärem Hörsaal 40, der zum Anziehungspunkt aller Fakultäten wurde. Als deutlich wurde, dass das jahrelange Ringen in ideologischen Fragen mit der Gleichschaltung der Universität enden würde, gingen viele Professoren nach Westdeutschland. Einige schieden altersbedingt aus.
Zu den Studenten der Universität, die später berühmt geworden sind, zählen Gottfried Wilhelm Leibniz, Johann Wolfgang von Goethe, Gotthold Ephraim Lessing, der nach dem Studium auch an der Universität lehrte, Robert Schumann, Richard Wagner, Friedrich Nietzsche, Erich Kästner, Ernst Jünger, Edward Teller, um nur eine Auswahl zu nennen. Selbst in der DDR-Zeit studierten Prominente wie Hans-Dietrich Genscher Jura, und Angela Merkel, von 1973 - 1978 Physik. A. Merkel, Bundeskanzlerin und erste Frau in diesem Amt, erhielt die Ehrendoktorwürde der Universität verliehen. Ein Nachweis, dass es neben Ideologisierung eine profunde Fachwissenschaft gab. Neben den Schriftstellern Christa Wolf, Christoph Hein, Volker Braun wäre Uwe Johnson unbedingt zu nennen.
Die Hoffnungen der Lehrenden und Studierenden, das große Jubiläum, 600 Jahre Leipziger Universität, in einem fertigen neuen Gebäude feiern zu können, erfüllten sich nicht. Auch die Einweihung des Nachfolgebaus, Paulinum genannt, der am 30. Mai 1968 gesprengten Universitätskirche St. Pauli, findet zum Jubiläum nicht statt. Der Ideologiestreit zwischen Universitätsleitung und dem streitbaren Paulinerverein um die Nutzung ist nicht ausgestanden.
Heftige Studentenproteste für die Verbesserung der Studienbedingungen begleiteten die Vorbereitungen und Feiern zum Jubiläum.
Der Festakt fand im Provisorium der Baustelle statt. Ein festlicher Ball war abgesagt worden. Zur Feier waren 800 Gäste, darunter Bundespräsident Horst Köhler erschienen, der in seiner Rede eine „Standpauke" hielt: Er kritisierte die chronische Unterfinanzierung, schlechte Betreuungsquoten und die mangelnde Infrastruktur an den Hochschulen.
Horst Köhler gab den protestierenden Studenten Recht! .
Quellen:
Konrad Krause: Alma mater Lipsiensis. Leipzig 2003
Ulrich von Hehl: Vorlesung - Die Universität Leipzig im "Dritten Reich". Studienjahr 2009/2010
Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. Leipzig 2005