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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

DIE WETTERMACHER IN LEIPZIG

DIE WETTERMACHER IN LEIPZIG

Dr. Jürgen Friedel

 Gewitter. Ölgemälde von Georges Michel (1763-1843).
Gewitter. Ölgemälde von Georges Michel (1763-1843).

Wer hätte siech nicht schon einmal gewünscht, das Wetter in seinem Sinne beeinflussen zu können? In unserer Stadt ist das einmal gelungen, aber auch das ist schon sehr lange her . . .

Studenten aus vornehmem Hause haben einst zu Leipzig dieses Experiment gewagt. Ihr Famulus nannte ein Buch der schwarzen Kunst sein eigen. Das nahmen sie auf einen Spaziergang mit ins Connewitzer Holz. Auf einem freien Feld nahe dabei lasen sie darin. Sie fanden, dass man mit gewissen Worten, Beschwörungen und Bewegungen, mit sonderbaren Verrichtungen in der Lage sei, Wetter und Donner sich nach Wunsch zu bestellen.

Da am Himmel kein einziges Wölkchen zu sehen war, meinte einer, dass man's doch einmal versuchen sollte, sich ein Wunschwetter herbei zu zaubern. Die Mehrheit fand den Gedanken gut und war bereit, etwas mit zu tun. Einer zog einen Kreis, der nächste hob eine kleine Grube aus, ein dritter holte Wasser und goss es hinein, der vierte musste es rühren, der fünfte zeichnete Figuren, und der letzte las aus dem Buch im Kreise gehend die vorgeschriebenen Worte vor.

Aufziehende Gewitter. Gemälde von Friitz von Wille (1860-1941)
Aufziehende Gewitter. Gemälde von Friitz von Wille (1860-1941)

Wie sie das alles so getreu vollführten, verdunkelte sich der Himmel, der eben noch hell gewesen war. Und je mehr sie fortfuhren mit ihrem Zauber, um so schwarzer zeigte sich ein Gewitter an.

Das überwältigte sie derartig, dass sie auf die Knie ?elen und mit erhobenen Händen zu Gott beteten. Sie gelobten feierlich, so etwas zeit ihres Lebens nicht wieder zu tun und allen andern davon abzuraten. Sie hätten aus Fürwitz nur des Teufels Macht probiert und baten um Christi Willen um Vergebung.

Da ist das Gewitter vergangen, und der Himmel wurde wieder so schön und hell, wie er vorher gewesen war. Das Buch aber haben die Studiosi (Studenten), nachdem sie es aufgeblättert und Steine an die Ecken gebunden hatten, in die nahe Pleiße geworfen, wo es vom Wasser bald verdorben ward.

Weil seitdem keiner wieder gewagt hat, uns zu Wunschwetter zu verhelfen, macht nach wie vor das Wetter Wetter, wie es ihm beliebt, besonders im Mai und Juni 2013 -- trotz der Meteorologen in Leipzig und in aller Welt!

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