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Carolin Eberhardt

Die Nixe von Weimar

Sind Nixen gut oder böse? So einfach lässt sich die Frage nicht beantworten. In einer Auswahl von Weimarer Sagen wird die Ilmnixe Erlinde vorgestellt. Unheimlich mutet sie oft an und zugleich wunderschön und bezaubernd. Die Illustrationen wurden von einer 5. Klasse des Goethegymnasiums in einnem literisch-künstlerischen Projekt gestaltet. 

Dr. Willmar Schwabe -  vom Apotheker zum weltweit agierenden Großunternehmer

Dr. Willmar Schwabe - vom Apotheker zum weltweit agierenden Großunternehmer

Hans-Joachim Böttcher

Dr. Willmar Schwabe vor 1916.
Dr. Willmar Schwabe vor 1916.

In dem 1892 von Karl May herausgebrachten Buch „Durch Wüste und Harem" erzählt Kara Ben Nemsi, das Alter Ego von May: „Nun war mir unglücklicherweise in Kairo eine alte, nur noch halb gefüllte homöopathische Apotheke von Willmar Schwabe in die Hand gekommen; ich hatte hier und da bei einem Fremden oder Bekannten fünf Körnchen von der dreißigsten Potenz versucht, dann während der Nilfahrt meinen Schiffern gegen alle möglichen eingebildeten Leiden eine Messerspitze Milchzucker gegeben und war mit ungeheurer Schnelligkeit in den Ruf eines Arztes gekommen, der mit dem Scheidan im Bunde stehe ... "

Wer war nun jener „Willmar Schwabe", dessen Reiseapotheken im späten 19. Jh. angeblich selbst in Ägypten zu finden waren und die Wunder bewirkten?

Geboren wurde er am 15. Juni 1839 als Sohn des Apothekenbesitzers Carl Robert Schwabe, in Auerbach im Vogtland. Die ersten Jahre in seiner Geburtsstadt verlebend, besuchte er zuerst hier und dann in Plauen die Schule. Später siedelte die Familie nach Dresden über, wo sie Miteigentümer der Firma „Gehe & Co." (1834 als „Gehe & Schwabe" gegründet!) war. In der sächsischen Hauptstadt besuchte der junge Willmar nun weiter das Gymnasium und legte die Reifeprüfung ab. Danach begann er eine Lehrzeit in der Dresdner Marien-Apotheke. In dieser lernte er Luise Eder kennen, die Tochter des Apothekenbesitzers, die er 1870 heiraten sollte. Nach Beendigung der Lehre ging Willmar Schwabe für einige Zeit nach Bielefeld, wo er als Gehilfe in der Aschhoff‘schen Apotheke sein Wissen vervollkommnete. Daraufhin wandte er sich nach Leipzig, um an der Universität Pharmazie zu studieren. Während jener Zeit lernte Schwabe die Lehren Hahnemanns, die Homöopathie, kennen. Und obwohl die meisten Ärzte und Apotheker diese neue Heilrichtung als Scharlatanerie verdammten, wurde er ihr überzeugter Anhänger. 1861 legte Schwabe sein Staatsexamen mit dem Prädikat "Vorzüglich" ab, worauf er mit seiner Dissertation über Cinchonin 1863 die Doktorwürde erwarb.

Eine Werbeanzeige der Fa. Schwabe von 1925.
Eine Werbeanzeige der Fa. Schwabe von 1925.

Auf Grund dieses akademischen Grades, der zu jener Zeit noch selten war, sowie seines guten Studienabschlusses überließen die Leipziger Apotheker am 30. Juli 1863 Willmar Schwabe die Verwaltung ihrer „Homöopathischen Dispensieranstalt der vereinigten Apotheker zu Leipzig". Schnell erkannte der intelligente und dynamische junge Mann, dass mit der Bereitung von Medikamenten und deren Großhandel mehr Geld zu verdienen war als mit dem mühsamen Einzelverkauf. Sicherlich trug dazu auch bei, dass sein Vater Teilhaber der Dresdner „Drogerie- und Farbwarenhandlung Gehe & Co." war. Bestimmt dadurch zudem gut situiert, beantragte Schwabe 1865 in Leipzig ein „Grosso- und Exportgeschäft homöopathischer Fabrikate" eröffnen zu dürfen. Dabei war von vornherein seine Zielrichtung nicht nur die industrielle Herstellung von Medikamenten beziehungsweise deren Rohstoffen, sondern auch deren Export ins Ausland. Der mit der Begutachtung des Antrages beauftragte Stadtbezirksarzt Dr. Sonnenkalb schrieb dazu unter anderem, „... daß Herrn Dr. Schwabe die Befähigung zu einem derartigen Fabrikgeschäft genügend zur Seite steht, ist nicht zu bezweifeln, insofern derselbe im Jahr 1862 vor hiesiger medizinischen Fakultät die Staatsprüfung als Apotheker bestanden und außerdem seit zwei Jahren die hiesige Homöopathische Dispensier-Anstalt als Administrator ganz selbständig verwaltet, in welcher Stellung er vorzügliche Gelegenheit gehabt hat, in der Darstellung homöopathischer Heilmittel sich zu üben und auszubilden." Das ebenfalls für die Genehmigung des Antrages zuständige sächsische Ministerium des Inneren schrieb: „Da den angestellten Erörterungen zufolge es sich bei dem Unternehmen des Dr. Schwabe um fabrikmäßige Darstellung nicht der homöopathischen Arzneimittel selbst, sondern der für deren Bereitung als Grundstoffe dienenden Tinkturen und Essenzen, also um Errichtung einer Fabrik solcher Arzneiwaren handelt, welche nicht zu den pharmazeutischen Zusammensetzungen im engeren Sinne gehören, ... so erhält die Medizinalpolizeibehörde Verordnung, den Dr. Schwabe ... in Pflicht zu nehmen sowie das weiter Erforderliche zu besorgen." Nach verschiedenen amtlich vorgegebenen Schritten, erfolgte am 11. Dezember 1865 die offizielle Bekanntgabe der Gründung der „Homöopathischen Central-Officin Dr. Willmar Schwabe in Leipzig" im Leipziger Tageblatt, womit das Unternehmen zu bestehen begonnen hatte. Nach jahrelangen Kämpfen gelang es Schwabe, dass sein bislang noch kleines Officin, mit Genehmigung vom 7. Dezember 1870, die Bezeichnung Apotheke führen durfte, was nicht nur eine Frage des Ansehens war, sondern auch des kommerziellen Erfolges.

Werbeanzeige von 1943.
Werbeanzeige von 1943.

Der Standort des Schwabeschen Gesamtunternehmens befand sich anfänglich in der Leipziger Centralhalle, An der Pleiße 3 b (heute Dittrichring Ecke Gottschedstraße). Nach einigen Jahren umziehend, befand die Firma sich in der Kleinen Fleischergasse 23-24. Der stetige wirtschaftliche Aufschwung des Unternehmens und des dadurch steigenden Platzbedarfs zwang 1882 zu einem erneuten Firmensitzwechsel, der nun nahe des Bahnhofs und des Stadtzentrums, in die Querstraße 5, war. Dort hatte man das gesamte vierstöckige Gebäude mit Hinterhaus zur Verfügung.

Für seine fabrikmäßige Herstellung homöopathischer Arzneimittel verarbeitete Schwabe von Anfang an nur frische Pflanzen. Um deren bessere Erforschung bemüht, legte er gleich in der Anfangszeit der Firma ein eigenes Laboratorium an. Daneben begann er eine umfassende medizinische Bibliothek zusammen zu tragen, womit auch eine Sammlung von authentischen Hahnemann-Sachzeugen verbunden war.

Erkennend dass die Förderung der homöopathischen Belange für sein Geschäftserfolg sehr wichtig ist, schloss Schwabe seinem jungen Unternehmen schon 1866 einen Verlag mit Druckerei an. Hier wurde im Laufe der Jahrzehnte eine große Anzahl wissenschaftlicher, aber auch populärer Veröffentlichungen herausgebracht. Zu letzteren gehörten z.B. ebenfalls eine zweibändige Hahnemann-Biografie von Richard Haehl und die „Geschichte der Homöopathie" in vier Bänden von Richard Tischner. Die meisten der Bücher, insgesamt waren es über 200 verschiedene Titel, erschienen zum Teil in vielen Auflagen. Zu den mehreren von Schwabe herausgegebenen Zeitschriften gehörte auch die 1869 gegründete und weltweit Verbreitung erlangende „Leipziger Populäre Zeitschrift für Homöopathie" und ab 1910 die schon 1832 begründete „Allgemeine Homöopathische Zeitung" .

Schwabe war ein Verfechter davon, Hahnemanns Lehre rein, also ursprünglich zu halten. Da die Anzahl der Abweichler stetig zunahm, die bei der Medikamentenherstellung willkürliche Abänderungen vornahmen, betätigte er sich deren Bekämpfung selbst mehrmals als Autor. So brachte er 1872 die „Pharmacopoea Homoeopathica Polyglotta" heraus, die weltweit zum führenden Werk auf diesem Gebiet wurde. Neben der deutschen erschienen sofort auch eine englische und französische Ausgabe, der später solche in: italienisch, spanisch, portugiesisch und russisch folgten. Von besonderer Bedeutung war jedoch das von Schwabe erarbeitete „Deutsche Homöopathische Arzneibuch", dessen 2. Auflage 1934 als allgemeinverbindlich für die homöopathische Industrie in ganz Deutschland eingeführt wurde.

Eine Büste von Dr. Willmar Schwabe.
Eine Büste von Dr. Willmar Schwabe.

Durch Dr. Willmars Schwabe Engagement wuchsen die Fabrikation der Arzneisubstanzen und das Versandgeschäft sehr schnell an. Im Rahmen einer Geschäftsneuorientierung eröffnete man im Jahr des silbernen Geschäftsjubiläums, 1891, die ersten beiden Niederlagen mit den Firmenerzeugnissen in anderen Städten Deutschlands; immer weitere folgten. 1895 konnte das erste Depot im Ausland, in Amsterdam, eröffnet werden. In jedem der folgenden Jahre kam es nun in vielen Ländern zu Gründungen von Niederlassungen; 1913 waren es zirka 750 Stück.

Späterhin sollte man sich allerdings entschließen den geschäftlichen Schwerpunkt wieder weg vom Verkauf, sondern so wie am Anfang auf die Herstellung und den Großversand von Präparaten zu legen. In jedem Fall war es so, dass die Firma Schwabe sehr schnell zum führenden Weltunternehmen für homöopathische Produkte aufstieg und es kaum ein Land auf der Erde gab, wohin man diese nicht exportierte.

Dennoch fand Willmar Schwabe noch die Zeit sich auch außerhalb seines Unternehmens vielfach zu engagieren. So ab den 1870'er Jahren als Mitglied des Stadtverordnetenkollegiums, in den 80'er Jahren als Gemeindevorstandsmitglied von Reudnitz (dort hatte die Familie ihren Wohnsitz!) und 1890-95 als unbesoldeter Stadtrat in Leipzig.

Besonders lag ihm jedoch die Fürsorge für Kranke und Genesende am Herzen. So war er Mitbegründer und 1892 bis 1904 Vorsitzender der Ortskrankenkasse für Leipzig und Umgebung. 1871 gründete Schwabe in Leipzig eine private homöopathische Klinik, in der Kranke ambulant behandelt wurden. Nicht nur das von ihm 1897 erworbene Kurbad Augustusbad (bei Radeberg), sondern auch seine zwei 1889 gekauften Rittergüter Gleesberg (bei Schneeberg) und Förstel (bei Langebach) brachte er 1905 in der „Dr. Willmar Schwabeschen Heimstätten-Stiftung" ein, die er später der Ortkrankenkasse Leipzig zur Verwaltung überließ. Damit wurde sein Wirken bahnbrechend für das ganze Heimstättenwesen in Deutschland. Im Dezember 1906 verstarb Schwabes Frau Luise, mit der er im übrigen fünf Kinder hatte. Zu ihrem Gedächtnis gründete er die „Luise-Schwabe-Stiftung" mit einem Fond von 100 000 Mark, die er der Heimstätten-Stiftung angliederte. Angelegt wurde von Willmar Schwabe außerdem ein Stipendienfond, der unbemittelten Studenten der Pharmazie an der Universität Leipzig zugutekam. Für die eigenen Angehörigen seiner Firma legte er eine Pensionskasse an, die mehrmals erhöht wurde. Während des Ersten Weltkrieges übergab er dem Sächsischen Kriegsministerium 100 000 Mark als Grundstock einer „Stiftung für Sächsische kurbedürftige Kriegsinvaliden".

Die Grabplatte von Willmar Schwabe und Frau Luise. Künstlerisch außergewöhnlich wertvoll im Jugendstil von Josef Magr gestaltet.
Die Grabplatte von Willmar Schwabe und Frau Luise. Künstlerisch außergewöhnlich wertvoll im Jugendstil von Josef Magr gestaltet.

Nicht nur für sein Wirken als Unternehmer, sondern eben auch für sein soziales Engagement erhielt Schwabe unzählige Ehrungen und Auszeichnungen, wozu auch der Titel eines Geheimen Hofrates gehörte.

Nach kurzer Krankheit verstarb Willmar Schwabe am 8. Januar 1917 im Alter von 78 Jahren. Beigesetzt wurde er auf dem Johannisfriedhof in Leipzig an der Seite seiner Frau Luise.

Auf die weitere Geschichte des Unternehmens soll nur kurz eingegangen werden. Dieses übernahm Schwabes gleichnamiger Sohn Willmar jun., der sich schon seit 1908 als Mitbesitzer in der Firma tatkräftig einbrachte. Er war es, der auf Grund des wachsenden Platzbedarfs 1926 neue Fabrikgebäude in der Paunsdorfer Bahnhofstraße (ab 1928 Breitingstraße 54, heute Elisabeth-Schumacher-Straße) errichten ließ. In jenem Jahr besaß die Firma im Übrigen mehr als 2500 Filialen im In- und Ausland.

Nach Schwabe Juniors frühem Ableben 1935 führten dessen beide Söhne, der Arzt Willmar und der Apotheker Wolfgang Schwabe, die Firma weiter. Im Zuge der Enteignung ihres Unternehmens in der Russischen Besatzungszone siedelte die Familie 1946 nach Karlsruhe-Durchlach über, von wo sie ihr Restunternehmen weiter führten und neu ausbauten. Auch heute noch ist diese sehr bedeutende Firma im Besitz der Familie Schwabe; nun in der vierten Generation.

Der Leipziger Betrieb wurde 1948 endgültig verstaatlicht und 1952 in den „VEB Homöopharm - Dr. Willmar Schwabe" und 1957 in den „VEB Leipziger Arzneimittelwerk" (LAW) umbenannt, wodurch der Name Schwabe endgültig getilgt wurde. 1990 ist der Betrieb in die „Leipziger Arzneimittelwerk GmbH" umgewandelt worden, den von der Treuhand 1992 die Wyeth-Gruppe erwarb. Von dieser übernahm 2000 die Greifswalder Riemser Arzneimittel AG das Werk.

Einzig die 1959 offiziell aufgelöste, aber auch schon davor nicht mehr funktionsfähige Heimstätten-Stiftung wurde wieder als „Dr.-Willmar-Schwabesche Heimstätten-Betriebsgesellschaft" in Sachsen tätig. Diese konnte 1992 erneut das Gut Förstel übernehmen, das nun als Pflegeheim/Betreutes Wohnen genutzt wird. Auch das Gut Gleesberg kam 1996 erneut an die gemeinnützige Stiftung, die darin seit 2001 ein Seniorenheim betreibt. Schwabes Erben führen also auch heute noch das soziale Engagement weiter, das ihr Ahne Ende des 19. Jh. in Sachsen begonnen hatte.

 

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