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Lustige, spannende, fantasievolle Märchen über Zwerge, den Zauberer Krabat und den Müllergesellen Pumphut sind hier versammelt.

Die Grabplastik der Erna Tenzler

Die Grabplastik der Erna Tenzler

Alfred E. Otto Paul

Auf dem Südfriedhof findet sich im nördlichen Areal des in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts angelegten Urnengartens eine leicht unterlebensgroße Bronzeplastik, die aus traurigstem Anlass im Jahre 1939 vom Leipziger Bildhauer Kurt Grosse geschaffen wurde und deren Guss mit großer Wahrscheinlichkeit im gleichen Jahr in der traditionsreichen Leipziger Bronzebildgiesserei Noack erfolgte.

Die Darstellung einer jungen Mutter mit einem Säuglingsknaben in ihren Armen lässt uns vermuten, dass sich Geburt und Tod hier sehr nahe waren und die Recherche des Autors bestätigte tatsächlich diesen tragischen Umstand.

Die Grabplastik der Erna Tenzler
Die Grabplastik der Erna Tenzler

Die hier dargestellte junge Frau ist die am 09. November 1907 als Tochter wohlhabender Eltern in Sahlis bei Kohren geborene Martha Erna Rosa Naumann. Am 30. Juli 1932 heiratete sie in der Leipziger Peterskirche den weitgereisten Pelzhändler Rudolf Fritz Tenzler, der Mitinhaber einer offenbar von seinem Vater begründeten, am Brühl ansässigen Rauchwarengroßhandlung namens Tenzler & Co. und erst drei Wochen zuvor wieder von einer siebenmonatigen Geschäftsreise aus Indien heimgekehrt war.

Am 06. Dezember 1934 wurde den Eheleuten das erste Kind geboren, die Tochter Martha Erna. Zu dieser Zeit begann die Familie im renommierten Stadtteil Schleußig mit dem Neubau eines schönen Hauses in der Silbermannstraße, welches sie dann bereits im Januar 1936 bezog.

Nachdem Erna Tenzler am 16. Oktober 1938 von ihrem zweiten Kind, dem Sohn Thomas Michael, entbunden worden war, stellten sich gesundheitliche Probleme ein, die sich letztlich zu einer doppelseitigen Lungenentzündung und einer Rippenfellvereiterung ausweiteten, woran sie dann am 18. November 1938, neun Tage nach ihrem 31. Geburtstag, um 17.25 Uhr in der Diakonissen- und Kranken-Heilanstalt Bethanien in der Prinz-Eugen-Straße in Leipzig-Connewitz starb.

„Unerbittlich und erbarmungslos entriss uns das Schicksal nach der Geburt unseres Jungen meine innigstgeliebte Frau, unsere herzensgute Mutti, kurz nach ihrem 31. Geburtstag“, so vermeldete Rudolf Tenzler zwei Tage später, es war der Totensonntag, in der Tageszeitung „Leipziger Neueste Nachrichten“ den Tod seiner Frau, die am Montag, den 21. November I938 um 1/2 1 Uhr nach der Trauerfeier in der Hauptkapelle des Südfriedhofes in einem schweren eichenen Pfostensarg zu Grabe getragen wurde.

Offenbar verzichtete der verwitwete Rudolf Tenzler 2 ganz bewusst auf die Errichtung eines klassischen Grabmales, sondern beauftragte den Leipziger Bildhauer Kurt Grosse 3 mit der Anfertigung einer figürlichen Plastik, welche die ganze Tragik des so frühen Todes der Wöchnerin vermitteln sollte.

Anmerkungen:

1 Rudolf Tenzler war am 30.12.1929 aus der ev.—luth. Kirche ausgetreten, trat aber am 22.07.1932 wieder in die Kirche ein. Bereits am 18.01.1933 erklärte er erneut seinen Kirchenaustritt. Der Wiedereintritt in die Kirche diente also offenbar lediglich der kirchlichen Trauung.

2 Zwei Jahre nach dem Tode seiner Frau ehelichte der verwitwete Rudolf Tenzler die Anna Sidonie geb. Schöne - in dieser Ehe wurde am 30. November 1942 die Tochter Sabine Cornelia geboren.

3 Der vermutlich akademische Bildhauer Kurt Grosse wurde am 25.12.1902 in Leipzig geboren. Im Katalog der 3. Deutschen Kunstausstellung 1953 in Dresden wird er mit einer Statuette „Feierabend“ erwähnt. Nach dem Tode von Paul Stuckenbruck (1868-1947) hat Kurt Grosse dessen Atelier in der Gottsched-Straße 13H genutzt.

Fotografie: Angela Huffziger

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