Leipzig-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Leipzig-Lese
Unser Leseangebot

Horst Nalewski
Kennst du Rainer Maria Rilke?
Der schwere Weg zum großen Dichter

Der junge Rilke wächst in Prag auf undentwächst den bürgerlichen Vorstellungen seiner familiären Umgebung. Auf der stetigen Suche nach sich selbst, findet er Halt im Schreiben und schreibt viel. "Der schwere Weg zum großen Dichter" ist hier verständlich und interessant dargestellt.

Zur Jahreswende

Zur Jahreswende

Georg Bötticher

Vor, nach und während den Neujahrspünschen
Pflegen die Freunde uns manches zu wünschen.
Am meisten wünscht man »ein gutes Jahr,«
Das besser sei, als das alte war;
Dann sehr viel »Gesundheit« und »langes Leben,«
Auch »Geld« wird gerne wunschweis vergeben,
Vor allem aber »Glück« in Massen!
Vor »Glück« kann man sich Neujahrs kaum lassen;
Besonders, wenn der Punsch was taugt,
Erhält man mehr Glück fast, als man braucht.
Denn da solch Schenken zu nichts verbindet,
Wird, was sich an guten Dingen nur findet,
Freigebig einander zugespielt
Und ein ungeheurer Umsatz erzielt. –
Das ist nun sehr nett und gefällt uns erst sehr.
Später erkennt man mehr und mehr,
Daß das Schicksal, so höflich man's invitiert,
Die Wünsche doch manchmal ignoriert,
Ja sogar in den meisten Fällen.
Und so sehnt man sich schließlich nach was Reellen.
Man sucht, daß man ein Mittel fände,
Wodurch man das Glück erlangen könnte,
Das solide Glück, das fest besteht
Und nicht mit den Neujahrswünschen vergeht.
Und ein solches Mittel ist bei der Hand –
Nur wird's nicht genügend angewandt.
Notwendig dazu sind nur zwei Personen,
Eine Sie und ein Er, die beisammen wohnen,
Nicht auf Geld, nur auf gute Behandlung sehn
Und bedacht sind, einander zu verstehn.
Erscheint ihnen dazu die Hilfe von Kindern
Für nötig – was sollte sie daran hindern?
Und schließt sich ein Freundeskreis um sie her –
Um so besser: das Mittel wirkt dann noch mehr.
Was dann das neue Jahr auch bringt,
Die das Mittel haben, kein Schlimmstes bezwingt.
Es bringe zum Freuen, es bringe zum Grämen.

Liebespaar. Egon Schiele (12 June 1890 – 31 October 1918).
Liebespaar. Egon Schiele (12 June 1890 – 31 October 1918).


Eines kann ihnen kein Wechsel nehmen,

Eines ihnen kein Schicksal zerstören:

In Liebe einander anzugehören.

Das Einfachste, das Sicherste ist's,

Und doch, wie seltsam, der Mensch vergißt's.

Das ist das Glück, das einzig wahre,

In diesem und jedem kommenden Jahre!

Quelle: Georg Bötticher: Allerlei Schnick-Schnack - Kapitel 77

Bildnachweis

Kopfbild: Happy New Year (Prosit Neujahr) 1913: Maler :Arnold Nechansky aus Metropolitan Museum of Art.

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Der gute Braten
von Wilhelm Busch
MEHR
Verklärter Herbst
von Georg Trakl
MEHR
Fröhliche Ostern!
von Kurt Tucholsky
MEHR
Die Gans
von Heinrich Seidel
MEHR
Sommerbild
von Friedrich Hebbel
MEHR
Anzeige:
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen