Philipp Abraham Rosenthal (1855 – 1937)
Friedrich Ekkehard Vollbach
Abenteurer, Tellerwäscher, Fabrikant - das Leben des Gründers der Porzellanmanufaktur Rosenthal böte Stoff für einen sensationellen Abenteuerfilm.
Kaffeeservice, Serie "Romanze", Design: Bjørn Wiinblad (1)
Geboren wurde Philipp Abraham Rosenthal am 6. März 1855 in der kleinen Stadt Werl in Rheinland - Westfalen als Kind jüdischer Eltern. Sein Großvater Philipp Abraham Rosenthal (1774 - 1853) ließ sich 1811 in Werl nieder und „eröffnete dort eine Ehlen- u. Spezereiwarenhandlung (Tuch - und Gewürzwaren)"1.
In dem Städtchen lebten damals nur sehr wenige Juden, die als sog. Schutzjuden dem Erzbischof von Köln unterstanden. Immer wieder versuchten einige Bürger von Werl, die jüdischen Familien - weil Konkurrenten - aus der Stadt zu drängen, doch der Erzbischof zu Köln verhinderte dies (allein schon aus pekuniären Gründen).
Die Jüdische Gemeinde in Werl war nicht groß. 1804 lebten in der Kleinstadt gerade mal 7 jüdische Familien,2 doch die errichteten im Jahr 1811 sogar eine Synagoge. Im Jahr 1817 wird in der Statistik die Zahl der in Werl lebenden Juden mit 68 angegeben und die Einwohnerzahl insgesamt mit 2.465.3 Das Zusammenleben mit der nichtjüdischen Bevölkerung war, wenn bestimmte Regeln eingehalten wurden, einigermaßen problemlos, doch eine völlige Gleichberechtigung und Ebenbürtigkeit gestand man den Juden allerdings nicht zu. Das zeigte sich zum Beispiel im Jahr 1826, als der ehemalige Synagogenvorsteher Levi Lazare Hellwitz die Aufnahme in den Werler Schützenverein beantragte. Dieses Ansinnen empörte die anderen Einwohner des Ortes so sehr, dass es auf dem Schützenfest zu einem tumultartigen Protest kam.4
Und was berichten Medien 188 Jahre später?
Im Juli 2014 wurde ein Muslim Schützenkönig in Werl - Sönnern. Der Verband Historischer Deutscher Schützenbruderschaften will jedoch dem türkischstämmigen Mitkat Gedik, der bei der Schützenbruderschaft St. Georg im westfälischen Werl - Sönnern Schützenkönig geworden war, nicht als solchen anerkennen und verlangt von ihm die Rückgabe der Schützenkette. Das löste deutschlandweit Protest aus.5 -
Philipp Abraham heiratete Sara Rosenberg (1793 - 1841) aus Geseke (Kreis Soest). Das Geschäft der Rosenthals florierte, so dass es 1826 um eine Weberei erweitert werden konnte. Rosenthal galt zu der Zeit als der drittreichste Bewohner Werls.6 Sein Sohn Abraham (1821 - 1902) übernahm die Weberei des Vaters und erwies sich ebenfalls als erfolgreicher Unternehmer. Er war mit seinen Erzeugnissen sogar 1850 auf der Leipziger Messe vertreten.
1849 heiratete Abraham Emilie Meyer (1849 - 1892) die Tochter des Kaufmanns Joel Meyer in Ibbenbüren und dessen Ehefrau Friederike Ephraim. Ab 1856 wird Abraham Rosenthal in den Gewerbesteuerlisten nicht mehr unter „Handel mit Schnittwaren, ziemlichen Umfangs" geführt, sondern unter dem Vermerk: „Rosenthal, Abraham, Manufaktur, Porzellan- und Glaswarenhandlung."7 Das heißt, Abraham hat erstaunlicherweise sein Gewerbe gewechselt. Der recht wohlhabende Abraham wurde sogar Vorsteher der Synagoge in Werl. Das Ehepaar hatte drei Söhne und drei Töchter. Sohn Philipp sollte nach der Schulzeit und Lehre eigentlich das elterliche Geschäft übernehmen, doch der geht, obwohl erst 17 Jahre alt, abenteuerlustig und mittellos mit seinem Bruder Adolph (*1852) nach Nordamerika.
Dr. ing. c. h. Philipp Rosenthal (2)
In New York schlägt er sich erst einmal als Laufbursche, Fahrstuhlführer und Tellerwäscher durch, führt dann ein abenteuerliches Leben als Postreiter in Texas, um schließlich Porzellaneinkäufer der Detroiter Porzellanimportfirma „Jacob Meyer Brothers" 8 zu werden. Als Philipp 24 Jahre alt ist, kehrt er nach Deutschland zurück, um für die amerikanische Firma Porzellan in Deutschland zu kaufen. Auf seiner „Einkaufstour" wird der kraushaarige unternehmungslustige"9 junge Mann auch in Selb bei Lorenz Hutschenreuther (1817 - 1886) vorstellig. Dessen Vater Carl Magnus Hutschenreuther (1794 - 1845) hatte bei Hohenberg an der Eger (Fichtelgebirge) mit Hilfe seines Schwiegervaters, der dort Förster war, ein Kaolinvorkommen, „die Erde für unser Porzellan"10 , entdeckt und 1822 eine Porzellanmanufaktur gegründet. Sein Sohn Lorenz schied aus dem väterlichen Betrieb aus und eröffnete 1859 in Selb eine eigene leistungsstarke Firma.
Die Amerikaner sind vor allem an bemaltem Porzellan interessiert, doch das ist Mangelware und recht schwer zu bekommen, darum beschließt Rosenthal kurzer Hand: „Ich mache das Zeug selber".11 Im Keller von Schloss Erkersreuth12 richtet er im Jahr 1879 mit dem späteren Obermaler Roth eine Porzellanmalerei13 ein. Am 18. 12. 1880 wird die „Porzellanmalerei Philipp Rosenthal & Co. OHG" als Firma aktenkundig.
Bei Lorenz Hutschenreuther kauft Rosenthal weißes Porzellan (sog. Weißware), das er von Roth und seiner talentierten ersten Frau Mathilde (geboren 1856), Schwester des Berliner Modespezialisten Auerbach,14 mit unterschiedlichen Dekoren bemalen lässt.
Vor allem Sprudelbecher, Souvenirtassen und Wallfahrtsartikel bilden die Produktpalette. Immer, wenn eine Kiste mit bemalter Ware gefüllt ist, bringt sie Mathilde mit dem Handwagen zum Bahnhof Plößberg, von dem aus das Porzellan per Bahn sowohl über Bamberg und Hof als auch über Eger zu den entsprechenden Kunden expediert werden kann. Für den Weg zum Bahnhof braucht sie eine gute halbe Stunde.
Doch die neugegründete Firma hat nur mäßigen Erfolg. Die Erkersreuther erzählten, dass der Rosenthal des Öfteren beim Bürgermeister vorsprach, um sich Geld zu leihen, damit er seinen Verbindlichkeiten nachkommen kann.
Den Durchbruch bringt 1879 ein für die heutige Zeit etwas geschmackloses Produkt, nämlich ein Aschenbecher, der 12 cm breit ist und aufwendig bemalt mit einer glimmenden Zigarre in der Mitte und der Aufschrift „Ruheplätzchen für brennende Zigarren". Das Rauchen von Zigarren ist zu jener Zeit ja weit verbreitet. Rosenthal selbst galt als ein genüsslicher Zigarrenraucher. In kurzer Zeit kann Rosenthal so viele dieser Ascher verkaufen, dass er bald seiner Geldsorgen ledig ist.
Lorenz Hutschenreuther ist über Rosenthals Erfolg allerdings nicht gerade erfreut, wittert er doch in ihm einen gefährlichen Konkurrenten. Er weigert sich plötzlich, an Rosenthal weiterhin Weißware zu verkaufen. Und nicht nur das, er überredet auch die Nachbarfirma Zeidler, es ihm gleich zu tun. Rosenthal gründet daraufhin 1889 kurzerhand in Selb eine eigene Firma zur Herstellung weißen Porzellans und baut einen Betrieb an der Stelle auf, an der sich noch heute die größte aller Rosenthaler Firmen befindet.
Anfänglich orientiert er sich - wie andere Porzellanhersteller auch - an den damals beliebten französischen Porzellanformen, doch nach und nach wandelt er die nach seinem eigenen Geschmack und nach dem seiner Zeitgenossen ab. Er gibt aber seinem Porzellan anfänglich noch französische Namen wie „Louis XIV", „Monbijou" oder „Pompadour".
Das Firmen-Logo (3)
Mit seinem Musterkoffer reist er nun durch die Lande, um Kunden zu gewinnen. Nach der Devise„In Form und Dekor auf der Höhe der Zeit stets das Neueste" beobachtet er schon sehr früh den Markt und die kunstgewerblichen Strömungen.15 Und auf seinen Reisen sucht er auf Messen, in Ausstellungen und Museen nach neuesten Entwicklungen und Anregungen für seine Produkte.
Bisher trugen alle Porzellane - auch die der Königlichen und Fürstlichen Manufakturen - nur kleine symbolische Logos als Erkennungszeichen. Rosenthal dagegen lässt trotz aller Bedenken seiner Freunde und gegen den heftigen Widerstand der Abnehmer seinen Namen in Form seines stilisierten Namenszuges als Signet auf seinem Porzellan anbringen.
Es gelingt ihm sogar (wie hat er das erreicht?), vom Kaiserlichen Rat die Erlaubnis zu erhalten, das einst auf Geheiß Friedrichs II. geschaffene Geschirr „Sanssouci" neu zu produzieren. (Noch in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts gehörte „Sanssouci" zum festen Bestandteil der Rosenthal - Kollektion.)
Verein der keramischen Industrie, Selb Ein Ausschnitt aus dem Musterzimmer der Kunstabteilung der Rosenthal-Porzellan AG Selb.(4)
1897 gründet der rührige Unternehmer die Philipp Rosenthal & Co, Aktiengesellschaft, deren Vorsitz er bis zum Jahre 1934 innehat. Zu dieser Gesellschaft gehören bald acht Fabriken. Doch Rosenthal ist kein Geschäftsmann, dem es genügt, wenn die eigene Firma gut über die Runden kommt. Er vermag auch, national und sogar global zu planen und zu agieren.
Als der Keramische Verband 1899 in Berlin eine Tagung aller Porzellanhersteller abhält, regt Rosenthal an, die „Vereinigung deutscher Porzellanfabrikanten zur Hebung der Porzellanindustrie, G.m.b.H." zu gründen, die den Zweck hat, die Porzellangeschirrfabrikation zu beleben, vor allem durch die Festlegung von Minimalpreisen für die Stapelartikel.16
Als Beauftragter des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, er war Mitglied in dessen Präsidium, reist Rosenthal ins Ausland und wirbt für deutsche Erzeugnisse.
Zum Bestseller der Rostenthal - Aktiengesellschaft Produkte wird das 8 - und 12 - eckige Porzellanservice „Maria" (benannt nach Rosenthals zweiter Frau), das mit der Handelsbezeichnung „Maria weiß" 1916 auf dem Markt kommt. Entworfen hat es Rosenthal angeblich nach einem silbernen Teeservice von 1819, das er in England gefunden hatte. Da Rosenthals Leidenschaft schöne Frauen sind, ist es nicht verwunderlich, dass seine schönsten Services Frauennamen tragen wie zum Beispiel „Isolde", „Rosalinde" oder „Lu".17
Freunde erzählten: „Wer je das Glück hatte, in stiller Stunde bei einem Glase Wein mit ihm über Frauen zu sprechen, der wird gefühlt haben, dass er die Frauen kennt wie kein anderer."18
Sein Bekenntnis lautet: „Das Schönste auf Erden sind das Weib und das Pferd".19
Philipp Rosenthal mit seiner Gattin Maria geb. Frank(5)
Von seiner ersten Frau, der Matthilde, geb. Auerbach, mit der er zwei Töchter (Klara und Anna) hatte, lässt er sich scheiden und heiratet 1916 die 35 Jahre jüngere Maria Frank, geb. Frank, die Tochter seines Justitiars Josef Frank, die ihren Sohn Udo mit in die Ehe bringt. Der 61 jährige Rosenthal, der inzwischen zum Geheimrat ernannt wurde, ist überglücklich, als ihm 1916 sein leiblicher Sohn Philip (mit einem p) geboren wird.
Sein Unternehmen ist inzwischen so finanzkräftig geworden, dass es die Porzellanfabriken Bauer, Thomas und Zeidler, bisherige Konkurrenten, aufkaufen kann. 1910 wird in Selb die „Kunstabteilung für höherwertige Dekore"20 gegründet, durch die Ziergefäße und künstlerisches Porzellan mit qualitativ hochwertiger Bemalung hergestellt werden.
Rosenthal engagiert freischaffende renommierte Künstler, die für seine Firma Figuren, Geschirr und Dekor entwerfen, obwohl es bisher lediglich den königlichen Manufakturen vorbehalten war, „figürliches Porzellan" herzustellen. Diese Artikel sorgen 1910 auf der Weltausstellung in Brüssel für Aufsehen.
„Kaum eine Sportart, die Philipp Rosenthal nicht betrieben hätte."21 Doch vor allem liebt er die Jagd und die Pferde. Seinen eleganten Viererzug mir rassigen Pferden lenkt er selbst. Und bei Feueralarm lässt er es sich nicht nehmen, mit seinen Pferden die Feuerspritze in wildem Galopp zum Brandort zu fahren, um möglichst anderen Löschfahrzeugen zuvor zu kommen.
Gern umgibt sich der Generaldirektor der Rosenthal - Aktiengesellschaft mit der Aura des Grandseigneurs, der im Ausland mit Monokel den „konservativen Industriebaron gab."22
Die folgende Beschreibung seiner Person in einer Monographie lässt er sich gerne gefallen:
„Mit Reithose, Gamaschen, Sportsakko und mit der weißen Plastron - Krawatte kennen ihn alle seine Freunde, alle seine Arbeiter und Angestellten, wie er ihnen frisch und munter, schneidig und scharf an irgendeinem Ende der Fabrik erschien.&ququot;23 Natürlich gehört er auch zu den ersten Automobilisten in Deutschland. Bereits 1893 kauft er sich einen Kraftwagen von Benz.
Der gewiefte Kaufmann Rosenthal weiß, dass durch exakte Marktbeobachtung der Export gefördert werden kann, wobei eine schnelle Nachrichten-übermittlung von Vorteil ist. Darum liegt ihm auch die Leipziger Messe besonders am Herzen. Er richtet im Gebäude der Dresdener Bank am Augustusplatz Ausstellungsräume für seine Fabrikate ein, wie sie Leipzig bisher nicht kannte. 24
Die Leipziger Stadtväter benannten ihm zu Ehren eine Straße. Die Begründung steht in dem Brief des OBM Dr. Rothe an den Unternehmer:
DER RAT DER STADT LEIPZIG
An Herrn Geheimen Kommerzienrat Dr. ing. h. c. Rosenthal, Selb in Bayern.
SEHR GEEHRTER HERR GEHEIMRAT!
Wir haben uns schon lange überlegt, in welcher Form wir Ihnen einmal sichtbar zum Ausdruck bringen können, wie wir Ihre nun seit Begründung des Messamts stets entfaltete Tätigkeit zur Hebung der Leipziger Messe Ihnen danken können. Schließlich sind wir auf den Gedanken gekommen, einer Straße, die im Viertel der Technischen Messe liegt, Ihren Namen zu geben, und heute hat der Rat in seiner Gesamtsitzung beschlossen, den alten Windmühlenweg, der direkt auf das Gelände der Technischen Messe hinführt, umzutaufen in „Philipp-Rosenthal-Straße". Wir wollen Ihnen durch diese Straßenbenennung, die bei
Lebenden nur ganz selten als besondere Ehrung beschlossen wird, zeigen, wie dankbar wir Ihnen für Ihre bisherige Tätigkeit im Interesse unserer Messe sind und wie hoch wir Ihr Wirken einschätzen.
Wir bitten Sie, der Leipziger Messe und damit der Stadt Leipzig Ihre bisherige freundliche Gesinnung zu bewahren und auch in Zukunft am weiteren Ausbau der Messe mitzuhelfen.
In vorzüglicher Hochachtung
Der Rat der Stadt Leipzig:
DR. ROTHE, OBERBÜRGERMEISTER.
LEIPZIG, DEN 6.FEBRUAR 1926
Vor allem nach dem 1. Weltkrieg ist Rosenthal sehr daran gelegen, dass die Leipziger Messe wieder den Stellenwert erlangt, den sie vor dem Kriege besaß.
Schon früh erkennt der Geschäftsmann Rosenthal die Bedeutung des Porzellans für die Elektrotechnik. Er lässt in der Abteilung „E" seines Werkes Isolatoren und Widerstände entwickeln und errichtet sogar im Jahr 1912 ein eigenes Hochspannungsprüffeld für 500.000 Volt.25
Zum 50. Gründungsjubiläum im Jahr 1929 ist die Rosenthal - AG mit rund 7000 Beschäftigten einer der größten deutschen Porzellanhersteller. Zur Firma gehören zahlreiche Produktionsbetriebe in Deutschland und Vertriebs- niederlassungen im In - und Ausland. Die Marke Rosenthal ist inzwischen weltberühmt geworden. Und ein mit Rosenthal - Geschirr gedeckter Tisch in einem Hause zeugte damals von Wohlstand und vornehmem Lebensstil.
Doch dann brechen für den katholischen Firmengründer mit jüdischen Wurzeln schwere Zeiten an. Noch schützt der hohe Bekanntheitsgrad der Marke Rosenthal im Ausland die Firma vor Willkürakten der Nazis, doch die sog. Arisierung der Aktiengesellschaft ist nur noch eine Frage der Zeit.
Da Philipp Rosenthal 1934 freiwillig auf den Vorsitz im Vorstand der Aktiengesellschaft verzichtet und der bayrische Innenminister seine schützende Hand über ihn hält, bleibt er von bösartigen Attacken vorerst noch verschont.
Rosenthal plant, die Rassengesetze der Nazis zu umgehen, indem er seinen Stiefsohn Udo Frank, der nach nationalsozialistischer Rassendoktrin ja „Arier" ist, als Exponent der Familie Rosenthal in den Aufsichtsrat zu lancieren. Er übergibt dem 24 jährigen Frank, den er sogar zu seinem Vermögensverwalter gemacht hatte, stattliche Beträge, damit dieser die Aktienmehrheit erwerben kann. (Und dies, obwohl er seinen Stiefsohn vor geraumer Zeit wegen dessen Verschwendungssucht aus dem Hause gejagt hatte.)
Das alles ruft die Familien der Töchter Anna und Klara aus erster Ehe auf den Plan, denn die befürchten, im Erbfall benachteiligt zu werden. Sie und die Nazis erreichen, dass Philipp Rosenthal im Jahr 1937 „wegen Altersveränderung im Gehirn" entmündigt und für geschäftsunfähig erklärt wird.
Die Familie ist dann wenig später gezwungen, ihr gesamtes Rosenthal - Aktienpaket (1,417 Millionen Nennwert) aufgrund der „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens" unter Wert zu verkaufen.
Geheimrat Dr. Ing h.c. Philipp Abraham Rosenthal, 82 Jahre alt, wird in ein Sanatorium in Bonn verbracht, wo er sechs Wochen später stirbt. In Bozen (Südtirol) findet er, wie es sein Wunsch war, seine letzte Ruhestätte.
(Maria Rosenthal, inzwischen 47 Jahre alt, lebt dann an der Riviera und heiratet dort „einen alten französischen Aristokraten, den Grafen de Beurges" 26
Joseph Goebbels sorgte dafür, dass der Markenname Rosenthal erhalten blieb und nicht wie in vergleichbaren Fällen getilgt wurde.
Sohn Philip, der in jungen Jahren ein ähnlich abenteuerliches Leben wie sein Vater führt, kehrte 1947 auf Bitten der Mutter nach Deutschland zurück. In der Rosenthal - AG erhielt er die Stelle eines Werbechefs. 1958 wurde er sogar Vorstandsvorsitzender der Firma .
Er kreierte „Anfang der 60er Jahre die berühmte Rosenthal - Studio Line, die bis heute ein anerkanntes Leitbild für moderne Tisch - und Wohnkultur blieb".27
1997 wird die Rosenthal - AG vom britisch - irischen Waterford Wedgwood Konzern übernommen. Nach dessen Insolvenz im Jahre 2009 kaufte der italienische Haushaltswarenhersteller Sambonet Paderno die traditionsreiche Firma in Selb.
Fußnoten
¹ Schilling, W., „Rosenthal, Philipp" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005) S. 79-80
² Aus der Geschichte der jüdischen Familien im deutschen Sprachraum, Gemeinden alphabetisch, 2014
³ Jehle, M., Die Juden und die jüdischen Gemeinden in Preussen in den amtlichen Enqueten des Vormärzes... S. 434
4 In: Jüdische Gemeinde Werl - LinkFang.de
5 R.P. ONLINE.de , 4. August 2014 „Streit um Schützenkönig"
6 Stroessenreuther, Stefan, in: Stammbaum Philipp Rosenthal - Paperblog
7 ebenda
8 St. Stroessner, Stammbaum Philipp Rosenthal Paperblog
9 Geheimrat Rosenthal in: Denkmalschutz - Rosenthal alte Serien und Porzellanserien, Geschichte Rosenthal, Artikel von Stefan Stroessenreuther
10 Gedenkstein zu Ehren C.M. Hutschenreuthers in Hohenberg
11 Rentnerblog, 30. August 2015, die Rosenthal Story
12 Erkersreuth ist heute Ortsteil von Selb. Das Schloss liegt am Ostrand der Stadt,3km westlich der Grenze nach Teschechien
13 In: Philip Rosenthal - Rosenthal alte Serien und Porzellanserien
14 Geheimrat Rosenthal a. a. O.
15 In: Rosenthal 125 Jahre - das Originale unserer Zeit
16 Geheimrat Rosenthal a. a. O.
17 Geheimrat Rosenthal a. a. O.
18 ebenda
19 ebenda
20 Rentnerblog, Die Rosenthal Story
21 St. Stroessenreuther „Geschichte Rosenthal"
22 ebenda
23 nach einem Zitat bei St. Stroessenreuther, in: Geheimrat Rosenthal a.a.O.
24 Geheimrat Philipp Rosenthal a. a. O.
25 Rentnerblog „Die Rosenthal Story"
26 Geheimrat Philipp a.a.O
27 Die Rosenthal Story in: Rentnberblog
Bildnachweis
Kopfbild, Bilder 2 und 5: aus "Philipp Rosenthal -- Sein Leben und sein Porzellan". Herausgegeben von
Freunden und Mitarbeitern. Leipzig 1929
Bilder 1 und 3: Wikipedia Commons, gemeinfrei
Biild 4: Bundesarchiv, B 145 Bild-F003618-0011 / Steiner, Egon / CC-BY-SA 3.0
Bild 6: Straßenschild. Foto von W. Brekle