Während der Vorbereitung des Jubiläums [500 Jahre Keller] kam zur Sprache, was denn bleiben wird, wenn das Fass geleert, der Wein ausgetrunken und das Zelt wieder abgebaut ist. Was wird bleiben von dem Jubel? Da saß man am Tisch 99 und blickte auf die letzte Wandnische ohne Bild. Noch standen alle Beteiligten unter dem Eindruck der „Schneider-Pleite“ und deren Folgen für Auerbachs Keller. So entstand die Idee zu einem Gemälde, das die Reihe der Faust-Bilder im großen Keller fortsetzen sollte. Im 1. Bild des zweiten Teils vom „Faust“ agiert Mephistopheles als Finanzjongleur am Kaiserhof. Der Staat ist pleite, der Kaiser ratlos. Die Hofgesellschaft ist verunsichert, der Hofnarr entlassen. In diese chaotische Umbruchsituation kommen Faust und Mephistopheles, der die Situation sofort erkennt und dem Kaiser einen teuflischen Plan entwirft. Er ermutigt ihn, seine defizitären Finanzen dadurch aufzubessern, dass er Coupons, also Papiergeld auf die dem Kaiser gehörenden aber noch ungehobenen Schätze in den Tiefen der Erde auszugeben. Mephistopheles schmeichelt sich ein mit den Worten:
Was könnte da zum Unheil sich vereinen,
Zur Finsternis, wo solche Sterne scheinen?
Aber die Herren des Hofstaates sind wegen der zweideutigen Anspielungen misstrauisch:
Das ist ein Schalk – Der‘s wohl versteht -
Er lügt sich ein – So lang‘ es geht -
Ich weiß schon – Was dahinter steckt -
Und was denn weiter? - Ein Projekt -
Diese Situation im Thronsaal der kaiserlichen Pfalz hat der Maler Volker Pohlenz mit seinem Gemälde dargestellt.
Für die Herren des kaiserlichen Gefolges saßen ihm Personen Modell, die auf unterschiedliche Weise mit Auerbachs Keller geschäftlich verbunden waren. Für die Ehre, auf einem Bild in Auerbachs Keller verewigt zu sein, gab jeder der Porträtierten seinen Obolus zum Honorar des Malers. Der Darsteller des Mephistopheles hat sich an dieser Aktion jedoch nicht beteiligt. Handelt es sich bei diesem um eine anonyme Person? Damals glaubten viele Gäste des Kellers in dessen Gesicht das des Finanzjongleurs und Milliardenpleitiers Jürgen Schneider erkannt zu haben. Sogar er selbst meinte bei einem späteren Besuch in Leipzig, dass er auf dem Bild dargestellt sei und in einem Interview darauf angesprochen, kommentierte er die Szene so: „Ich bin der Teufel. Was sagt denn das Bild: Er sitzt auf dem Thron und Mephisto schlägt ihm vor, die Schätze, die sich unter der Erde des Landes befinden, zu Geld zu machen. Er soll Wertpapiere verkaufen und die Anleger damit an dem künftigen Ertrag der Bodenschätze beteiligen. Der Haken ist: Was die Bodenschätze künftig wirklich bringen, ist ungewiss. Der König aber hat sofort das Geld. Ich habe damals genau das gleiche gemacht: Ich habe den Banken erklärt, welcher Schatz Leipzig ist. Und die haben sich verführen lassen, weil sie Geld verdienen wollten.“
Die Personen des Bildes:
linke Seite
Kaiser (Heinrich Stromer von Auerbach)
Heermeister (Graf Heinrich Gottlieb von Lindenau)
Sekretär Sixtus Oelhafen (Bernd Weinkauf, Haushistoriker)
rechte Seite
Kanzler (Wolfgang Welter, Brauerei Krostiz)
Herold (Thomas Jaritz, Getränkehandel Staude)
Marschalk (Axel Baumbach, Architekt)
Astrolog (Konrad Wiedemann, Restaurator)
Schatzmeister (Wolfgang Behrens, Rechtsanwalt)
auf
dem Medaillon an der Wange der Bank (Volker Pohlenz, Maler)
in
der Bildmitte Mephistopheles (ein Finanzjongleur)
im Bildhintergrund (Ulrich Reinhardt, Gastwirt)
Quelle:
Weinkauf, Bernd: Chronik von Auerbachs Keller. Leseprobe
Bildnachweis:
Kopfbild: Porträt Volker Pohlenz
Gemälde Kaiserliche Pfalz
beide Bilder: Volker Pohlenz