Sie spricht in Farben zu uns: Annekatrin Brandl. Die Malerin gestaltet Farbflächen,von denen eine emotionale Tiefenwirkung ausgeht. Ihre Flächen beruhigen. Doch horch:
Wir schauen auf das „grüne Meer“ und hören die See rauschen. Und sieh: Wir blicken auf das Bild "der Mond, die Laternen & das Haus", entdecken den vollen Mond, um in Gedanken in das rötliche Haus einzukehren. Wärme des Wohnens steigt in uns auf. -
Flächen in Tief-Rot begegnen uns in den Farbanalysen von Annekatrin Brandl ebenso wie Flächen in Hell-Blau, in Grün-Blau und in Ocker-Gelb. Die Farbmuster wecken unsere Aufmerksamkeit. Wir beginnen, das Abenteuer des Sehens zu wagen. Wir erinnern uns an Bildeindrücke, die sich in der Vergangenheit eingeprägt haben, die wortlos von uns erlebt wurden, die aber im Farbgedächtnis sicher aufbewahrt werden. Weil Himmels-Flächen und Meeres-Weiten sowie Flächen der Boden-Ständigkeit zusammentreffen, erarbeiten wir uns als Betrachtende in der Ausstellung "Dialog der Farben" in Windeseile, ohne dass wir es merken, aus den zweidimensionalen Ansichten an der Wand dreidimensionale Räume. Wir begeben uns lautlos, aber geschwind in ein räumliches Geschehen.
Ob nun Boot oder Brücke oder Bauwerk, in den Bildern erkennen wir Geschichten, die zwischen Himmel und Erde beheimatet sind. Das ist das Stichwort: Wir sind beheimatet unter dem Himmelsblau, vor dem Meeresgrün und wohnhaft in eckigen Häusern aus Stein, die auf dem Erdboden gründen, aber auch im Rotschimmer leuchten können. Farbflächen berühren sich. Treten in Rede und Gegenrede. Berühren uns. Versetzen uns in Stimmungen.
"Das Boot im Sturm" lässt uns nicht kalt. Das Meer erblicken wir in sehr verschiedenen emotionalen Gesichtern: Mit beruhigender Weite, friedlicher Tiefe, beglückender Luftigkeit, aber auch mit berohlichen Wetterlagen. In der Ausstellung im Atelier in der Diakonissenstraße 2 haben wir, so möchte ich behaupten, nicht weniger als künstlerisch entdeckte Elementarbilder unseres Daseins vor uns. Wir finden in der Hektik des Alltags, im Lärm der Gegenwartskonflikte, im Widerstreit unserer eigenen Bestrebungen in dem Moment des Hinschauens entspannende Augenblicke der Ruhe, der Besinnung auf uns selbst, der Hoffnung auf Frieden, des Beschwingtseins durch Freiheit und der Erfüllung durch Liebe. Es grenzt an ein Wunder, dass Farben durch unsere Menschenaugen hindurch und im Gespräch miteinander ein Soviel an Stimmung und Sinn und Seelenverwandschaft stiften können.
Wie
die Alten Meister vor ihr, bringt Annekatrin Brandl das Licht durch
ein dunkles
Braun oder Blau, aber auch durch ein abgedunkeltes Grün zum
Leuchten. Mit
ihrer Pastelltechnik arbeitet sie in der Tradition eines Rembrandt
van Rijn. In ihrem
Wunsch, in ihre Bildgeschichten Erdung hineinzutragen, scheint die
Malerin mitten
im Atelier von Paula Modersohn-Becker zu stehen. Paula malte ihre bodenständige
und naturverbundene und auch deftige Lebensauffassung, die gerade auch
in Dörfern gedeiht, in das Gesicht, die Hände und in die Haltung
der alten Bäuerin
"Dreebeen" hinein. Wie Paula gestaltet Annekatrin
Farbfläche für Farbfläche im
Ton der Erde, wenn sie das Meer und die Felder und die Häuser als
unser Zuhause entdeckt.
Die Leipziger Künstlerin hätte viel zu erzählen, wenn sie Paula
Modersohn- Becker
treffen könnte. Im Interview sagte sie am 24. Oktober 2018 im
Vorfeld ihrer Ausstellung
"Dialog der Farben" über ihr stilles Gespräch mit Paula:
"Wir sind Frauen,
wir müssen uns in dieser Künstlerwelt durchsetzen, die meiner
Meinung nach schwierig
ist. Es ist schwierig, sich als Frau in dieser Künstlerwelt zu
behaupten und als
Frau künstlerisch seinen Weg zu gehen und an das zu glauben, was man
machen möchte.
Ich möchte so wie sie eine sehr ehrliche Kunst machen. Sie soll
ehrlich sein und
erdverbunden. Den Menschen zugewandt. Ich möchte einfach eine sehr,
sehr gute
Künstlerin sein. Das möchte ich sein oder werden; mich
weiterentwickeln. Die Kunst
ist halt einfach mein Lebensinhalt."
Ich glaube, man sieht es in der Ausstellung "Dialog der Farben", die im Atelier der Künstlerin in der Diakonissenstraße 2 am 15. November 2018 eröffnet wurde. Die Bilder werden bis zum 08. Januar 2019 gezeigt.
Besichtigung nach Vereinbarung. Kontakt vgl. den Link:
15. November 2018