Heute pilgern Musikfreunde in die Thomaskirche zu Leipzig, um Johann Sebastian Bach an seinem Grab die Ehre zu erweisen. Die schlichte Bronzeplatte im Altarraum, die das Grab überdeckt, ist daher stets mit frischen Blumen geschmückt.
Johann Sebastian Bach starb am 28. Juli 1750. Sein Sohn Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Friedrich Agricola verfassten einen Nekrolog, darin heißt es zu Bachs Krankheit und Tod:
„Sein von Natur etwas blödes Gesicht [d. h. Kurzsichtigkeit], welches durch seinen unerhörten Eifer in seinem Studiren [...] noch mehr geschwächet worden, brachte ihm, in seinen letzten Jahren, eine Augenkrankheit zu Wege. Er wolte dieselbe [...] durch eine Operation heben lassen. Doch diese [...] lief sehr schlecht ab. Er konnte nicht nur sein Gesicht nicht wieder brauchen: sondern sein, im übrigen gesunder Cörper, wurde auch zugleich dadurch, und durch hinzugefügte schädliche Medicamente, und Nebendinge, gäntzlich über den Haufen geworfen: so daß er darauf ein völliges halbes Jahr lang, fast immer kränklich war. Zehn Tage vor seinem Tod schien es sich gähling mit seinen Augen zu bessern; so daß er einsmals des Morgens ganz gut wieder sehen, und auch das Licht wieder vertragen konnte. Allein wenige Stunden darauf, wurde er von einem Schlagflusse überfallen; auf diesen erfolgte ein hitziges Fieber, an welchem er [...] am 28. Julius 1750, des Abends nach einem Viertel auf 9 Uhr, im sechs und sechzigsten Jahre seines Alters, auf das Verdienst seines Erlösers sanft und seelig verschied."
Drei Tage nach seinem Tod, am 31.Juli 1750, wurde Bach auf dem Johannisfriedhof, südlich der Johanniskirche, begraben. Das Grab lag sechs Schritte vor der Südpforte der Johanniskirche entfernt, wie wir von den Thomanern wissen, die ihrem Kantor mehr als ein Jahrhundert lang jedes Jahr am Sterbetag, am 28. Juli an dieser Stelle die Ehre erwiesen. Das überlieferten die Thomaner von Generation zu Generation. Als 1894 die Johanniskirche umgebaut wurde, barg man an der Stelle drei Eichensärge. In einem Eichensarg lagen die Überreste eines etwa 65-jährigen Mannes, die mutmaßlichen Überresten von Bach. Der Leipziger Anatom Wilhelm His begutachtete das exhumierte Skelett und schlussfolgerte, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Johann Sebastian Bach handelte. Direkt über diesem Sarg lag ein Kiefernsarg mit einer Frauenleiche, wohl Anna Magdalena Bach, die am 27. Februar 1760 als „Almosenfrau" starb, zehn Jahre nach ihrem Mann.
Die sterblichen Überreste Bachs und die Christian Fürchtegott Gellerts wurden in schlichte Kalksteinsarkophage gebettet und am 16. Juli 1900 in einer Gruft vor dem Altar der neuerbauten Johanniskirche beigesetzt. Am 4. Dezember 1943 brannte die Johanniskirche bei einem schweren Bombenangriff aus. Bachs Sarkophag blieb jedoch verschont. 1949 wurden die Reste des Gotteshauses verfüllt. Der beschädigte barocke Turm blieb aber stehen und wurde sogar 1956 mit Hilfe von Spenden der Bevölkerung gesichert und teilweise saniert. Es sollte ein Bach-Mausoleum entstehen, jedoch wurde der Turm, vermutlich aus politischen Gründen, am 9. Mai 1963 gesprengt. Bachs Sarkophag wurde bereits 1950, zu seinem 200. Todestag, in den Chorraum der Thomaskirche überführt. Gellerts Gebeine sind auf dem Südfriedhof bestattet.
Im November 2014 initiierte der Verein Johanniskirchturm e.V. eine Probegrabung am Johannisplatz. Bagger schaufelten die Bach-Gellert-Gruft frei. Die Ruhestätte war erstaunlich gut erhalten. Deutlich zu lesen waren die Worte an der Wand der Gruft: Soli-Deo-Gloria, übersetzt Gott allein zur Ehre. Wie man diesen geschichtsträchtigen Ort wieder in das Bewusstsein der Leipziger rücken will, wird gegenwärtig diskutiert.
Am 272. Todestag von J.S. Bach, am 28.07.2022, treffen sich die Musikliebhaber zum Konzert um 20.00 Uhr in der Thomaskirche zu Leipzig; Titel „In Memoriam“. Veranstalter sind die Kirchgemeinde in Kooperation mit dem Bach-Archiv Leipzig.
Auf dem Programm steht unter anderem Bachs Trauerode BWV 198.
Thomaskantor Andreas Reize dirigiert das Leipziger Barockorchester und die Solisten.
Bilder 1 und 3: Archiv U. u. H. Drechsel
Bild 2: Foto: Hermann Walter (1838-1909).
Bild 4: Archiv W. Brekle