„Wenn Bach erwehlet würde, so konnte man Telemann ... vergessen." Dieses Fazit zog Bürgermeister Lange im Leipziger Stadtrat nach einem schwierigen Auswahlverfahren für die Besetzung der vakanten Stelle des Thomakantors. Am 22.04. 1723 traf die große Ratsversammlung der Stadt Leipzig ihre vielleicht wichtigste und folgenreichste Entscheidung für Johann Sebastian Bach zum Thomaskantor: Georg Philipp Telemann hatte abgesagt und blieb in Hamburg. Christoph Graupner und Johann Friedrich Fasch wollten kommen, aber ihre Dienstherren gaben sie nicht frei. Obwohl Johann Sebastian Bach sich zuletzt in Weimar und Köthen als Konzert- und Kapellmeister bereits Anerkennung erworben hatte, war er für die freie Stelle als Thomakantor nicht die erste Wahl. Am 30.05.1723 erfolgte dennoch seine Amtseinführung als Thomaskantor.
In seinem Arbeitsvertrag war verankert, dass er sich dem Rat bedingungslos und kritiklos zu unterwerfen hätte. Ebenso konnte die Kirchenbehörde bestimmend wirken. Da waren Konflikte vorprogrammiert. Bach, selbstbewusst und ehrgeizig, wird seine Dienstherren als „eine wunderliche und der Music wenig ergebene Obrigkeit" beschreiben. Die Beziehungen waren nicht selten von Spannungen gekennzeichnet. So forderte Bach Mitspracherecht bei der Aufnahme der neuen Thomasschüler, denn die Mehrzahl der Knaben schien ihm „untüchtig" und ohne „musikalisches Naturel". Aber er stieß auf Ablehnung. 1730 beschließt der Rat eine Kürzung seines Gehaltes. Begründung: Bach habe oft Urlaub, die eigentliche Arbeit überlässt er den Präfekten und im Lateinunterricht, den er eigentlich zu geben hätte, lässt er sich vertreten. Niemand widerspricht, als einer im Rat feststellt:
„Der Cantor tuet nichts."
Der „Cantor" komponierte in Leipzig ca. 200 Kirchenkantaten, die erhalten sind, und Motteten, meist für Begräbnisfeierlichkeiten. In Leipzig entstanden die Johannes- und Matthäuspassion und die große Messe in h-Moll. Sie gilt vielen Musikliebhabern in aller Welt als eines der größten und schönsten sinfonischen Chorwerke mit dem Höhepunkt des „Agnus Dei", das von überirdischer Schönheit ist. Die große Messe in h-Moll endet mit dem Satz: Dona nobis pacem - Gib uns den Frieden. "In ihrer dichten und geschlossen Konzeption wie auch in ihrem monumentalen und erhabenen Charakter verkörpert die h-Moll-Messe wahrlich eine der größten künstlerischen Leistungen der Abendländischen Kultur." (Peter Wollny).
Weiterhin komponierte er das Weihnachtsoratorium, das Wohltemperierte Klavier (1744), die Goldberg-Variationen (1744), das Musikalische Opfer (1747) und die Kunst der Fuge (1750, unvollendet). Hochgeschätzt war Bach als Orgelsachverständiger. Er reiste zu diesem Zweck viel.
Die letzten Lebensjahre waren von einem Augenleiden überschattet. Seine zweite Ehefrau Anna Magdalena und sein Sohn Johann Christian halfen ihm bei der Arbeit und im Alltag. Als Bach am 28. 07. 1750 starb, nahm die Stadt kaum Notiz davon.
Heute gilt das Credo der Bachgesellschaft, „das gesamte geistliche und weltliche Werk J. S. Bachs als verpflichtendes Erbe der deutschen Kultur erschließen und seine Pflege unter den Völkern der Welt beleben".
Die Grabplatte von Johann Sebastian Bach in der Thomaskirche ist stets mit frischen Blumen der Besucher aus der ganzen Welt geschmückt.
Lesen Sie zum Thema: http://www.sachsen-lese.de/index.php?article_id=254 und http://www.leipzig-lese.de/index.php?article_id=97.
Quellen:
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Bach - Archiv Leipzig
Grebe, Karl: Georg Philipp Telemann. Reinbek bei Hamburg 2002
Leisinger, Ulrich: Bach in Leipzig - Bach und Leipzig. 2002
Programm und Rest-Karten für das Bachfest 2023:
https://www.bachfestleipzig.de/de/bachfest/2023/konzerte