In Deutschland werden noch immer millionenfach männliche Küken geschreddert oder vergast, da sie keine Eier legen. Mit einem an der Universität Leipzig entwickelten Verfahren zur Bestimmung des Geschlechts von Embryonen im Ei könnte die massenhafte Tötung männlicher Küken bald beendet werden. Das Verfahren beruhe auf einer Hormonanalyse, sagt die bei dem Projekt federführende Veterinärmedizinerin Professor Almuth Einspanier vom Veterinär-Physiologisch-Chemischen Institut. Sie arbeitet dabei eng mit dem Einzelhandelskonzern Rewe und der Firma SELEGGT zusammen – ein Joint Venture der Rewe Group mit einem Technologie-Unternehmen. Am 8. November 2018 wurde in Berlin das marktreife Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei vorgestellt.
Dem Ei werden in Bruchteilen von Sekunden wenige Tropfen Flüssigkeit (embryonaler Harn) entnommen. Mit einem Marker wird dann ein spezielles Hormon gesucht. Kann dieses nachgewiesen werden, handelt es sich um einen weiblichen Embryo. Die Genauigkeit der Messung liegt mittlererweile bei 97% und damit ähnlich hoch wie beim Sexing von Eintagsküken nach dem Schlupf. Seit Jahren forschen wir an der Methode zur hormonellen In-ovo-Geschlechtsbestimmung und dies zu einem Zeitpunkt, an dem die Embryonen noch keinen Schmerz empfinden.“ Derzeit können einzelne Großhandelsketten Eier von Hennen, die in-ovo-gesext wurden, anbieten. „Wenn eine für den gesamten Markt zur Verfügung stehende Methode existiert, wird hoffentlich das Schreddern männlicher Küken so schnell wie möglich der Vergangenheit angehören“, sagt Professor Einspanier.
Seit November vergangenen Jahres können Kund_innen in 223 Rewe- und Penny-Märkten in Berlin die ersten Konsumeier kaufen, deren Legehennen als Brut-Ei das neue Verfahren durchlaufen haben. Die Rewe-Group plant, die nationale Markteinführung der sogenannten „respeggt-Freiland-Eier“ auf alle rund 5 500 Rewe- und Penny-Märkte in Deutschland auszudehnen. Parallel erarbeitet SELEGGT ein Geschäftsmodell, um die Technik der Branche kostenneutral als Dienstleistung zur Verfügung zu stellen. Somit ist Deutschland Auftaktgeber der neuen Methode, die das Kükentöten in Brütereien beenden kann. Ab 2020 soll auch ersten Brütereien das patentrechtlich geschützte Verfahren zur Nutzung angeboten werden.
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Fotos: Swen Reichhold
Quelle: Das Leipziger Universitätsmagazin 2020