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Carolin Eberhardt

Spiele in der Natur

Spiele in der Natur bedeuten für Kinder jeden Alters, eine abenteuerliche Welt zu betreten. Insbesondere, wenn diese erlauben, an einer aufregenden Geschichte teilzunehmen. Insgesamt 12 spannende Spiele in vier verschiedenen Kategorien fördern gemeinschaftliche Aktivitäten in Kinder- und Jugendgruppen. 

Georg-Siegfried Schmutzler (1915-2003)

Georg-Siegfried Schmutzler (1915-2003)

Prof. Dr. habil. Gerald Wiemers

Geboren am 17. März 1915 in Leipzig - gestorben am 11. Oktober 2003 in Berlin

Alles im Leben von Siegfried Schmutzler kreist um das geistige Zen­trum Leipzig, seine Geburts- und Heimatstadt. Hier lernt und stu­ diert er, wird selbst für kurze Zeit Volksschullehrer im nahen Leipziger Umfeld, Markkleeberg-Großstädteln, studiert erneut nach dem Umbruch 1946, wird schließlich Gemeindepfarrer und als Krönung Studentenpfarrer an seiner Leipziger Universität. Die erste deutsche Diktatur überstand er mit Mühe unbeschadet, die zweite wird ihm zu Verhängnis. Offensiv, zuversichtlich und öffentlich verteidigt er den christlichen Glauben gegen atheistische Einschränkungen und Verfassungsbrüche jedweder Art. Seine Arbeit mit der Jugend ist dem kommunistischen Staat ein Dorn im Auge. Hinzu kommt, dass Schmutzler die Nähe zum arbeitenden Volk sucht, als dessen Interessenvertreter sich allein der sozialistische Staat fühlt.
In einem Schauprozess, der von der SED-Bezirksleitung Leipzig, der Staatsanwaltschaft, der Staatsicherheit und sogar vom ZK der SED initiiert und langfristig vorbereitet ist, wird Georg-Siegfried Schmutzler 1957 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, von denen er vier im Zuchthaus Torgau, teilweise in Einzelhaft, verbüßen muss. 1

Mit dem Urteil soll auch die sächsische Landeskirche eingeschüchtert werden. Die Leipziger Studentengemeinde wird in der SED- Presse diffamiert, einzelne Mitglieder werden verhaftet und politisch motiviert verurteilt. Trotz aller Willkür und machtpolitischen Über­griffe 2 gelingt es nicht, Schmutzler das geistige Rückgrat zu brechen oder sein Gottvertrauen einzuschränken. Das Gegenteil ist der Fall. Schmutzler kehrt nach Leipzig zurück und geht nicht in die Bundesrepublik. Er wird Fachberater für theologisch-pädagogische Fra­gen bei der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens und beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR. »Eine umfassende Aufgabe lag vor mir«, schreibt er rückblickend, »nicht nur das katechetische Feld im engeren Sinne, sondern die theoretische und praktische Durchdringung des gesamten kirchlich-pädagogischen Handelns in Verkündigung, Kinder-, Konfirmanden-, und Jugendarbeit, Arbeit mit Eltern, Ausbildung und Weiterbildung kirchlicher Mitarbeiter einschließlich der Theologen, konstruktiv-kritische Auseinandersetzung mit Erziehungs- und Bildungs­system der DDR.« 3
Nur fünf Jahre später verwirklicht sich für Siegfried Schmutzler ein lang gehegter Traum. Die Evangelische Kirche der DDR richtet ein Katechetisch-Pädagogisches, später Theologisch-Pä­dagogisches Kolleg genannt, für alle Landeskirchen der DDR ein, an dessen Spitze Schmutzler berufen wird. Hinzu kamen Lehrverpflich­tungen an der Kirchlichen Hochschule in Leipzig. Über 20 Jahre arbeitete Schmutzler auf theologisch-pädagogischen Gebieten, praktisch und theoretisch. Unter den schwierigen Bedingungen »der rigerosen Polit-Pädagogik des stalinistischen DDR-Sozialismus« gelang ihm ein großer Schritt hin zu einer Gemeindepädagogik. 4

Im Leben von Georg-Siegfried Schmutzler gibt es zwei menschliche Festpunkte, die ihn prägen und denen er fest verbunden bleibt. Da ist seine Mutter, die ihn ohne den in Amerika während des Er­sten Weltkrieges verschollenen Vater unter finanziell schwierigen Bedingungen eine höhere Schulbildung an der Oberrealschule-Ost in Leipzig-Reudnitz, der späteren Humboldtschule, und ein Stu­dium ermöglicht. Zum anderen während des Studiums Theodor Litt, der Leipziger Professor für Philosophie und Pädagogik, Hitler- und NS-Gegner aus tiefster Überzeugung.
Zu den schwärzesten Stunden im Leben von Schmutzler gehört der Tod der geliebten Mutter, ohne seinen Beistand. Er saß fern aber lokal nahe im Untersuchungsgefängnis Leipzig und bangte bis zu­letzt, ob er auf dem Südfriedhof von ihr Abschied nehmen darf. Er durfte, flankiert von Wachpersonal, kurz von der aufgebahrten Mutter Abschied nehmen. Nicht teilnehmen darf er an der Gedenkrede von Superintendent Herbert Stiehl. Auch der Abschied am Grab bleibt ihm verwehrt. Später, als er nach 1981 im Rentenalter in Berlin (West) lebte, hat er jeden Besuch in Leipzig genutzt, um an das Grab seiner Mutter zu gehen, zuletzt im Frühjahr 2003.
Einer der herausragenden akademischen Lehrer von Schmutzler war Theodor Litt. Bei ihm hat er Philosophie und Pädagogik studiert mit dem Ziel, Volksschullehrer zu werden. Das war 1934-1937. In dieser Zeit versuchte Litt in drei großen Arbeiten 5 , die Wurzeln der NS-Ideologie bloß zu legen und als unwissenschaftlich zu entlarven. Dazu verglich er das Christentum aus philosophischer Sicht mit der Pädagogik. Sein Schüler und Famulus tat es später aus der theologischen Perspektive. Bald gestaltete sich das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler immer enger. Als Schmutzler 1939 mit der Arbeit »Die Prinzipien der Unterstützung und der Gegenwirkung in Schleiermachers Erzie­hungstheorie« promoviert, geht die Betreuung der Arbeit vollständig auf Litt zurück, aber als Erstgutachter erscheint der eher farblose Hermann Schneider, weil Litt zwei Jahre zuvor aus politischen Gründen um seine Emeritierung nachsuchen musste. Zweitgutachter ist Hans-Georg Gadamer. Immerhin wird Litt von der Philosophischen Fakultät in die Beurteilung des Kandidaten einbezogen: »Er hat stets ein ungewöhnliches Maß von Fleiß und Gewissenhaftigkeit entwickelt. Auch an schwierigen Fragen der Philosophie und Pädagogik hat er sich mit tiefer innerer Teilnahme herangemacht und in der Art, wie er sie löste, einen den Durchschnitt erheblich überragendes Verständnis bewiesen. Seine schriftlichen Arbeiten zeigten ein be­merkenswertes Vermögen der klaren und geordneten Darstellung. Von Gesinnung ist er durchaus zuverlässig.« 6
Litt war für Schmutzler ein vorbildlicher Universitätsprofessor, der ihn »als Mensch, als Philosoph und als Pädagoge am nachhaltigsten und tiefsten beeinflusste ...« 7
Darüber hinaus gab er ihm und seiner Generation »das philosophisch-pädagogische Rüstzeug zum geistigen Widerstand gegenüber den Zumutungen der NS-Ideologie und ihres Wahrheitsanspruches wie auch gegenüber der Ideologie, mit der wir es im östlichen Nachkriegsdeutschland zu tun hatten.« 8
Nicht zufällig schließt Georg-Siegfried Schmutzler sein literarisches Lebenswerk mit einem großen Aufsatz zur »Rolle der Religion in Theodor Litts Pädagogik und Philosophie in seiner Leipzig Zeit« ab. Noch einmal lässt uns Schmutzler teilhaben an der be­sonderen Rolle des Christentums gegenüber staatlich verordneten Ideo­logien. Es folgt die Erkenntnis, dass Litt »als philosophisch-pädagogischer Anwalt der Wahrheit in der Mitverantwortung für den öffentlichen Umgang mit der Vergangenheit und im Blick auf den zukünftigen Weg des deutschen Volkes« von durchaus gegenwärtiger Bedeutung ist. 9
Folgerichtig steht Schmutzler 1939 auf Seiten der Bekennenden Kirche. Ein langer Kriegsdienst und eine ebenso lange, immer wieder ausbrechende Krankheit (Tuberkulose) hinderten Schmutzler an einer aktiveren Betätigung gegen das NS-Regime. Bereits in den ersten Kriegsjahren reift in ihm der Plan, Theologie zu studieren. 1946, inzwischen verheiratet und in Markranstädt bei Leipzig wohnend, wird der Plan verwirklicht. Der Philosophie und Pädagogik fügt er mit Zustimmung seines Lehrers und Mentors Litt die Theologie hinzu. Zu seinen herausragenden Lehrern gehören der systematische Theologe Ernst Sommerlath, bei dem er bald eine Assistentenstelle inne hat, der Alttestamentler Albrecht Alt, der Neutestamentler Albrecht Oepke, der Kirchenhistoriker Franz Lau und der praktische Theologe Martin Doerne, der Leipzig allerdings 1947 in Richtung Rostock verlässt. »Das Studium hat mir geholfen«, schreibt Schmutzler Jahrzehnte später, »meines Glaubens nicht sicherer, doch gewisser zu werden [...] Mein Studium war eingebettet in einem Lebenszusammenhang, ohne den es hätte kaum gelingen können. Seine Mitte hieß: Evangelische Studentengemeinde Leipzig.« 10
Leipzig Kästner Straße 11: Georg-Siegfried-Schmutzler-Haus (2)
Leipzig Kästner Straße 11: Georg-Siegfried-Schmutzler-Haus (2)

Mein Studium war eingebettet in einem Lebenszusammenhang, ohne den es hätte kaum gelingen können. Seine Mitte hieß: Evangelische Studentengemeinde Leipzig.« 10

Noch zweimal sollte Siegfried Schmutzler an den Ort seiner Verurteilung zurückkehren, in den Saal 115 des Leipziger Landgerichtes, als Zeuge in den Revisionsprozessen gegen seine ehemaligen Peiniger, die DDR-Richter Kurt Bachert und Erich Wirth, der eine als Beisitzer und der andere als vorsitzender Richter. »Der einstige Studentenpfarrer Dr. Siegfried Schmutzler, der genau an jener Stelle 1957 als Angeklagter gestanden hatte, durchlebte in seiner zweieinhalbstündigen Aussage noch einmal Verhaftung, Untersuchungshaft und Schauprozess.« 11
Das war am 6. Mai 1996, fast 40 Jahre nach seiner Verurteilung. Schmutzler nahm das wahr als schlimme Erinnerung und kabarettistisches Spektakel. Keiner der beiden Angeklagten - Wirth stand im Oktober vor Gericht - musste wirklich im Gefängnis eine Strafe verbüßen. Schmutzler hat volle vier Jahre im Zuchthaus zubringen müssen. Seine Mitstreiter, die Theologiestudenten Andreas Jentsch und Wolfgang Wohllebe wurden zu einem Jahr und sechs Monaten beziehungsweise zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. 12
Die SED-Parteileitung der Karl-Marx-Universität forderte in einer Erklärung vom 9. August 1957 »die strengste Bestrafung des Agenten Schmutzler«. 13

Theodor Litt (3)
Theodor Litt (3)

Im Prozess wird ihm staatsfeindliche Hetze vorgeworfen. »Nein«, so Siegfried Schmutzler 1996, »ich leistete nur Widerstand gegen die Ideologie des Staates und war überzeugt, mich dabei im Rahmen der DDR-Verfassung zu bewegen. Die Verantwortlichen in der DDR kamen zu der Ansicht, unsere Gemeinde würde die geistige Situation der Studenten in Leipzig zu stark bestimmen. Die konkreten Straftat-Vorwürfe gegen mich waren an den Haaren herbeigezogen.« 14

Als 1997 der Nachlass von Theodor Litt auf Initiative von Dr. Peter Gutjahr-Löser und des Sohnes Rudolf Litt von Düsseldorf nach Leipzig an die Universität gebracht werden kann, löst das Aktivitäten besonderer Art aus: der Nachlass wird nach einer vorläufigen Verzeichnung und Verfilmung Gegenstand der Forschung, eine Ausstellung zu Theodor Litt wird eröffnet und die Theodor-Litt-Gesell­schaft begründet, die seitdem ein Jahrbuch heraus gibt. Alljährlich findet im Oktober zu einem thematischen Schwerpunkt das Theo­dor-Litt-Symposium statt. All das begleitete mit wachem, manchmal auch kritischem Interesse Georg-Siegfried Schmutzler. Er tat es solange, bis ihm eine lange Krankheit das nicht mehr gestattet.

Nur wenige Jahre nach seinem Tod ist der schriftliche Nachlass des mutigen Pfarrers im September 2006 aus den Händen seiner Witwe, Regina Schmutzler, von Berlin nach Leipzig in das Universitätsarchiv überführt worden.

Gedenktafel am Georg-Siegfried-Schmutzler-Haus (4)
Gedenktafel am Georg-Siegfried-Schmutzler-Haus (4)

 

Die Universität Leipzig wird ihrem Studenten, Promovenden und Studentenpfarrer in schwerer Zeit stets ein ehrendes Gedenken bewahren und seinen Namen mit dem von Theodor Litt in einem Zuge nennen.

1 Nach der friedlichen Revolution von 1989 ist der Weg frei für die Rehabilitie­rung von Georg-Siegfried Schmutzler. Am 9. Juli 1991 beschließt das Oberlan­desgericht Stuttgart, nach nunmehr 34 Jahren, die vollständige Rehabilitierung.
Vgl. Amtsblatt der ev.-luth. Landeskirche Sachsens Jg. 1991, Nr. 17/18, Dres­den v. 30. Sept. 1991, S. 57-60.

2 Vgl. Schmutzler, Georg-Siegfried: Gegen den Strom. Erlebtes aus Leipzig unter Hitler und der Stasi. Göttingen 1992, S. 143: Bereits in der Untersuchungshaft soll der Gefangene erniedrigt werden. Der Chef-Vernehmer herrscht ihn an:
»Hier sind Sie kein Pfarrer, kein Herr Doktor, hier sind Sie ein ganz gewöhn­licher Schmutzler.«

3 Schmutzler, Georg-Siegfried: Gemeindepädagogik in Aktion. Von der Mauer bis zur Wende. Bielefeld 1994. S. 14.

4 Ebda S. 168.

5 »Der Deutsche Geist und das Christentum«, zuletzt 1997 erschienen, »Prote­stantisches Geschichtsbewusstsein« und »Mensch und Welt«.

6 Universitätsarchiv Leipzig (UAL), Phil. Fak. Prom. (Siegfried Schmutzler) 2803, Bl. 13; vgl. FAZ, Nr. 278 v. 23. Nov. 1957, Theodor Litt, Schmutzlers Überzeugungstreue: »Ich kenne den Studentenpfarrer Dr. Siegfried Schmutz­ler, das Opfer des in diesen Tagen in Leipzig aufgeführten Schauprozesses, seit seiner Studienzeit ganz genau. Er gehörte zu dem engsten Kreise derjenigen Studenten, der mir in dem Widerstand gegen die durch das ›Dritte Reich‹ pro­ pagierte ›Welt­anschauung‹ die zuverlässigste Stütze gewesen ist.«

7 Schmutzler, Georg-Siegfried: Gegen den Strom (wie Anm. 2), S. 26

8 Ebda. S. 29.

9 Georg-Siegfried Schmutzler: Die Rolle der Religion in Theodor Litts Pädagogik und Philosophie in seiner Leipziger Zeit. In: Theodor-Litt-Jahrbuch 2001/2. Leipzig 2002 (wie Anm. 2), S. 162.

10 Georg-Siegfried Schmutzler: Gegen den Strom (wie Anm. 2), S. 68.

11 Görtz, Armin: Pfarrer Schmutzler durchlebte nochmals DDR-Schauprozess. Zeuge sagte im Verfahren gegen Bachert aus. In: Leipziger Volkszeitung Nr. 106 v. 7. Mai 1996.

12 Amtsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen Jg. 1992, Nr.11/B 21, Dresden 15. Juni 1992, und Nr. 12/B 23, Dresden 30. Juni 1992.

13 Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, SED-Kreisleitung Leipzig, Karl-Marx-Univer­sität Nr. IV/4/14/64, Bl. 4.

14 Görtz, Armin (Interview): Hirte Schmutzler ging für seine Herde ins DDR-­Zuchthaus. Verdienstkreuz für einstigen Studentenpfarrer. In: Leipziger Volks­zeitung Nr. 254 v. 29. Okt. 1996.

Quelle:

Sächsische Lebensbilder
Band 7
Leipziger Lebensbilder
Der Stadt Leipzig zu ihrer Ersterwähnung vor 1000 Jahren 1015-2015
Herausgegeben von Gerald Wiemers
Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig
In Kommission bei Franz Steiner Verlag Stuttgart

Bildnachweis:

Bild 1: Foto Gerald Wiemers

Bilder 2 und 4: Fotos von Ursula Drechsel

Bild 3: Universitätsarchiv Leipzig

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