Ein Vogel flog über die Friedhofsmauer, setzte sich in die Trauerweide überm Grab und sang ein lustiges Lied.
Die Trauerweide, die sich in ihrer Berufsehre beleidigt fühlte, aber sich das nicht anmerken lassen wollte, sagte mit sauer-süßem Ton: „Wenn ich darauf verzichten wollte, seriös genommen zu werden, könnte ich wohl auch heiter sein. Aber ich halte es für würdiger, den Kopf – wollte sagen die Zweige – hängen zu lassen. Lustig sein ist mir zu billig.“
„Wirklich!“ sagte der lustige Vogel. „Versuchen sie doch mal zur Abwechslung die Zweige nach oben zu drehen.“
„Rühren sie nicht an die ewigen Symbole!“ sagte die Trauerweide gallig, „der da unter mir liegt, war auch ein lustiger Vogel...und ist so seriös geworden.“
Da lachte der Vogel hell: „Gefoppt! Ich bin ja Er! Sie trauern für die Würmer.“ Sich über Gräber schwingend, stieg er fröhlich singend in die Höhe.
Die Trauerweide, sich wieder ihrem bürgerlichen Beruf zuwendend, seufzte mürrisch: „Da sollte der Staatsanwalt eingreifen. Wo käme unsereiner hin, wenn alle Seelen so veranlagt wären!“