Ein kleiner schmächtiger Mann, doch in der Geschichte der Universität Leipzig war er durchaus ein Riese, zumal er gemeinsam mit dem Nobelpreisträger Werner Heisenberg viele tüchtige Physikerjahrgänge ausbildete. Die Rede ist von Professor Dr. Friedrich Hund. Er wirkte in der späten Weimarer Republik, während der NS-Dikatur und nach dem Krieg erst unter amerikanischer und dann unter russischer Besatzung in der Wissenschaftsstadt Leipzig. Der Naturforscher und Historiker der Physik ermutigte mich noch in seinem 100. Lebensjahr in Göttingen, nicht zuletzt den Physiker Edward Teller, obwohl er ein streitbarer Antikommunist war, in Kalifornien mit dem Anliegen zu besuchen, ihn als jüdischen Absolventen der Leipziger Universität zu seinem Studium in der Linnéstraße zu befragen und ihn bezogen auf seinen akademischen Start in Karlsruhe, München und Leipzig zu porträtieren. Friedrich Hund sagte im Herbst 1995 einfach nur: „Teller war ein fleißiger Mann.“ Professor Hund hatte von 1929 bis 1946 in Leipzig gewirkt und auch die Dissertation von Edward Teller zum Wasserstoffmolekülion während der Abwesenheit von Heisenberg betreut. Gemeinsam mit Heisenberg bewertete Friedrich Hund die Arbeit Anfang Februar 1930. Beide vergaben die Note „Sehr gut“. Friedrich Hund hatte ich nach dem Fall der Mauer und nachdem ich den Physiker und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker interviewt hatte, in Göttingen besuchen dürfen. Bei Herrn von Weizsäcker in Starnberg war ich im Januar 1991 und dann ergab sich am 12./13. Juni 1991 die erregende Chance, den bereits 95-jährigen Gelehrten und eben Weizsäckers Lehrer im Seniorenstift zu Göttingen zu besuchen. Als ich Friedrich Hund zu seiner schulischen, akademischen und geistig-politischen Biografie befragte, wanderten wir im Frage-Antwort-Rhythmus durch sein langes Leben. Ein wichtiger Höhepunkt nach der Schule in Naumburg, nach dem Studium in Marburg und Göttingen, nach dem Wetterdienst während des Ersten Weltkrieges und nach dem Erhalt einer Assistentenstelle bei Max Born in Göttingen war seine erste Begegnung mit dem dänischen Physiker Niels Bohr.
Der Naturforscher aus Kopenhagen reiste 1922 in Göttingen an, um vom 12. bis 22. Juni sieben Vorlesungen über die Theorie der Atomstruktur zu halten. Erst 36 Jahre alt, war Niels Bohr durch das Atommodell, das er kurz vor dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1913 publiziert hatte, ein derartiger intellektueller Magnet, dass in seinen Vorlesungen nicht nur der Göttinger Kreis, sondern Physiker aus allen Teilen Europas saßen. Während Arnold Sommerfeld aus München kam und Alfred Landé aus Tübingen, hatte sich zum Beispiel Paul Ehrenfest von Leiden aus auf den Weg gemacht. Friedrich Hund gehörte mit seinen 26 Jahren im Kreis der versammelten Wissenschaftlerelite zu den jungen Leuten. Fast siebzig Jahre später erzählte er im Juni 1991 in Göttingen darüber, dass ihn das Auftreten des dänischen Naturforschers nicht nur beeindruckte, sondern auf seinem Weg hin zur Anwendung der Quantentheorie auf den Bau der Atome und Moleküle erheblich beeinflusste: „Wir merkten, dass Bohr seine Ansätze in einer allgemeineren Weise begründete. Wir spürten auch etwas von dem philosophischen Geist Bohrs. Das war eine völlig neue Welt. Das war wohl bei mir die endgültige Wendung zur theoretischen Physik.“ Der Stuhl auf dem Professor Hund im Seniorenstift zu Göttingen saß, knarrte an dieser Stelle heftig, weil er so lebhaft berichtete. Zum Zeitpunkt des Interviews war ich noch nicht freiberuflicher Journalist, sondern war am Institut für Philosophie der Universität Leipzig angestellt. Ich hatte einen Forschungsauftrag zu den vom jungen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling in Leipzig verfassten Büchern zur Philosophie der Natur.
Es lag in Göttingen nahe, danach zu fragen, was Professor Hund mit der Rede vom „philosophischen Geist“ bei Bohr eigentlich meint. Immerhin hat diese Redewendung eine Menge mit der Frage der Freiheit zu tun, die eine Grundfrage des Deutschen Idealismus war. Das A und O dieser geistigen Bewegung brachte Georg Wilhelm Friedrich Hegel in seiner Philosophie der Kunst auf den Begriff, wenn er während der Jahre in Berlin mit Nachdruck formulierte: „Die Freiheit ist die höchste Bestimmung des Geistes.“ Diese Startidee, die Hegel beharrlicher festhielt als sein Freund Schelling, was Letzterer leider nie begriff, hatte ich im Kopf, als ich am 12. Juni 1991 auf die Antwort des Gelehrten neben mir lauschte. Der betagte Friedrich Hund holte frisch aus und erklärte mit der ihm eigenen deutlichen Akzentuierung: „Das Wort 'Philosophie' ist vieldeutig. Ich meine eben doch: Nicht aus der vorhandenen Fachwissenschaft heraus begründet. Sondern es war klar: Die sogenannte klassische Physik reicht nicht aus, das Atom zu verstehen. Die neue Physik haben wir noch nicht. Wir müssen also abschätzen, wie die neue Physik zu finden sei. Bohr scheute sich nicht, über Dinge zu sprechen, über die man eigentlich noch nicht sprechen konnte. Das bekannte Wort von Ludwig Wittgenstein, das besagt, wovon man nicht reden kann, soll man schweigen, war keine Richtschnur für Bohr. Er versuchte zu sprechen. Er versuchte in Andeutungen zu sprechen. Da merkten wir etwa den Unterschied gegen den auch bedeutenden Sommerfeld, dessen Buch wir lasen. Also diese 'Bohrfestspiele' - ich glaube der Ausdruck stammt von James Franck in Analogie zu den Händel-Festspielen - , das war für meinen wissenschaftlichen Werdegang ein sehr entscheidendes Ereignis.“ Die Erläuterung von Friedrich Hund ist deshalb so interessant, weil sie das Verständnis für die Eigenart einer wissenschaftlichen Revolution weckt. Am Beispiel der Atomphysik von 1922 machte mein Gesprächspartner auf die Grenzen des damals erreichten Wissens in der Naturwissenschaft aufmerksam. Die Bahnbrecher der Quantentheorie befanden sich gerade in einer Wissenschaftskrise und das heißt in der Phase eines Übergangs zu neuen Formen der Darstellung, um das Atom noch besser und über das Wasserstoffatom hinaus denkmöglich zu machen. Deshalb zog Friedrich Hund den Tractatus logico-philosophicus von Ludwig Wittgenstein heran mit dem letzten Paragrafen: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“
Wer Grenzen in der Wissenschaft überwinden will, der muss die verfügbaren sprachlichen Möglichkeiten überschreiten. Also entweder kann man schweigen und darf sich dabei schlau fühlen, weil es noch keine Problemlösung gibt, oder aber man macht den Mund auf und versucht, in einer noch nicht gefundenen und nicht schon abgesicherten Sprache über das Neue zu stammeln. Niels Bohr entschied sich für die zweite Strategie. Friedrich Hund würdigte deshalb noch im Alter von 95 Jahren den philosophischen Geist des dänischen Physikers. Im Vergleich zu Arnold Sommerfeld erblickte er in dem Dänen einen besonderen Typus von Wissenschaftler. Dadurch fällt aber auch ein bisher weniger beachtetes Licht auf Professor Hund selber. Der namhafte Akteur der Quantenrevolution und geachtete Historiker der Physik kultivierte nicht zuletzt in einem späten biografischen Interview am Beispiel der Bohr-Festspiele von 1922 eine Auffassung von Wissen, die nicht die Kontinuität überbetont, sondern die Diskontinuität herausstellt. In der Tat: Die neue Perspektive der Quantentheorie, dass die Elektronen in der Atomhülle auf sprunghafte Weise die Bahn wechseln, war in der Geschichte der Naturwissenschaften selber ein qualitativer Sprung. Ein Quantensprung der Wissenschaft. Wie die Perspektive der Quantentheorie seit Beginn des 20. Jahrhunderts in der Physik und Chemie an Boden gewann und sich dabei selber veränderte, erforschte Friedrich Hund während der Seniorenzeit in dem Buch „Geschichte der Quantentheorie“ (1967). Als ich im Juni 1991 von Leipzig nach Göttingen zum Interview fuhr, war mir bewusst, dass Professor Hund ein wichtiger Akteur der Quantenrevolution war. Seine Spezialstrecke während der Weimarer Republik waren Molekülbau und chemische Bindung. Nach dem Wechsel in den Ruhestand schrieb Friedrich Hund sowohl über die Geschichte der Göttinger Physik als auch über die Frühzeit der Atomphysik. Was mir zum Zeitpunkt des denkwürdigen Interviews in Göttingen nun aber nicht bekannt und bewusst war, das ist etwas anderes: Der amerikanische Wissenschaftsphilosoph Thomas S. Kuhn und der in Göttingen lebende Physiker arbeiteten 1962/63 bei der Durchführung von Zeitzeugeninterviews zur Geschichte der Quantentheorie gut zusammen.
Am 17. Oktober 1962 waren beide nach Bad Pyrmont gefahren, um Max Born, den Lehrer von Friedrich Hund, zur Geschichte der Quantentheorie zu interviewen. Das ist umso wichtiger, weil der amerikanische Philosoph jener große Denker ist, der die sogenannte kumulative Auffassung von Wissenschaft in die Rumpelkammer stieß. Der Physik-Absolvent von Harvard hatte nach seinem Wechsel in die Wissenschaftsgeschichte von sich reden gemacht, indem er erst eine Fallstudie über „Die kopernikanische Revolution“ (1957) schrieb und dann aber noch 1961 einen Essay aus dem Boden stampfte, der zum Bestseller aufstieg und den Verfasser über die Zunft der Philosophen hinaus weltberühmt machte: „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“. Der Grundgedanke von Kuhn ist der, dass wir „in der komplexen Kooperationspraxis der Wissenschaften nicht immer einfach stetig fortschreiten“, wie Pirmin Stekeler im Band „Gegenwart“ im Rahmen der „Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung“ formuliert. Man kann auch sagen, dass es in den fundamentalen Dingen einer Wissenschaft keinen Einheitsboden unter den Füßen gibt, wie Werner Heisenberg am 27. Februar 1962 in München im Dialog mit Thomas S. Kuhn formulierte, weil man leider nicht hoffen kann, dass „diese fundamentalen Dinge immer gleich bleiben“. Wenn ich im Juni 1991 als halber Philosoph und halber Journalist die Reise in eine wissenschaftliche Revolution unternahm, dann trat ich, ohne es bereits zu wissen, in die Fußstapfen des amerikanischen Wissenschaftsphilosophen. Thomas S. Kuhn interviewte Friedrich Hund am 25. und 26. Juni 1963 in Göttingen. Das Interview kann auf den Seiten des Amerikanischen Instituts für Physik von Jedermann rund um den Globus ebenso nachgelesen werden wie die ausführlichen Interviews mit Niels Bohr und Werner Heisenberg. Ich war ein kleiner und bescheidener, aber zäher Nachahmer des meisterhaften Interviewers Thomas S. Kuhn, wenn ich Friedrich Hund im Frühjahr 1991 erst einen zehnseitigen Brief mit Fragen zur Beziehung von Philosophie und Naturwissenschaft im Umfeld von Heisenbergs Leipziger Physikerschule schickte und dann mit dem Zug von Leipzig nach Göttingen für zwei Tage zum Interview zu dem wohl letzten Gelehrten fuhr, der noch aus erster Hand und höchst lebendig von den Bohrfestspielen 1922 in Göttingen erzählen konnte.
Im langen Gespräch mit Friedrich Hund redete ich am 12. und 13. Juni 1991 nicht nur über Wissenschaft, sondern ebenfalls über die Situation der Wissenschaftler in der NS-Diktatur und unter amerikanischer sowie sowjetischer Besatzung nach dem Krieg. Am 17. Mai 1991 hatte mir Friedrich Hund auf meine Anfrage mit einem zweiseitigen Brief geantwortet: „Wenn Sie meinen, dass ein Gespräch die besondere Atmosphäre jener glücklichen, später bedrückenden Zeiten in Leipzig aufhellen könnte, und auch die Konflikte und Möglichkeiten des Lebens unter einer Diktatur verständlich machen könnte, so bin ich dazu bereit.“ Das war die Einladung verbunden mit einem Konzept des Interviews: Reden wir über die glücklichen Zeiten der Wissenschaftsfreiheit in der Demokratie und über die bedrückenden Zeiten der NS-Diktatur, aber auch über die Gratwanderung tüchtiger Professoren durch die Diktaturen hindurch. Wir sprachen im Verlauf des Zeitzeugeninterviews zum Schluss folglich auch über meine eigene kommunistische und marxistische Vergangenheit im SED-Staat der DDR. Immerhin stand vor mir im Juni 1991 die bange Frage im Raum, wie mit der Erblast eines totalitären Staates im geistigen Gepäck in der neuen Welt und an der Universität zu überleben sei: Durch Schweigen und Verdrängen oder durch Reden und wenigstens durch ein leises Stammeln über Irrtum und Schuld? Der betagte, aber jung gebliebene Gelehrte in Göttingen sagte mir für den Sender Sachsen Radio nach seiner Kritik der gescheiterten Ismen – wie Positivismus und Marxismus – dann etwas ins Mikrofon, das mich damals sehr überraschte: „Aber die marxistische Art zu denken ist auch hier im Westen weit verbreitet. Heute werden viel mehr - das geht mehr von Amerika aus - die soziologischen und gesellschaftlichen Hintergründe der Wissenschaftsentwicklung erforscht. Gewiss ist das eine Zeitfolge. Erst musste man zum Beispiel bei Newton den wissenschaftlichen Gehalt durch die in Büchern und Aufsätzen publizierten Arbeiten erforschen; jetzt kann man herausbekommen: Unter welchen Bedingungen hat denn Newton gelebt? Unter welchen Umständen hat der und der Wissenschaftler gelebt? Diese Art zu fragen, ist sicher gefördert worden durch die russische und durch die in der DDR übliche marxistische Betrachtungsweise. Das müssen Sie sich bewahren. Es ist nicht nötig, dass alle Universitäten das Gleiche lehren. Sie können eine andere Geschichte, Sie können eine andere Philosophie lehren. Das ist auch hier der Fall. In Bremen kriegen sie auch eine andere Physik gelehrt als an anderen Universitäten. Diese Vielgestalt wollen wir doch haben. Das ist das Recht der Länder.“ Wie Niels Bohr beim Neubau der Theorie in der Physik auf einem „weisen Konservatismus“ bestand, so auch Friedrich Hund beim kritischen Sichten der marxistischen Vergangenheit. Aus heutiger Sicht würde ich denken, dass Professor Hund bei der Rede über die soziologischen Hintergründe der Entwicklung von Wissenschaft vor allem an Thomas S. Kuhn und dessen mit den Ideen von Marx gut zu vereinbarendem Modell der Wissenschaftlergemeinde dachte. Der amerikanische Philosoph und Historiker der Wissenschaften war es, der auf überzeugende Weise herausstellte, dass nicht zuletzt in der Naturwissenschaft nie nur Wissen, sondern immer auch Glauben steckt. Selbst die messenden Wissenschaften sind kein vorurteilsfreies Land, sondern eine gemeinsame Praxis rivalisierender Gemeinden mit je verschiedenen Vorurteilen. Das zu bedenken, ist nicht unwichtig, wenn man als Journalist auf dem Feld der Wissenschaft erst bei dieser und dann bei der konträren Gruppe als Fragender unterwegs ist.
Mein Interview wurde am 30. Oktober 1991 ab 20. 05 Uhr von Leipzig aus durch den Sender Sachsen Radio im Umfang von 110 Minuten unter dem Titel „Hund im Gespräch“ gesendet. Zur besten Sendezeit. Das empfand ich als einen Paukenschlag der Meinungsfreiheit und als einen guten Auftakt bei meinem Weg in eine freiheitlich-demokratische Ordnung. Nachts hatte ich im Funkhaus Springerstrasse an der großen Bandmaschine gesessen und das lange Interview geschnitten. Redakteur und Mentor dieses Projektes, in dem Friedrich Hund in Göttingen über seine frühen Leipziger Jahre erzählte, war Hansdieter Hoyer von Sachsen Radio. Er wusste, dass es um das Bauen von Brücken zwischen Ost und West und um ein Beispiel wahrhaftigen wie präzisen Erinnerns geht. Auch wenn ich noch als Philosoph an der Universität tätig war, mit dieser Sendung im Herbst 1991 begann ich den Absprung in den Journalismus. Aber zuvor geschah etwas sehr Schönes: Während der Konferenz „Werner Heisenberg als Physiker und Philosoph in Leipzig“, die in der Schirmherrschaft durch Carl Friedrich von Weizsäcker stattfand, durfte ich am 12. Dezember 1991 aus dem Interview eine Passage vorstellen. Das bewegende Stück Originalton, in dem Friedrich Hund über die Bohrfestspiele und über den erst 20-jährigen Heisenberg berichtete. Immerhin war Friedrich Hund selber dabei, als Heisenberg in der Diskussion nach der dritten Vorlesung aufstand und dem großen Bohr eine kritische Frage stellte, die dieser nicht schlüssig beantworten konnte. Aus der eigenen Erinnerung und Anschauung heraus sagte Professor Hund, als würde er gerade sehen wie Heisenberg zum Widerspruch aufsteht: „Sommerfeld brachte da einen Jungen mit, der aussah wie ein Schulbub: Heisenberg. Der redete auf einmal in der Diskussion mit. Bohr merkte sofort, was dahinterstak und machte mit ihm einen großen Spaziergang. Das steht alles bei Heisenberg in seinen Lebenserinnerungen geschrieben. Auch Born sagte mir hinterher: 'Diesen Heisenberg müssen wir nach Göttingen kriegen!'“ Sie entsteht im Streit, die Wissenschaft. Ein Spaziergang beider Streithähne der Bohr-Festspiele zum Hainberg wurde notwendig. Bei dieser privaten Diskussion in Göttingen wurde im Juni 1922 eine geistige Freundschaft zwischen Bohr und Heisenberg begründet. Trotz der schweren Prüfungen durch die spätere NS-Diktatur und vor allem durch die Bombenforschung im Zweiten Weltkrieg - hier in Amerika und dort in Deutschland – wurde diese Freundschaft auf harte Bewährungsproben gestellt. Aber auf Grund des intensiven Miteinanders beim Vollzug einer wissenschaftlichen Revolution während der Suche nach der gültigen Gestalt der Quantenmechanik zerbrach diese Partnerschaft nie wirklich, obwohl viele Leute das im Nachhinein behaupten, weil im Krieg prekäre Missverständnisse entstanden sind. Gemäß des Rats von Friedrich Hund interviewte ich Anfang 1992 noch Hans-Georg Gadamer in Heidelberg zu seiner Freundschaft mit Heisenberg und zu seiner Deutung des antiken Atomismus. Dann kam bei mir der Zeitpunkt des Abschieds von der geliebten Universität. Beim Wechsel von der Alma mater in den Beruf des freien Journalisten hatte ich 1993 nun aber etwas Großartiges im Gepäck: Einen Begriff der wissenschaftlichen Revolution, der sowohl auf Thomas S. Kuhn als auch auf Friedrich Hund zurück geht. Eine wichtige geistige Hilfe, um in der aufstrebenden mitteldeutschen Wissenschaftslandschaft fortan nach spannenden Geschichten mit überregionaler Geltung zu suchen.
Stand 27. Oktober 2016