Am I8. Juni 1924 stirbt erst 62jährig in Leipzig der Bildhauer JOSEF MAGR und seine Asche wird am Johannistag im Rabattengrab NO. 230 in der XII. Abteilung des Südfriedhofes beigesetzt. Mit ihm verliert Leipzig einen der bedeutendsten Künstler der Jahrhundertwende, der über drei Jahrzehnte die Stadt mit seinen Meisterwerken der Bildhauerkunst schmückte.
Als ein letztes großes Geschenk hinterlässt er uns mit seinem Grabmal ein beeindruckendes Zeugnis seiner Kunst - die wohl schönste bronzene Porträtbüste, die wir auf Leipzigs Friedhöfen entdecken können.
JOSEF MAGR wird am I7. September 1861 im böhmischen Mutowitz geboren. Nach dem Schulbesuch erlernt er in zweijähriger Ausbildung den Beruf eines Bildhauers und begibt sich anschließend auf die obligatorische Wanderschaft, die ihn zunächst nach Prag führt, wo er aber nicht den gewünschten Boden ?ndet.
So wendet er sich für ein Jahr nach München, arbeitet danach in Nürnberg. Nach weiteren Aufenthalten in Stuttgart, und Karlsruhe führt es ihn wieder nach Prag, wo es in der Werkstatt des Bildhauers Anton Popp reichlich Arbeit für ihn gibt.
Während ihn als Architekturbildhauer bisher das p?anzliche und lineare Ornament beschäftigte, steht nun in der Prager Werkstatt von Anton Popp die Figur im Mittelpunkt seiner Arbeit und seine künstlerische Entfaltung macht glänzende Fortschritte - er legt hier die Fundamente seines künftigen bedeutenden Schaffens.
1889 führt ihn ein Auftrag nach Leipzig und in dieser nach der Reichsgründung so aufstrebenden und prosperierenden Handelsmetropole wird JOSEF MAGR bis an sein Lebensende bleiben.
Als Architekturbildhauer entfaltet er hier eine reiche Tätigkeit, die Städte im engeren und weiteren Kreise um Leipzig herum verlangen nicht minder nach seinen Arbeiten.
Der Apollo Musagetes für das Plauener Stadttheater ist eine seiner besten Arbeiten, die nach auswärts gingen. Bedeutend sind seine Zwickel?guren am Leipziger Buchgewerbehaus oder die Atlanten in der Wandelhalle des Augusteums, dem Hauptgebäude der Leipziger Universität, an dem er mit zwei Karyatiden auch das Portal schmückt.
Eines seiner gewichtigsten Werke entsteht mit dem in engster Zusammenarbeit mit Prof. Adolf Lehnert im Jahre 1895 geschaffenen Bismarckdenkmal - der von ihm geschaffene Schmied als ein Mann des Volkes reicht dem Fürsten Otto von Bismarck als dem Schmied des Reiches dankbar das ehrende Eichenlaub.
Bemerkenswert sind auch seine allegorischen Figuren der Wissenschaft auf dem Balkon des Oberbürgermeisters am Neuen Rathaus oder der Wahrheit, die dort über der Rathausuhr thront.
Er schmückt neben anderen bedeutenden Bildhauern das vom Architekten Arwed Rossbach errichtete Gebäude der Deutschen Bank in Leipzig.
In das Verblendungswerk aus roten Rathenower Klinkern der Hauptfeuerwache in Gohlis-Nord arbeitet JOSEF MAGR als Reliefs das prächtige Leipziger Stadtwappen sowie thematisch bezogene allegorische Figuren ein.
In der Nähe der Thomaskirche errichtet JOSEF MAGR 1906 seinen berühmten Märchenbrunnen mit der plastischen bronzenen Figurengruppe Hänsel und Gretel.
Ein Meisterwerk des Archtekturbildhauers JOSEF MAGR bildet auch die Fassade des vom Architekten Max Pommer 1906 bis 1908 errichteten Wohnhauses in der Philipp-Rosenthal-Straße 21, das als Märchenhaus in die Leipziger Kunstgeschichte eingeht.
Außerordentlich qualitätvoll und zahlreich sind seine Grabmäler für bedeutende Leipziger Familien auf dem Südfriedhof - beispielsweise für den Arzt Dr. Riemer, den Baumeister Oehlschlegel, den Kaufmann Oelssner oder die Buchhändler Volckmar, Voerster und Frenzel.
Auf dem Neuen Johannisfriedhof begründet er mit der Grabmalanlage des Apothekers Willmar Schwabe seine Stellung als bedeutendster Leipziger Bildhauer des Jugendstils und sichert sich unvergänglichen Ruhm und künstlerische Anerkennung mit seinem unverwechselbaren Stil in einer Synthese von Klassizismus und Naturalismus.
Zahlreiche bedeutende MAGR'SCHE Werke sind nach seinem Tode verloren gegangen - entweder im 1.Weltkrieg eingeschmolzen, wie die Figurengruppe des Märchenbrunnens, oder sie ï¬elen ideologischem Wahn zum Opfer, wie das 1946 entfernte Bismarckdenkmal.
Deshalb ist der künftige Bestandserhalt seiner Werke als anerkanntes Kulturgut von besonderer Priorität für die Arbeit der Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig.
Bildnachweis
1 Archiv U. u. H. Drechsel
2 Foto vor 1911, Original und Reproduktion. Zeitschrift für kunstfreunde und Kunstsammlungen, Bd. II, Heft 3/4, Leipzig 1911
3 Hans-Joachim Böttcher