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Horst Nalewski

Goethe hat ihn bewundert

Goethes Begegnungen mit Felix Mendelssohn Bartholdy

Der Musikkenner und international geachtete Literaturwissenschaftler Horst Nalewski erzählt anhand fünf ausgewählter Beispiele von dem außergewöhnlichen Aufeinandertreffen und Zusammenwirken zweier Künstler. Hörbeispiele sind über QR-Codes abrufbar.

Das

Das "Schinkeltor"

Dipl.phil. Cornelia Junge
Dr. Simone Tübbecke
Das Gebäude von A. Geutebrück. Bild: Journal Universität Leipzig, Heft 5/2012.
Das Gebäude von A. Geutebrück. Bild: Journal Universität Leipzig, Heft 5/2012.

Das „Schinkeltor" ist ein Kleinod klas-sizistischer Bau- und Bildhauerkunst und das einzige erhaltene Baufragment des Universitätskomplexes aus dem 19. Jahrhundert von nennenswertem Umfang. Als Hauptportal für das Augusteum wurde es von dem bedeutendsten Architekten des Klassizismus, Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), entworfen und hat, wie durch ein Wunder, die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und die Kahlschlag-Politik der DDR überdauert.

Auf dem neuen Campus wird es seiner Funktion wieder gerecht und dient als Portal, das den Übergang vom Leibniz- Forum zum Foyer des Hauptgebäudes markiert.

Für die Landesuniversität wurde 1836 bis 1838 erstmals ein neues Universitätshauptgebäude staatlich finanziert. Ein „Bildungstempel" sollte entstehen, der zu einem Denkmal für den 1827 verstorbenen König Friedrich August I. deklariert und zu Ehren des Königs „Augusteum" genannt wurde.

Der Universitätsbaudirektor Albert Geutebrück (1801-1868) entwarf ein dreigeschossiges Bauwerk mit rustiziertem Erdgeschoss, das Zentrum durch einen Mittelrisalit mit Scheinportikus hervorgehoben, überfangen von einem flachen Dreiecksgiebel. Karl Friedrich Schinkel überarbeitete die Baupläne Geutebrücks, und nach seinen Entwürfen entstand ein klassisch proportioniertes Portalgewände mit pfeilerartigen Pilastern und geradem Türsturz (siehe alte Abb. ).

Das "Schinkeltor" Gesamtansicht
Das "Schinkeltor" Gesamtansicht

Für die Pilasterflächen entwarf Schinkel einen Reliefschmuck in Anlehnung an die Renaissance, die Realisierung des Bildprogramms übernahm der Dresdner Bildhauer Ernst Rietschel (1804-1861).

Figürliche Allegorien, Pflanzen, Früchte und Vögel werden durch Arkanthusgrotesken gegliedert. Was für den heutigen Betrachter nur ornamentaler Schmuck zu sein scheint, erweist sich bei näherer Betrachtung als „ein in Stein geformtes Sinnbild der universitären Bildung", das die Zeitgenossen Schinkels noch zu deuten wussten. Allegorien und Symbole verweisen auf die Funktion des Bauwerks als „Tempel der Wissenschaft". Jugendliche Figuren, in denkender und schreibender Pose und im Redegestus dargestellt, verkörpern Wissenschaft und Kunst. Über ihnen schweben Genien mit Symbolen des Ruhmes, Sieges und Erfolgs: auf dem linken Pilaster der „Genius des Ruhms" mit Lorbeerkranz und Palmzweig, auf dem rechten Pilaster der „Genius der Unsterblichkeit", eine Sanduhr und ein Füllhorn in den Händen haltend. Unter dem Gebälk stand in goldenen Buchstaben das Wort „AUGUSTEUM", auf einer von zwei geflügelten weiblichen Genien gehaltenen Tafel.

Die Musen Kalliope und Polyhymnia
Die Musen Kalliope und Polyhymnia

Auf dem Gebälk, flankiert von Palmetten, thronen die beiden Musen Kalliope und Polyhymnia. Erstere - als griechische Muse der Poesie, Philosophie und Rhetorik - ist mit ihren Attributen, Schreibtafel und Griffel, dargestellt. Polyhymnia als Muse der Hymnendichtung, aber auch der Geometrie, legt den Zeigefinger auf den Mund, so als wolle sie einen wichtigen Gedanken erfassen und formulieren - in der Antike war sie dafür bekannt, dass sie den Schreibern Ruhm brachte, die sie für unsterblich hielt. Die von Ernst Rietschel geschaffenen originalen Musenfiguren wurden allerdings im Laufe des letzten Jahrhunderts schwer beschädigt. Mit der Aufstellung der durch den Bildhauer Markus Gläser rekonstruierten Musen im Spätsommer 2010 wurde das inhaltliche Programm des Portals wieder in vollem Umfang lesbar.

Im Rahmen des Universitätsumbaus durch Arved Rossbach Ende des 19. Jahrhunderts entstand ein neuer Karyatidenportikus, und das Schinkel-Portal musste seinen Platz räumen. Von da an fungierte es als freistehendes Hoftor an der Südseite des Augusteums. 1965 wurde dann das Schinkelportal abgebrochen und eingelagert. Nach seiner Restaurierung im Jahr 1981 war es als separater Baukörper zwischen den Neubauten von Seminar- und Hörsaalgebäude in der Universitätsstraße aufgestellt worden.

Die Integration des Schinkeltores in die hofseitige Fassade des von Erick van Egeraat entworfenen Neuen Augusteums ist ein denkmalpflegerischer Kompromiss, der sowohl an die ursprüngliche Funktion des klassizistischen Hauptportals als auch an die historische Toreinfahrt erinnert.

Die Muse Kalliope
Die Muse Polyhymnia

Mit Ausnahme der alten Abbildung stammen alle Fotos aus dem Archiv U. u. H. Drechsel (November 2012).

Der Bertuch Verlag dankt der Pressestelle der Universität Leipzig, den Artikel aus dem Journal Universität Leipzig 5/2012 übernehmen zu dürfen.

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