Der Maler, der am 30. Juli 2019 90 Jahre alt geworden wäre, gehört zu den Granden des 20. Jahrhunderts .
So verwundert es nicht, dass Leipziger Kunstsinnige, die sich mit den Leipziger Malern verbunden fühlen, auf die Frage, wer wohl in 100 Jahren im Gedächtnis der Deutschen noch präsent sein wird, zwei Namen nennen: Werner Tübke und Michael Triegel.
Die Bilder und Zeichnungen Werner Tübkes muten auf den ersten Blick aus der Zeit gefallen an. Das ist nicht verwunderlich, denn seine großen Vorbilder, die er studierte, hießen: Albrecht Dürer (* 21. Mai 1471; † 6. April 1528) oder Lucas Cranach (* 4. Oktober 1472; † 16. Oktober 1553), Mathias Grünewald (um 1470–1528)., Pieter Bruegel (* um1525/1530; † 9.September 1529) oder Hans Baldung, genannt Grien (1484/1485–1545). Tübke orientierte sich an altdeutschen Meistern, an der italienischen Renaissance und am Manierismus sowie an Elementen des Surrealismus. Er entwickelte einen ganz eigenen Malstil. Sein Motto: "L 'art pour l 'art".
„Über den "großen Unzeitgemäßen" (Eduard Beaucamp) sagt der Leipziger Kunsthistoriker Frank Zöllner im Gespräch mit MDR KULTUR, die figürliche Malerei sei oft für tot erklärt worden, doch wie Tübke aktuelle Zeitzeugenschaft und altmeisterlichen Stil zusammenbringe, das sei singulär. Seine Werke zeichneten sich aus durch hohe zeitgenössiche Relevanz und technisches Können, auf einem Niveau, das man heute im 21. Jahrhundert in einer solchen Brillanz kaum mehr finde.“ (Zitiert nach mdr Kultur vom 01.08.2019, Katrin Schlenstedt.)
Werner Tübke wurde am 30. Juli 1929 in Schönebeck an der Elbe geboren. Bereits ab 1940 erhielt er privaten Zeichenunterricht. Nach dem Abitur studierte er von 1948-1950 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig. Von 1950 – 1952 studierte er Kunsterziehung und Psychologie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Von 1955 – 1957 war er Assistent, ab 1956 Oberassistent an der HGB Leipzig, wo er 1957 aus politischen Gründen entlassen wurde. Später ab 1972 wurde er an der HGB als Professor ernannt. Von 1973 – 1976 war er Rektor der HGB. Er reiste viel (Sowjetunion, Italien, BRD, Österreich, Schweden, Bulgarien, Frankreich, Schweiz u. a.).
Den Lebenslauf können Sie vollständig lesen: https://www.galerie-schwind.de/kuenstler/werner-tuebke/
Am bekanntesten geworden ist sein Magnum Opus: 1976 begann er mit der Arbeit an dem Frankenhausener Bauernkriegspanorama, einem gigantischen Rundgemälde von 14 Metern Höhe und 120 Metern Umfang, Titel Frühbürgerliche Revolution in Deutschland. Dieses Rundgemälde wurde im Auftrag des DDR-Kulturministeriums in Erinnerung an den Deutschen Bauernkrieg geschaffen, in dessen revolutionärer Tradition man sich sah. Elf Jahre (mit Unterbrechungen) arbeiteten Tübke und seine Assistenten, zu denen auch Mathhias Steier und Volker Pohlenz gehörten. an diesem monumentalen Werk.
Das Panorama Museum Bad Frankenhausen widmet Maler zum 90. Geburtstag die Jubiläums-Ausstellung: „Werner Tübke. Von Petersburg bis Samarkand. Unter fremden Menschen“. https://www.panorama-museum.de/de/aktuell.html
Werner Tübkes Geburtsstadt Schönebeck zeigt bis zum 24. August 2019 im Industrie- und Kunstmuseum (Ernst-Thälmann-Straße 5 a) grafische Arbeiten des Jubilars. www.industriemuseum-schoenebeck.de
In Leipzig ist Werner Tübke durch das Wandbild Arbeiterklasse und Intelligenz präsent, das er zwischen 1970 und 1973 am Rektoratsgebäude der Karl-Marx-Universität zu Leipzig gestaltete. Dieses Wandbild löste heftige kontroverse Diskussionen aus. Brigitte Tübke- Schellenberger möchte es als Dauerleihgabe der Universität Leipzig zur Verfügung stellen, denn „dort gehört es hin“.
In den 1990er Jahre gestaltete er nur noch zwei
größere Werke: das Bühnenbild und die Kostüme zu Gian-Carlo del
Monacos Inszenierung zum Freischütz
von Carl-Maria von Weber in Bonn 1993. Lesen Sie dazu weiter:
https://www.leipzig-lese.de/index.php?article_id=897
Von 1993 bis 1996 arbeitete Tübke am Flügelaltar für die Kirche St. Salvatoris in Clausthal-Zellerfeld im Oberharz. Sein 1997 fertiggestellter Flügelaltar zeigt auf der Mitteltafel die Kreuzigungsszene, darunter die Grablegung Christi.
Danach wandte sich der Maler konsequent der Zeichnung zu, weil eine schwere Erkrankung andere Arbeiten nicht zuließen.
Tübke
starb 2004 in seiner Wahlheimat Leipzig und wurde auf dem Leipziger Südfreidhof
beigesetzt.
Im Mai 2006 ist die Tübke Stiftung gegründet worden. Brigitte Tübke-Schellenberger brachte 200 000 € privates Kapital ein, ebenso wie diverse Gemälde, Zeichnungen und das gesamte druckgrafische Werk. Die Stadt Leipzig gibt jährlich einen festen Betrag dazu. Spenden sind willkommen. Jeweils am Sonnabend öffnet die Stiftung die Türen für Besucher im ehemaligen Atelier des Malers, Leipzig-Springerstraße 5. Die Ausstellung in einer ganz eigenen, magischen Atmosphäre ist gut besucht.
Die Witwe, Brigitte Tübke-Schellenberger, steht vor ihrem 88. Geburtstag, das hält sie nicht ab, das künstlerische Vermächtnis ihres Mannes zu verwalten, soweit es ihre Kräfte zulassen.
Bildnachweis
Bilder 1 und 2: Volker Pohlenz
Bild 3: Ursula Drechsel