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Die verlassene Schule bei Tschernobyl - Lost Place

Nic

Am 26. April 1986 kam es im Atomkraftwerk Tschernobyl zu einer der schlimmsten Nuklearkatastrophen. Die freigesetzte Radioaktivität entsprach dem zehnfachen der Atom-Bombe von Hiroshima 1945. Erst drei Tage später wurde die 3 km entfernte Stadt Prypjat evakuiert und alle Bürger mussten ab 14 Uhr "vorübergehend" ihren Wohnort verlassen. Seither ist die Mittelschule der Stadt verwaist.

30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Doch genau die machen den Ort sehenswert. Der Großteil der Mittelschule ist in einem unberührten Verfallszustand. Die Wände verlieren ihre Farbe, die alten Schulbücher erinnern an den einstigen Schulalltag. Das Heft zeigt Klassenräumen, Flure, die Turnhalle und die große Schulaula.

Das Heft bietet in der Mitte ein doppelseitiges Poster.

ISBN: 978-3-86397-121-2

Preis: 3,00 €

Karl Heine

Karl Heine

Angelika Pohler

Dr. Karl Heine Foto: ca. 1885
Dr. Karl Heine Foto: ca. 1885

Eine der bedeutenden Persönlichkeiten, die die Stadtentwicklung im Leipziger Westen nachhaltig geprägt hat, ist Karl Heine. Zu Recht bezeichnet man ihn als den „Schöpfer der Leipziger Westvorstadt". Er stellte sich selbst große Aufgaben und Herausforderungen: war ein technikbegeisterter Industriegründer, Mitglied im Verein deutscher Ingenieure, Mitbegründer des Plagwitzer Bauvereins, Aufsichtsrat der Leipziger Hypothekenbank, Stadtverordneter, Abgeordneter im sächsischen Landtag sowie 2 Jahre lang Abgeordneter im Deutschen Reichstag, war Mitglied der Freimaurerloge Apollo, ein begeisterter Eisenbahnpionier und der erste Visionär der Wasserstadt Leipzig.

Karl Heine wurde am 10. Jan. 1819 in Leipzig geboren. Als heranwachsender Knabe stellte er seine ersten Beobachtungen auf den wald- und wiesenreichen Fluren des väterlichen Rittergutes Neuscherbitz, dem heutigen Gut Gundorf, an. Dort leitete er Bäche um, grub Kanäle, errichtete Wehre und Mühlräder. Im jugendlichen Alter beschäftigte er sich in ernsterer Weise mit den Dingen, die in den Kinderjahren seine Phantasie beflügelt hatten, und damit war seinem Leben Richtung, Ziel und Inhalt gegeben. Wenn Heine auch ein braver Schüler der Thomasschule war, in den freien Stunden zog es ihn immer hinaus zum praktischem Tun und Treiben, und schon der 17 jährige entwässerte Wiesen und legte Teiche trocken. Das Studium der Rechtswissenschaft und der Volkswirtschaftslehre an der Leipziger Universität vermochte Heine nicht auf Dauer von der Lösung technischer Aufgaben abzubringen. Er erwarb zwar die juristische Doktorwürde und ließ sich als Rechtsanwalt nieder, aber sein Arbeitsfeld war nicht die haarspaltende Entscheidung aller möglichen und unmöglichen Rechtsfälle, sondern das praktische Tun.

Karte von K.Heines Unternehmungen - von ihm angelegte Straßen sind braun dargestellt.
Karte von K.Heines Unternehmungen - von ihm angelegte Straßen sind braun dargestellt.

Die erste Anregung zu erfolgreicher Tätigkeit wurde ihm durch die Beschaffenheit und Lage des Eigentums seiner Mutter, Frau Christiane, Dorothea Heine, geb. Reichel gegeben. Ihr gehörte der Reichelschen Garten (ehem. Apels Garten), ein damals umfangreiches Gelände, das durch den Pleißemühlgraben von der Promenade getrennt, aber mit vielen Wassergräben, Tümpeln und Sümpfen bedeckt war, wodurch die Bebauung dieses Grundstücks unmöglich war. Durch das feuchte und ungesunde Klima im Leipziger Westen traten sogar Malariafälle auf, auch das war ein Grund zur Veränderung der Wasserläufe. Heine begann schon im Jahr 1841 mit den Plänen zur der Trockenlegung, erwarb auch die Nachbargärten und begann 1844 sein Werk mit dem Bau der Pleißenbrücke unweit der Pleißenburg. Durch unterirdische Kanäle (Dränagerinnen) wurde das Areal trockengelegt.

Der erste Bauplatz ging an die katholische Gemeinde, die sich an diesem repräsentativen Ort eine Kirche, St. Trinitatis, die erste katholische Kirche in Leipzig nach der Reformation, errichtete. Dieses Bauvorhaben war mit dem sächs. König abgestimmt, bevor der Rat der Stadt Leipzig um Genehmigung gefragt wurde.

Daneben erbaute Karl Heine ein großes Wohnhaus mit 3 Etagen, mehreren Eingängen und Treppenhäusern. Das nach seiner zur Promenade geöffneten Form wegen „Hufeisen" genannte vierstöckige Haus bot Platz für 34 Mieter und setzte neue Maßstäbe im Wohnungs-bau. Es hatte die erste Leipziger Privatwasserleitung für Küchen und Badewannen, indem Arbeiter täglich Bassins auf dem Dachboden voll Wasser pumpten.

Karl Heine heiratete am 10. September 1843 Doris Trinius und wohnte mit den 1844 und 1847 geborenen Töchtern selbst im „Hufeisen". Dieses Haus ist ebenso wie die katholischen Kirche und viele weitere Häuser des ehemaligen Leipziger Westviertels im II. Weltkrieg von Bomben zerstört worden.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie Heine waren in den Krisenjahren 1847 - 49 sehr angespannt. Durch die Aufnahme von Hypotheken führte er seine Unternehmungen weiter. Einige Einnahmen kamen aus „Heines Waschanstalt" in der Wiesenstraße (heutige Gustav-Mahler-Straße) am Kuhstrangwasser. Solche Waschhäuser waren eine damals übliche Einrichtung, und ihre Waschküchen, Trockenböden und -plätze wurden tageweise vermietet und lange vorbestellt. Karl Heine erweiterte seine Waschanstalten mit einem Kesselhaus und Schornstein sowie der Installation einer neuen technisch modernen und leistungsstarken Dampferzeugungsanlage. Diese Investition erwies sich als sehr erfolgreich, weil auch die danebenliegende Fabrik für ätherische Öle und Essenzen (ab 1859 in Heines Besitz) mit Dampf versorgt werden konnte. Heines Aroma-Fabrik wurde auf der Weltausstellung 1862 in London ausgezeichnet. Sie nahm „in der Fabrikation von natürlichen und künstlichen Riechstoffen für die Parfümerie- und Seifenbranche die erste Stelle unter den deutschen Fabriken ein".

Der Karl-Heine-Kanal heute - am Stelzenhaus
Der Karl-Heine-Kanal heute - am Stelzenhaus

Parallel zu diesem Unternehmen füllte Karl Heine auch die Weststraße auf, welche die Verbindung mit der Lindenauer Chaussee und in ihrer Fortsetzung als Waldstraße mit dem Rosentale herstellte. Er überbrückte die Elster, bebaute die neue Straße mit einer Anzahl Häuser, legte weitere Straßen an und schuf damit das Westviertel. Wenn man erwägt, dass die neuen Straßen bis zu 2 m hoch aufgeschüttet werden mussten, so begreift man, dass die Heranschaffung mehrerer Millionen Kubikmeter trockener Erde notwendig war, die aber von den Wiesen im Leipziger Westen nicht zu haben war.

So richtete Karl Heine sein Augenmerk weiter gen Westen auf die in der Plagwitzer Flur gelegenen Grundstücke, kaufte sie und verwendete die Erde zum Auffüllen. Durch Plagwitz zieht sich ein kleiner Altgebirgskern aus Grauwacke (entstanden aus Quarzsand vor 570 Mio. Jahren) - heute noch sichtbar am Karl-Heine-Kanal in Höhe des Stelzenhauses. Diese Grauwacke war als Schotter ein ideales Material für den Straßenbau. Das Problem lag dabei im Transport. Da zu dieser Zeit Plagwitz nur über Lindenau und die Frankfurter Allee mit Leipzig verbunden war, hätte der Transport auf dem Landweg, abgesehen von den Kosten, zu viele Schwierigkeiten verursacht und zu viel Zeit in Anspruch genommen. Der erfindungsreiche und tatkräftige Karl Heine beschloss infolgedessen, sich bis in die neuerworbenen Grundstücke eine Wasserstraße anzulegen. Er begann mit der Erbauung eines Kanals, für welchen er Boote mit einer Tragfähigkeit von 3000 Zentnern herrichtete, ließ sich einen kleinen Schleppdampfer konstruieren und auf diesem bequemen und billigen Wege transportierte er Millionen von Raummetern geeigneten Materials in die neuen Straßen Leipzigs. Es schien so, als sollte der Traum von der „Seestadt Leipzig" in Erfüllung gehen, denn sonn- und feiertags fuhr der Dampfer Neptun die Leipziger Bevölkerung auf der Elster nach Plagwitz / Lindenau. Der Bau des Kanals schritt langsam vorwärts und je größer der Bedarf an Auffüllmaterial wurde, desto weiter gedieh dieses neue Werk und umso mehr reifte der Plan, den Kanal weiterzuführen und eine direkte Verkehrsstraße zwischen der Elster und der Saale zu gestalten.

Denn darin gipfelten die wirtschaftlichen Ansichten Karl Heines, dass er den produktiven Wert der Arbeit in seinem vollen Umfang erkannt hatte. Es war ihm nicht genug, das in Plagwitz gewonnene Material zum Bau neuer Straßen zu verwerten. Die Arbeit, welche das Erdreich von seiner früheren Stätte löste, musste vielmehr gleichzeitig auch an dieser Stelle neue Werte schaffen, den Kanal.

Karl Heine begann 1855 in Plagwitz mit neuen Unternehmungen. An der Zschocherschen Straße erbaute er für seine umfangreiche landwirtschaftliche Ökonomie neue Gebäude, in denen er eine Musterwirtschaft im besten Sinne des Wortes errichtete, was den Direktor der landwirtschaftlichen Schule in Lützschena, Dr. Vogeley, bewog, mit seinem Institut nach Plagwitz überzusiedeln. Die Schule erfreute sich eines guten Rufes und zog eine große Anzahl Schüler an. Interessant ist, dass diese Schule später vom Staat übernommen und mir der Universität Leipzig vereinigt wurde.

Die König-Johann-Brücke über den Kanal in der Zschocherschen Str., ca. 1863
Die König-Johann-Brücke über den Kanal in der Zschocherschen Str., ca. 1863

Auch in Plagwitz erwies sich Karl Heine als Pionier und baute Straßen und Wohnhäuser. Doch das Wichtigste war ihm eine direkte Verbindung von Plagwitz nach Leipzig. Es war die Straße (heutige Käthe-Kollwitz- / Karl-Heine-Straße), die er erst nach 12 Jahren und nach vielen Kämpfen mit der Stadt Leipzig fertigstellen konnte. Um eher an dieses Ziel zu kommen, holte sich Karl Heine Rückhalt vom sächsischen König und ließ von seinen Arbeitern nachts eine Schneise durch das städtische Gehölz schlagen, um einen kürzeren Weg von Leipzig nach Plagwitz zu schaffen. Bisher war Plagwitz nur über Lindenau (damals Frankfurter Chaussee, heutige Jahnallee) erreichbar. Dafür musste er ein Bußgeld von 30 Talern zahlen. Um über die Elster zu kommen, errichtete er eine Pfahljochbrücke, die zu Fuß, aber nicht für Fuhrwerke passierbar war.

Der sächsische König Johann besuchte 1862 die Stadt Leipzig und zeigte großes Interesse an Karl Heines Unternehmungen. Er ließ sich von ihm die neue Westvorstadt mit der katholischen Kirche zeigen. In der königlichen Kutsche fuhren sie gemeinsam durch die Weststraße zur Frankfurter Straße (heutige Jahnallee), zum Betriebsbahnhof der Omnibus-Linie und weiter zur Heiligen Brücke über die Elster. Dabei berichtete Karl Heine dem König über die Trockenlegung des Gebietes und das Anlegen der Straßen. Zu Fuß ging es weiter über die Pfahljochbrücke der Elster und Karl Heine hatte für den König auf der anderen Seite, seinem Plagwitzer Wirkungsfeld, ein besonderes Empfangskomitee bestellt. Zusammen gingen sie die Leipziger Straße (heutige Karl-Heine-Straße) entlang zur Landwirtschaftlichen Lehranstalt in der Elisabeth-Allee (heutige Erich-Zeigner-Allee). Der Direktor Vogeley hielt dort eine Rede über den Aufschwung des Dorfes Plagwitz durch Karl Heine, „obwohl dem Ort eine direkte Fahrstraße von und nach Leipzig immer noch vorenthalten werde". Der König besichtigte weiter das Sägewerk und die Ziegelei, deren technischer Fortschritt ihn überzeugte. Der weitere Weg führte zur fast fertigen Kanalbrücke an der Zschocherschen Straße. Karl Heine bat darum, der Brücke nach Fertigstellung des Königs Namen  geben zu dürfen. Außerdem erläuterte er dem König seine Ideen zur Schifffahrt und die des Elster-Saale-Kanals mit Verbindung zur Elbe bis nach Hamburg und verwies auf deren wirtschaftliche Nutzung. Die Besichtigung setzte sich mit einer Fahrt auf der Elster in einem geschmückten Transportkahn fort und endete an der Heiligen Brücke, wo die Kutsche des Königs wartete. Zwei Tage später, nachdem sich der König noch ausführlicher über Karl Heines Pläne und Unternehmungen informiert hatte, folgte eine Einladung zum Diner in das Königliche Palais. In einem Festakt ehrte der sächsische König Johann Karl Heine für seine Verdienste in der Gewerbeentwicklung mit dem Ritterkreuz des Albrecht-Ordens.

Erst 1868/69 konnte Karl Heine endlich die lang ersehnte, 18 Ellen breite Brücke auf steinernen Pfeilern über die Elster bauen und verband damit Plagwitz mit Leipzig. Beim Bau der Brücke beteiligte sich Karl Heine mit 3.000 Talern an den Kosten.

Karl-Heine-Villa in der Könneritzstraße
Karl-Heine-Villa in der Könneritzstraße

Plagwitz verdankt ihm sein erstes steinernes Haus (heutige Buchhandlung Grümmer), das erste große Schulgebäude, verschiedene geschäftliche Unternehmungen, z.B. zwei große Ziegeleien und die Fabrik zur Farbholzverarbeitung. Plagwitz blühte mit Karl Heines Zutun auf, die Einwohnerzahlen stiegen rasch an: 1855 von 387 Einwohner auf 13000 zu seinem Lebensende 1888. Als das Plagwitzer Gebiet fast vollständig verplant und bebaut war, gab er sein Gut in der Zschocherschen Straße und seine Villa in der Eduardstraße auf. Dafür kaufte er das ehemalige Postgut (Lütznerstraße 164, heute Ärztehaus gegenüber dem Busbahnhof) und andere Ländereien in Lindenau sowie große Teile in Schleußig. Seine landwirtschaftliche Ökonomie verlagerte er in das ehemalige Postgut, dem späteren Standort der Leipziger Westend-Baugesellschaft.

Karl Heines erste Frau Doris war schon 1858 verstorben und zehn Jahre danach heiratete er seine zweite Frau Friderike geb. Bamberg. Mit ihr hatte Karl Heine drei Kinder. Sein letztes Haus errichtete er 1874 am Zusammenfluss von Weißer Elster und Rödel in Schleußig (Könneritzstraße / Ecke Ernst-May-Straße). Es ist im Stil einer italienischen Villa angelegt und da es von drei Seiten vom Wasser umgeben war, erprobte Karl Heine neue bautechnische Methoden, um die Mauern trocken zu halten. Heute fließt das Rödelwasser nicht mehr, es ist verlegt bzw. zugeschüttet worden. Auch in Schleußig entstanden durch Karl Heine die ersten breiten Straßen.

Karl Heine, der die Transportwege als das Wichtigste für Gewerbe und Industrie ansah, hatte schon früh nach Möglichkeiten gesucht, Plagwitz mit dem Güterbahnhof der Sächsisch-Bayrischen Eisenbahn zu verbinden. 1865 - acht Jahre vor der Eröffnung des Plagwitz-Lindenauer Bahnhofs - entwickelte Karl Heine schon seine Vorstellungen für eine planmäßige Anlage von Gütergleisen. Er wollte, dass „durch Abzweigungen vom Bahnhof aus alle Wagen direkt ohne Umladung nach den von mir anzulegenden Zweigbahnen geführt werden können". Nach dem Friedensvertrag von 1866 wurde 1871 der erste Spatenstich für den Bahnhof Plagwitz/Lindenau gemacht. Mit der Bahngesellschaft handelte Karl Heine einen Vertrag über den Anschluss von vier Gleisen aus, die durch die Industriebebauung von Plagwitz führten und in Ladestellen enden. Damit entstanden die für Plagwitz typischen Gleisschluchten. Ab 1885 konnten die anfallenden Transporte nicht mehr bewältigt werden. Eine Erweiterung und Modernisierung wurde nötig und Karl Heine verkaufte die gesamten Gleisanlagen in Plagwitz, Lindenau, Kleinzschocher und Schleußig an die sächsische Staatseisenbahn. Seine Güteranlagen nahmen eine Fläche von 62.000 m² ein und der Kaufpreis betrug 832.740 Mark. Davon gingen 600.000 Mark zur Schuldentilgung an die Banken und Karl Heine wurde erstmals seine finanziellen Sorgen los.

Plagwitz aus der Vogelschau - mit Leipziger Str., heute Karl-Heine-Str.
Plagwitz aus der Vogelschau - mit Leipziger Str., heute Karl-Heine-Str.

Ab 1884 spürte Karl Heine selbst das Nachlassen seiner Kräfte und er legte das begonnene Kanalbauprojekt in die Hände des von ihm initiierten „Elster-Saale-Canal-Vereins", dem ca. 50 interessierte Industrielle und Kaufleute angehörten. Es war ihm klar, dass er den Kanalbau allein nicht schaffen konnte. Weitere Brücken wurden 1880 fertig, die Gießerbrücke und eine Eisenbahnbrücke. 1885 folgte die Friedrich-August-Brücke in der Engertstraße. Bis zur Gießerbrücke stand schon das Wasser im Kanal und die Schachtarbeiten bis unterhalb der Spinnerei waren im Gange, dauerten aber noch zwei Jahre. Etwa 250 Arbeiter waren nötig, um die Kanalrinne auszuheben sowie die Böschungen und Mauerwerke anzulegen.

Im Jahr 1886 stellte Karl Heine fest, dass er 30 Jahre lang für die "internationale Binnenschifffahrt und die Notwendigkeit einer Wasserstraße für Leipzig" gekämpft hatte, aber leider vergeblich.

Das letzte Teilstück des Kanals bis zur Baumwollspinnerei in Lindenau wurde 1887 fertig. Für die Flutung am 26. Nov. dachte sich Karl Heine etwas Besonderes aus und lud zu einem großen „Arbeiterfest" mit Festessen und Ball am Abend für 700 Gäste ein. Der Grund für dieses große - durchaus nicht übliche - Fest ist nicht bekannt. Die Vermutung liegt nahe, dass er seine Freude über das geschaffte Werk auch mit seinen treuen Arbeitern teilen wollte. Im Nachhinein wird bewusst, dass dieses Fest das letzte große Auftreten Karl Heines in der Öffentlichkeit war.

Im Januar 1888 erlitt Karl Heine einen schweren Herzanfall. Er begann sein Lebenswerk zu ordnen und gründete im Mai 1888 die „Leipziger Westend-Baugesellschaft" (LWB), in der sein Werk von den engsten Mitarbeitern, seinem Sohn und den Schwiegersöhnen, weitergeführt werden sollte.

Karl Heine starb am 25. Aug. 1888 in seiner Villa in Schleußig.

Es kann nicht wundern, dass ein Mann mit solcher Bedeutung wiederholt von seinen Mitbürgern mit der Wahrung ihrer Interessen im Landtag und Reichstag betraut wurde. So war Karl Heine von 1869 bis 1881 Abgeordneter des 23. Landtagswahlkreises (Ostbezirk Leipzig-Land), seit 1881 Vertreter des 3. Wahlkreises der Stadt Leipzig in der 2. Kammer. Von 1874 bis 1877 gehörte er dem Deutschen Reichstag an.

Karl Heine war ein charakterfester Mann, der seinen eigenen Intensionen folgte, der durch Ausdauer, Überzeugungstreue und rastlose Tätigkeit Großes geschaffen hat.

 

Blick auf das Leipziger Westviertel ca. 1860, im Vordergrund das „Hufeisen" neben der katholischen Kirche St. Trinitati.

Karl-Heines-Waschanstalt in der Wiesenstraße, heute Gustav-Mahler-Straße, die spätere Aromafabrik.


Die 1858 erbaute Pfahljochbrücke über die Elster - die erste Verbindung nach Plagwitz.

 

Bildnachweis:

Fotos historisch aus dem Buch: „1888 - 1938 Leipziger Westend Baugesellschaft Leipzig"  Festschrift, Hg. Leipziger Westend Baugesellschaft 1938, Besitz: A. Pohler, Fotos G. Mitter

Foto Stelzenhaus: A. Pohler

Foto Karl-Heine-Villa: Archiv U. u. H. Drechsel

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