Der Sohn von Dr. Axel Meißner, mein Vornamensvetter Friedemann, ist Historiker und Archäologe geworden und hat von der Stadt Leipzig den Auftrag bekommen, nach den Gräbern und deren Inhalt, die unter der Pauliner-Kirche lagen, zu forschen und hat in akribischer Kleinarbeit einige wichtige Dinge herausbekommen.
Sechs Tage vor der Sprengung liefen in der Kirche geheimnisvolle Dinge ab. Höchstens zehn Personen durften sich darin aufhalten. Es sah aus, beschrieb einer, wie nach einer Schlacht. Der Fußboden war geöffnet. Mehrere Etagen von Gräbern waren zu sehen. Ein großes Durcheinander.
13 km Archivmaterial waren zu durchforsten. Auch in den Akten der Stasiunterlagensbehörden und in den Aufzeichnungen von Friedhöfen war zu suchen. 500 und mehr Särge von Leipziger Honoratioren waren in der Kirche beigesetzt gewesen. Die Gräber wurden vor der Sprengung der Kirche ausgeraubt und zerstört. Spuren wurden beseitigt. Es gab auch drei mit Särgen besetzte Gruft-Gewölbe. Die teuersten Grabstätten befanden sich unter dem Chor. Die Stasi hatte das Sagen. Den Denkmalspflegern war der Zugang zur Kirche verwehrt. Vom 23. bis 29. Mai 1968 plünderte die Stasi alles aus und unterschied zwischen wichtig und unwichtig. Die Grabbeilagen wurden geraubt oder vernichtet. Die Reste der Leichen wurden in Kindersärge gepackt, nachdem vorher Goldzähne und Schmuckgegenstände gesichert worden waren. Der Umgang mit den Toten wurde verschwiegen. Vermutlich kamen sie in den Särgen ins Krematorium. Aufzeichnungen darüber gibt es nicht. Die Gebeine wurden bestimmt zum Südfriedhof geschafft. Antiquitäten könnten auch Schalck-Golodkowski nach dem Westen verkauft haben.
Das verbrecherische System des sogenannten Sozialismus zeigte hier wieder sein wahres Gesicht. Menschenverachtend. Walter Ulbricht hatte gesagt, als er den neuen Stadtplan für die Leipziger Innenstadt zu sehen bekam und auf die Pauliner Kirche zeigte: „Was ist denn da?“. „Das ist die Pauliner-Kirche!“ Seine Antwort war: „Die muss weg!“
Solche Leute haben uns regiert. Traurig! Die neue Kirche ist sehr schön geworden, zur Neueröffnung der Kirche waren wir auch in Leipzig gewesen. Etwas stolz sind wir schon, dass der Sohn von Axel bei der Aufarbeitung der Vergangenheit so hilfreich war.
Bildnachweis
Kopfbild und Abb. 1
Pauliner Kirche 1948. Urheber: Fotothek Roger Rössing und Renate Rössing.
Abb. 2
Gedenktafel an der Universitätskirche St. Pauli. Urheber: MKBler