Leipzig-Lese

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"... mein Leben, das allerqualvollste, das ein Mensch je geführt hat." So schrieb Heinrich von Kleist an eine seinem Herzen nahe stehende Verwandte wenige Stunden, bevor er sich mit seiner Todesgefährtin am Wannsee erschoss. Immer wieder scheiterten seine Lebenspläne. Aber aus diesem unglücklichen Leben erwuchs ein Werk, das ohne Beispiel ist in der Literatur und erst spät in seiner Bedeutung erkannt wurde. Zu bestellen:

http://bertuch-verlag.de/68-0-Kennst-du-Heinrich-von-Kleist.html

Zum 200. Todestag von Heinrich von Kleist

Zum 200. Todestag von Heinrich von Kleist

Dipl.-Päd. Ursula Brekle

Michael Kohlhaas, Gemälde von Volker Pohlenz
Michael Kohlhaas, Gemälde von Volker Pohlenz

 

Der geniale Dichter schrieb vor seinem Selbstmord am 21. November 1811 am Wannsee an seine ihm nahestehende Halbchwester Ulrike: „Möge dir der Himmel einen Tod schenken, nur halb an Freude und unaussprechlicher Heiterkeit, dem meinigen gleich: das ist der herzlichste und innigtse Wunsch, den ich für dich aufzubringen weiß."
Wir sind über nichts in Kleists Leben so gut wie über seinen Tod informiert. Im Aktenmaterial über „Kleists letzte Stunden" finden sich die Details des aufsehnerregenden Doppelfreitodes. Erst erschoss Kleist seine unheilbar kranke Begleiterin Henriette Vogel und dann sich selbst. Der Tod brachte ihm jene Aufmerksamkeit, die dem Dichter bis dahin von den Zeitgenossen versagt blieb. Das Warum wird bis heute unterschiedlich erklärt. Friedrich Hebbel gab 30 Jahre nach dessen Tod die Deutung:

                                     
                                      Er war ein Dichter und ein Mann wie Einer,
                                      Er brauchte selbst den Höchsten nicht zu weichen,
                                      An Kraft sind wenige ihm zu vergleichen,
                                      An unerhörtem Unglück, glaub'ich, keiner.

Er selbst schrieb „...mein Leben, das allerqualvollste, das je ein Mensch geführt hat".

Aus diesem unglücklichen Leben erwuchs ein Werk, das ohne Beispiel ist in der Literatur und erst spät in seiner großen Bedeutung erkannt wurde. Der Dorfrichter und Sünder Adam, der im „Zerbrochenen Krug" über sich selbst zu Gericht sitzen muss, gehört ebenso zu den zentralen literarischen Figuren wie Michael Kohlhaas. Auch der General Prinz von Homburg, der um sein Leben winselt. Diese Werke gehören zur Weltliteratur. Aus den kraftvollen Gestalten der Anekdoten von Kleist, die dem Tode mit Witz begegnen, zitieren wir eine, die nach Leipzig weist:

Bach, als seine Frau starb, sollte zum Begräbnis Anstalten machen. Der arme Mann war aber gewohnt, alles durch seine Frau besorgen zu lassen; dergestalt, daß da ein alter Bedienter kam, und ihm für Trauerflor, den er einkaufen wollte, Geld abforderte, er unter stillen Tränen, den Kopf auf einen Tisch gestützt, antwortete: „sagts meiner Frau". 

Kleist, der Ruhelose, kam auf seinen häufigen Reisen hin und wieder nach Leipzig. Er bewunderte die alte Pleißenburg und besuchte die Nikolaikirche, deren Architektur ihm viel besser gefiel als die Predigt, die er darin hörte. Einmal reiste er mit seinem Freund Brokes nach Leipzig und beide schrieben sich unter falschen Namen als Studenten in die Matrikel ein. Das erfahren wir von Kleist aus einem Brief vom 30.August und 1. September 1800 aus Leipzig an seine Verlobte Wilhelmine von Zenge: „Unser erstes Geschäft war, uns unter unseren neuen namen in die Akademie inskribieren zu lassen, und wir erhielten die Matrikel, welche uns zu Pässen verhelfen sollenne alle Schwierigkeiten...Wir giengen zu dem Magnificus, Prof. Wenk, eröffneten ihm wir wären aus der Insel Rügen, wollten kommenden Winter auf der hiesigen Universität zubringen, vorher aber noch eine Reise ins Erzgebirge machen und wünschten daher gleich jetzt Matrikeln zu erhalten. Er fragte nach unseren Vätern. Brokes Vater war ein Amtmann, meiner ein invalider schwedischer Capitain...Wir giengen zu Hause, bestellten Post, wickelten unsre Schuhe und Stiefeln in die akademischen Gesetze ein und hoben sorgsam die Matrikel auf..."
Kleist wählte den Falschnamen „Klingstedt", und dass er es war, beweist ein weiteres Zitat aus dem genannten Brief: „In zwei Stunden reise ich nach Dresden. Dein treuer Freund Heinrich Klingstedt.
N.S. Was wird Kleist dazu sagen, wenn er einst bei Dir Briefe von Klingstedt finden wird."

Es bleibt im Dunkeln, warum der Dichter unter falschem Namen reiste.
Seine Kontakte zu Leipzig blieben eine Marginalie in seinem kurzen Leben.
Heinrich von Kleist wurde nur 34 Jahre alt. Die Inschrift auf seinem Garbstein ist ein Zitat aus seinem Drama „Prinz Friedrich von Homburg" V/10:

                                                                          NUN
                                                            O UNSTERBLICHKEIT
                                                            BIST DU GANZ MEIN!
Quellen:
Pielenz, Arno: Kennst du Heinrich von Kleist? Weimar 2007
Kleist, Heinrich von: Werke und Briefe. Hg. Siegried Streller in Zusammenarbeit mit Peter Goldammer, Wolfgang Barthel, Anita Golz und Rudolf Loch. Berlin 1995
Minde-Pouet, Georg: Kleists letzten Stunden. Teil I: Das Akten-Material. Berlin 1925
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