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Bernhard Beskow/Übersetzung Nadine Erler

Erinnerungen an Goethes Weimar

Ein Reisebericht aus dem 19. Jahrhundert

Der schwedische Historiker und Dramatiker Bernhard Beskow besuchte in jungen Jahren Weimar. In seinen Reiseberichten schildert er seine Eindrücke und Erlebnisse. Die Bekanntschaft mit Goethe beeindruckte ihn am meisten. Die deutsche Übersetzung wurde von Nadine Erler vorgenommen. 

Hermann von Harras

Hermann von Harras

Dr. Jürgen Friedel

Wer war dieser Mann, dessen Grabstein gleich rechts im südlichen Seitenschiff der Thomaskirche zu sehen ist, wenn man vom Thomaskirchhof herein kommt?

Den ,Brandstifter‘ nannte man ihn zu Lebzeiten, weil er in dem 5jährigen Bruderkrieg zwischen Kurfürst Friedrich dem Sanftmütigen (1428—1464) und Herzog Wilhelm ( 1446—14 51 ) durch besondere Zerstörungswut aufgefallen war. Er ließ an einem Tag 60 Dörfer in Asche legen dort im Thüringischen zwischen Jena und Weimar, obwohl erselbst Besitzer des Schlosses Oßmannstedt war.

14 51 ist Hermann bei einem Messebesuch in Leipzig verstorben. Sein Grabmal ist um 1470 entstanden und wird als die älteste Grabplastik unserer Stadt angesehen.

Warum ist die fast zierliche Gestalt des Ritters stehend auf einem Löwen dargestellt?


Hermann hatte sich entschlossen‚ an einem Kreuzzug teilzunehmen. An den Heiligen Stätten wollte er wohl auch Sühne üben für sein Tun, hauptsächlich aber die biblischen Orte gegen die Türken „verteidigen“.

So ließ er seine schöne junge Frau allein und begab sich mit anderen Kampfes lustigen gläubigen Männern in den vorderen Orient. War schon der Weg dahin nicht gefahrlos, lauerte dort an vielen Stätten der Tod. Dennoch hoffte die treue Frau in der Heimat, ihren Mann lebend wieder zu sehen. Monate vergingen ohne Nachricht, Jahre. Freier stellten sich ein, die gern die einsame Frau getröstet hätten. Doch stolz und treu wies sie alle Werbungen ab.

Da kehrte nach Jahr und Tag ein Knappe heim. Der gab an, gesehen zu haben, wie Hermann von Harras bei blutigen Gefechte gefallen sei. Nun fühlten sich die Freier erst recht bewogen, um des Ritters Frau zu werben. Oft standen sie tagelang vor ihrem Haus und brachten ihr in Liedern und Geschenken die Liebeswünsche dar. Endlich fand sie sich bereit, einen zu erhören, da vom Ritter jedes Lebenszeichen fehlte.

Doch der lebte! Er wollte aber erst heimkehren, wenn den bedrängten Christen dauerhaft geholfen war. Da trat der Teufel an den von vielen Wunden Gezeichneten heran: „Hast du deine schöne Frau vergessen? Bald wird sie einem anderen gehören, denn dich hält sie längst für tot.“ Ritter Hermann erschrak. Was sollte er tun? Wie so schnell den weiten Weg bewältigen? „Wenn du mir gehören willst, werde ich dich nach der Heimat bringen, ehe du dich versiehst. Dann kannst du deine Frau noch rechtzeitig in deine Arme schließen.“
Als treuer Christ wollte sich Hermann freilich nicht dem Bösen so ergeben und schlug ihm eine Wette vor. „Bringst du mich und meinen Löwen nach Hause, und ich schlafe dabei ein, sollst du meine Seele haben.“

Der Teufel war einverstanden. Der Ritter musste sich auf seinen Löwen setzen, und schon riss es die beiden in die Lüfte. Während der Luftfahrt wurde Hermann doch müde und schlief ein, den Kopf in der Mähne seines Löwen bergend. Als der Löwe vor sich die Heimat seines Herrn auftauchen sah, dieser sich aber gar nicht rührte, brüllte er laut auf, wodurch Harras erwachte. Sofort eilte er zu seiner Frau.

Seine Seele war dem Teufel verloren dank der Treue seines Löwen. So konnte Hermann noch Jahre im Kreise seiner Lieben verbringen.

Ganz ähnlich ist die Sage über Heinrich den Löwen von Braunschweig. Denkbar ist, dass Kaufleute sie mit nach Leipzig brachten, wo sie dann nach 1470 dem Harras an gedicbtet wurde. —

Der Löwe war Symbol für Stärke, Mut und Ritterlichkeit. Aber wer weiß das heute noch?

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