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Sesenheimer Liebeslyrik

Florian Russi

Während seines Studiums in Straßburg lernte Johann Wolfgang von Goethe die Sesenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion kennen. Die beiden verliebten sich ineinander und Goethe wurde durch Friederike zu wundervollen Gedichten angeregt.

Einige von ihnen (Heideröslein, Mailied, Willkommen und Abschied u. a.) zählen zu seinen besten und beliebtesten überhaupt. In diesem Heft sind sie vorgestellt und mit Bildern und Erläuterungen angereichert.

Goethes Nachfahren

Goethes Nachfahren

Dipl.-Päd. Ursula Brekle

Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Foto: Deutsche Fotothek.
Goethes Wohnhaus am Frauenplan. Foto: Deutsche Fotothek.

August von Goethe, geb. am 25.12.1789 in Weimar, überlebte als einziges Kind von fünf Kindern, die dem Vater Johann Wolfgang von Goethe von Christiane geboren worden sind. August arbeitete viele Jahre tüchtig und zuverlässig im Weimarischen Staatsdienst, zuletzt als Geheimer Kammerherr. Seinem Vater war er ein sachkundiger Helfer, litt aber an der unselbstständigen Stellung.

1817 heiratete er Ottilie Freiin von Pogwisch (1796-1872). Die Ehe wurde bald schwierig, der Ehealltag war voller Probleme. Während die kapriziöse Ottilie sich in wechselnde Liebschaften stürzte, lebte August seinen Hang zum Alkohol immer häufiger in den Wirtshäusern Weimars aus. Gemunkelt wurde, August suche auch bei bestimmten „Weibern“ Wärme, die er im kalten Ehebett nicht fand. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor:

Walther Wolfgang von Goethe (1818-1885) wurde als ältester Enkel von Johann Wolfgang von Goethe geboren. Wolfgang Maximilian von Goethe (1820-1883), genannt „Wolf“ oder „Wölfchen“, avancierte zum Lieblingsenkel des Großvaters. Nach der Geburt der einzige Tochter im Jahre 1827, so berichtet Ottilie, „beugte er [der Großvater] sich mit auf den Rücken zusammengehaltenen Händen, wie es seine Art war, zu ihrer Wiege hinab und sagte, nachdem er sie lange freundlich betrachtet hatte: ‚Alma‘ soll sie heißen.“ Alma starb jung auf einer Reise in Wien, einen Monat vor ihrem 17. Geburtstag.

Johann Wolfgang von Goethe 1822. Gemälde von Heinrich Christoph Kolbe (1771 – 1836).
Johann Wolfgang von Goethe 1822. Gemälde von Heinrich Christoph Kolbe (1771 – 1836).

Johann Wolfgang von Goethe war glücklich, die Enkel im gleichen Haus zu haben, um die herrschende Lebendigkeit und Fröhlichkeit mit ihnen zu teilen. Wärme und Zuneigung sprechen aus Goethes Tagebucheinträgen, zum Beispiel: „Mit Walther zweiten Vers des Fischers gelesen und gesungen – Mit Wolf die Albrecht Dürerschen Steindrücke besehen – Walther die Geschichte des Siebenschläfers erzählt - Erste Märzglöckchen durch die Kinder entdeckt. - Mit Wölfchen die Kalender und Himmelszeichen durchgegangen und den Orion und Sirius gewiesen – 1001 Nacht gelesen.“ In einem Brief an Marianne von Willemer schreibt Goethe: „...meine drei Enkel, zwei Knaben und ein Mädchen, sind wirklich wie heiteres Wetter, wo sie hintreten, ist es hell. Im Augenblick Freude, er sei wie er wolle! Und so wollen wir die guten Geister loben, die uns dergleichen Lichtlein angezündet haben.“

Ottilie blieb die besorgte Schwiegertochter und aufmerksame Gesellschafterin, interessierte sich für Goethes Arbeiten, las ihm vor, hielt ungebetene Gäste von ihm fern und sorgte für sein geistiges und leibliches Wohl. Sie liebte ihren Schwiegervater, so schrieb sie ihm: „Ich sende Ihnen hier das ‚Chaos‘ [eine Zeitschrift, die sie herausgab], bester Vater, doch wenn es auch in meinem Innern auf vielen Punkten chaotisch sein mag, so ist doch in einem Gefühl und einem Gedanken vollkommen Licht: in dem, Sie zu lieben und Ihnen anzugehören. Ihre ergebenste Tochter Ottilie.“

Grabmal August von Goethe.
Grabmal August von Goethe.

Der Sohn August von Goethe litt ab 1828 deutlich an allgemeiner Schwäche, kränkelte, fühlte sich körperlich und seelisch schlecht. Er hoffte, aus der Arbeit, die ihm über den Kopf wuchs, und aus der unglücklichen Ehe aussteigen zu können, indem er eine längere Reise nach Italien plante. In einem Gedicht zeigte August deutlich seinen Ärger:

„Ich will nicht mehr am Gängelbande

Wie sonst geleitet sein,

Und lieber an des Abgrunds Rande

Von jeder Fessel mich befrein...“

Erst im April 1830 gab ihm der Vater die endgültige Erlaubnis und August konnte nach Italien abreisen. Bald fühlte sich August besser, aber in Rom erkrankte er im August 1830 schwer. Hohes Fieber schüttelte ihn; er starb am 27. Oktober 1830. Er wurde auf dem protestantischen Friedhof in Rom neben der Cestius-Pyramide, die sein Vater gezeichnet hatte, begraben. Heutige Ärzte diagnostizieren auf der Grundlage der vorliegenden Berichte als Todesursache eine Gehirnhautentzündung in Verbindung mit einer schwer geschädigten Leber.

Ottilie von Goethe.
Ottilie von Goethe.

Ottilie nahm die Nachricht ruhig und gefasst auf. Als die Todesbotschaft Goethe überbracht wurde, schnitt er dem Überbringer Hofrat Vogel das Wort ab und sagte: „Als er fortging, gab ich ihn schon verloren!“ Goethe litt sehr, schrieb an den Freund Zelter: „Das Außenbleiben meines Sohnes drückt mich, auf mehr als eine Weise, sehr heftig und widerwärtig. Plötzlich...riss ein Gefäß in der Lunge und der Blutauswurf war so stark, daß, und wäre nicht gleich und kunstgemäße Hilfe zu erhalten gewesen, hier wohl die ultima linea verum sich würde hingezogen haben...“

Die Kinder lebten unbeschwert weiter, solange der Großvater für sie in allen Belangen sorgte.

Johann Wolfgang von Goethe setzte nun sein Testament neu auf. Er zitierte den Kanzler Friedrich von Müller herbei, um ihm die Vormünder seiner Enkelkinder vorzustellen, die August wohlweislich vor seiner Reise festgelegt hatte. Es waren Augusts Freunde Franz von Waldungen und Regierungsrat Carl Büttner, die er mit kritischem Blick auf Ottilie eingesetzt hatte. Kein Wunder, dass Streit mit der leiblichen Mutter Ottilie, die keinerlei Recht hatte, die Vormundschaft selbst zu übernehmen, über Jahre ins Haus stand.

Goethes 82. Geburtstag, am 28. August 1831, verbrachte er wunschgemäß nur mit seinen Enkeln. Er hatte eine Ausfahrt in den Thüringer Wald organisiert. An eine Freundin schrieb er: „Die Feier meines Geburtstagsfestes war diesmal zu meiner Beschämung brillant. Ich, der ich es voraussah, entzog mich in ein heiteres Bergstädtchen am Thüringer Wald, wo ich vor vierzig-fünfzig Jahren manches Erfreuliches und Leidige, soviel Glückliches als Widerwärtiges erlebt hatte...Diese Einblicke ...wurden erhöht und belebt...dadurch, dass ich meine Enkel mitgenommen hatte. Diese lieben Wesen und Neulinge drangen, ohne poetische Vehikel, in die ersten, unmittelbaren Zustände der Natur...“

Am 20. März 1832 erlitt Johann Wolfgang von Goethe einen schweren Herzinfarkt; er starb am Mittag des 22. März 1832, um halb Zwölf. „Mehr Licht“, sollen seine letzten Worte gewesen sein.

In seinem Testament hatte Goethe seine Enkel als Universalerben eingesetzt. Sie erben den gesamten Besitz, Immobilien, mobiles Eigentum und Kapital. Dazu gehörten weiter das Archiv und die Sammlungen. Ottilie erhielt jährlich 300 Taler als Unterhalt. Bis zur Volljährigkeit der Enkel konnten die Vormünder für deren Erziehung und Ausbildung 500 Reichstaler ausgeben.

Wolfgang Maximilian von Goethe.
Wolfgang Maximilian von Goethe.

Wolfgang Maximilian von Goethe studierte Rechtswissenschaft und Philologie. Er wurde zum Dr. jur. promoviert . Einige Jahre war er für den Preußischen Hof in Rom als Legationsrat tätig. Walther Wolfgang von Goethe ließ sich als Musiker ausbilden, erhielt von Felix Mendelssohn-Bartholdy in Leipzig Klavierunterricht. Jedoch gab er den Musikberuf, in dem er erfolglos blieb, nach einer Lebenskrise auf. Mit Robert Schumann war er eng befreundet, hatte mit ihm eine leidenschaftliche homosexuelle Affäre. Schumann widmete ihm seine Davidsbündlertänze.

Beide Brüder wurden 1859 von Großherzog Carl Alexander von Weimar in den erblichen Freiherrenstand erhoben. Beide Brüder gründeten keine Familie und blieben kinderlos.
1872 starb die Mutter, Ottilie von Goethe, an Herzversagen in der alten Mansarde im Goethehaus in Weimar.
Wolf litt ein Leben lang an Gesichtsneuralgien. Das Leiden verschlimmerte sich 1879, er wurde pflegebedürftig und zog nach Leipzig, wo er sich von Ernst Thalmann, einem Gutsbesitzerssohn, bis zu seinem Tod , am 20. Januar 1883, betreuen und pflegen ließ.

Walther Wolfgang von Goethe.
Walther Wolfgang von Goethe.


Der letzte Goethe Walther war nun der Besitzer reicher Schätze, aber er lebte sehr bescheiden. Er fühlte sich als Hüter und Bewahrer des bedeutenden Erbes. Dass dieses Erbe nicht verkauft und zerstreut würde, wie bei Schiller, sondern geschlossen überliefert worden ist, hat die Welt Goethes Enkeln zu verdanken, insbesondere Walther von Goethe. Er starb am 15. April 1885 in einem Hotelzimmer in Leipzig, wo er sich seit Weihnachten 1884 aufgehalten hatte. Er wurde wie seine Geschwister und seine Mutter auf dem Friedhof in Weimar im Familiengrab beigesetzt. Auf seiner Grabtafel steht:


Mit ihm erlosch Goethes Geschlecht, dessen Name alle Zeiten überdauert.“


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