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Dieses Gedichtsbändchen ist liebevoll gestaltet und mit Fotos versehen. Es wendet sich an Leser, die bereit sind, aufmerksam hinzuhören und sich einzulassen auf die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Schicksal.

Leipzig, Döllnitzer Straße 2 - Erinnerung an Hugo Gaudig

Leipzig, Döllnitzer Straße 2 - Erinnerung an Hugo Gaudig

Prof. em. Dr. habil. Annemarie Mieth

Hugo Gaudig   Quelle: Schulmuseum Leipzig
Hugo Gaudig Quelle: Schulmuseum Leipzig
Am 5. Dezember 1860 wurde Hugo Gaudig in Stöckey geboren, am 2. August 1923 starb er in Leipzig. Aus Anlass seines 150. Geburtstages werden drei Artikel zu Hugo Gaudig veröffentlicht, die Prof. em. Dr. Annemarie Mieth verfasst hat:
Leipzig, Döllnitzer Straße 2
Hugo Gaudig und sein Werk
Rosemarie Sacke-Gaudig über ihren Vater
Der Jubilar hatte zuweilen schon zu seinen Leb- und Wirkungszeiten über die Undankbarkeit der Landsleute geklagt und die Stadt Leipzig ringt immer noch damit, ob nicht wenigstens eine Gedenktafel an sein Wirken erinnern sollte.
Döllnitzer Straße 2    Quelle: Schulmuseum Leipzig
Döllnitzer Straße 2 Quelle: Schulmuseum Leipzig
Wer heute vom Leipziger Nordplatz kommend in die Lumumbastraße einbiegt, steht
rasch vor einem repräsentativen, sorgfältig sanierten Bau, in dem exklusive Wohnungen angeboten werden. Ein Blick ins Treppenhaus bestätigt: weit, hell, fast majestätisch wirkend, mit geschwungenen Aufstiegen und Säulen versehen, scheint das Gebäude zu anderem als zum alltäglichen Wohnhaus bestimmt gewesen zu sein. Alteingesessene Leipziger und viele ihrer Gäste wissen: Teile des Herder-Instituts, an dem Studenten aus zahlreichen Ländern Jahrzehnte lang die nötigen Deutschkenntnisse für ihr Studium an der hiesigen Universität erwarben, waren darin untergebracht. Doch auch sie hatten wissensdurstige Vorgänger, denn (nach der Nutzung als Sowjetische Kommandantur) war die Arbeiter- und Bauern-Fakultät 1949 in das Gebäude eingezogen. Eine ihrer verantwortlichen Mitarbeiterinnen hieß Rosemarie Sacke-Gaudig, die jüngste der drei Gaudig-Töchter, die ja alle die Schule ihres Vaters besuchten: in ihrer maschinenschriftlichen „Erinnerung an meinen Vater" aus dem Jahre 1988 teilt sie das „Kuriosum" mit, dass sie - wenn auch nur für kurze Zeit - im ehemaligen Amtszimmer ihres Vaters als Direktorin der ABF gearbeitet habe. Errichtet wurde die Nummer 2 der heutigen Lumumbastraße also schon, als diese noch Döllnitzer Straße hieß, nämlich in den Jahren 1905/O7 - und zwar für die II. Höhere Mädchenschule Leipzigs und ihren Leiter, für Prof. Dr. Hugo Gaudig (1860 - 1923). Interessanterweise nahm dieser auch Einfluss auf den architektonischen Charakter des Gebäudes und dessen Ausgestaltung und bezeugte so sein Engagement und seine Vielseitigkeit: das Bemühen, Bewährtes zu erhalten ohne sich Neuem zu verschließen - charakteristisch für Gaudigs wissenschaftlich-pädagogisches Wirken -, prägt augenscheinlich auch dieses Gebäude.
Lehrer- und Konferenzzimmer   Quelle: Schulmuseum Leipzig
Lehrer- und Konferenzzimmer Quelle: Schulmuseum Leipzig
Die Stadt Leipzig kann in diesem Jahr Hugo Gaudigs 150. Geburtstag begehen. Ist er in ihrem Gedächtnis lebendig? Eine resignative Aussage in der Leipziger Volkszeitung vom 01.02.2008 scheint dem zu widersprechen: unter der Überschrift „Gaudig und seine Pädagogik sind vergessen" wird zumindest für die Anbringung einer Gedenktafel am umfunktionierten Gebäude Lumumbastraße 2 plädiert . Er selbst hat schon zu seinen Leb- und Wirkungszeiten zuweilen über die Undankbarkeit der Landsleute geklagt und von der Anerkennung im Ausland gesprochen - anekdotisch zugespitzt etwa mit folgendem Vorfall, von dem Rosemarie Sacke-Gaudig in ihrer „Erinnerung" mit der Bemerkung berichtet, ihr Vater habe ihn lächelnd, aber mit einem Beiklang von Bitterkeit erzählt: „Ein Beauftragter der Zarenregierung bereiste Deutschland, um das Schulwesen zu studieren. In Leipzig fragten seine Begleiter beim Rat der Stadt nach der Anschrift der Schule Hugo Gaudigs. Sein Name war dort unbekannt. Daraufhin riefen die Russen in Petersburg an und erhielten die Anschrift umgehend."  Hohe Wertschätzung und nicht nur internationale Anerkennung sprechen im Gegenteil dazu aus den Worten, die Otto Scheibner, langjähriger Mitarbeiter Gaudigs und späterer Professor an der Universität Jena, 1930 im Nachwort zu dessen Spätwerk „Die Schule im Dienste der werdenden Persönlichkeit" fand: „Hugo Gaudig ist eine der wenigen ragenden [sic] Führergestalten in der großen Bewegung einer inneren Schulreform, die um die Wende des Jahrhunderts (...) in Fluss kam."  Weitaus umfassender als es der Begriff &sbquosbquo;Arbeitsschule‘ ausdrücke, habe Gaudigs Bemühen um die Probleme der Bildung den kleinsten Angelegenheiten des schulischen Alltags ebenso gegolten wie dem großen, eigenständigen Schulgebilde, das als „Gaudigschule" Geschichte geschrieben hat. Nicht nur im Schrifttum, sondern vor allem auch als Meister des lebendigen Wortes wirkte er auf Vortragsreisen in Deutschland und im Ausland - der Begriff „Gaudigwochen", der in den Jahren um 1920 aufkam und der gesamten Lehr- und Lerntätigkeit der Schule galt, ist ein weiteres, eigenartiges Zeugnis dafür.

Quellen

Gaudig, Hugo: Didaktische Ketzereien. 2. Auflage Leipzig und Berlin: B.G.Teubner, 1909.
                     Die Schule im Dienste der werdenden Persönlichkeit. 3. verkürzte Auflage, 8-10.
                     Tausend, besorgt von Prof O.. Scheibner. Leipzig: Quelle und Meyer, 1930.
Sacke-Gaudig, Rosemarie: Erinnerungen an meinen Vater Hugo Gaudig. 1860-1923. Leipzig:
                                      maschinenschriftliches Manuskript, o. J. (1988).

Der Bertuch-Verlag dankt dem Schulmuseum Leipzig für die Bereitstellung der Bilder in diesem Artikel.

 

 

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