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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Goethe ist nicht zu sprechen

Goethe ist nicht zu sprechen

Heinrich Meyer.
Heinrich Meyer.

Goethe hatte sich wieder einmal am Wein ein wenig übernommen. Sein Freund, der Maler Heinrich Meyer, bewachte ihn treu. Plötzlich klopfte es an der Tür. Meyer sprang auf. Ehe er es aber verhindern konnte, steckte ein fremder Besucher seinen Kopf herein und sah die Bescherung. Es konnte auch nicht mehr helfen, dass Mayer sich mit ausgebreiteten Armen vor seinen Herrn stellte und rief: „Se könne dän Geheimrat nicht spräche, der Geheimrat macht Värsche.“

„Du hättest dem Eindringling ruhig die Wahrheit sagen können“, rügte Goethe am nächsten Tag, als er wieder zu sich gekommen war, „dann hätte er sich vermutlich eher zurückgezogen.“

 

Wenige Tage später:

Goethe arbeitete seit Tagen konzentriert an der Gesamtausgabe seiner Werke letzter Hand und hatte den strengen Befehl gegeben, dass niemand vorgelassen werden sollte, weil er nicht gestört werden wollte. Es klopfte wieder.

Meyer stürzte an die Tür, riss sie auf und rief: „Se könne die Exzellenz heute nich spräche! Exzellenz sein seit drei Tage beim Saufe!“

Quelle

Münchner Lesebogen Nr. 87, Erscheinungsjahr 1950

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