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Carolin Eberhardt

Spiele in der Natur

Spiele in der Natur bedeuten für Kinder jeden Alters, eine abenteuerliche Welt zu betreten. Insbesondere, wenn diese erlauben, an einer aufregenden Geschichte teilzunehmen. Insgesamt 12 spannende Spiele in vier verschiedenen Kategorien fördern gemeinschaftliche Aktivitäten in Kinder- und Jugendgruppen. 

Anfänge und Entwicklung der Chemie zu einem akademischen Fach an der Universität Leipzig

Anfänge und Entwicklung der Chemie zu einem akademischen Fach an der Universität Leipzig

Prof. Dr. habil. Konrad Krause

M i ch a e l H e i n r i ch H o r n (1623 - 1681)

 

 

Nordwand des Hauptchores der Universitätskirche St. Pauli – Zustand kurz vor ihrer Sprengung am 30. Mai 1968; links im Bild das Epitaph für Michael Heinrich Horn – im oberen Teil in der Mitte ist seine Porträtbüste zu erkennen Quelle: Universitätsarchiv Leipzig (UAL), Fotosammlung
Nordwand des Hauptchores der Universitätskirche St. Pauli – Zustand kurz vor ihrer Sprengung am 30. Mai 1968; links im Bild das Epitaph für Michael Heinrich Horn – im oberen Teil in der Mitte ist seine Porträtbüste zu erkennen Quelle: Universitätsarchiv Leipzig (UAL), Fotosammlung

Schon bald nach der Eröffnung der Universität am 2. Dezember 1409 (julianisch) gab es an ihr die nach dem Vorbild der Pariser Universität eingerichteten und für eine Volluniversität im damaligen Verständnis notwendigen vier Fakultäten. Das waren: die Artistenfakultät, aus der später die Philosophische Fakultät hervorging, sowie die Theologische, die Juristische und die Medizinische Fakultät. Diese vier Fakultäten sind zum Beispiel wegen ihrer universitären Symbolkraft am Denkmal für Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716),  das nun wieder im Innenhof der neuen Universität - dem Leibnizforum - steht, in kunstvoller Weise dargestellt. Erst nach 514 Jahren kam am 1. Oktober 1923 eine fünfte hinzu, als die Tierärztliche Hochschule Dresden nach Leipzig verlegt und als Veterinärmedizinische Fakultät in die Universität eingegliedert wurde. Ein Grund für den Ortswechsel war der hohe Stand, den inzwischen die naturwissenschaftliche Forschung an der Universität Leipzig aufwies. Sie hatte 1923 ihre 500-Jahr-Feier bereits hinter sich. Das sei erwähnt, weil es bei der Einführung von Neuerungen besonders an alten und traditionsreichen Universitäten nicht immer gelang, eine ausgewogene Balance zwischen Beharrung und Fortschritt zu finden. Gegenwäauml;rtig gibt es an der Universität Leipzig vierzehn Fakultäten. Eine von ihnen ist die Fakultät für Chemie und Mineralogie, die am 14. Januar 1994, also 326 Jahre nach der Einrichtung der ersten Chemieprofessur im Jahr 1668, gegründet wurde. Die Entwicklung der Chemie haben in ihrer Frühphase immer wieder konservative Kräfte verzögert. Sie hatten bereits 1668 nicht nur - wenn auch erfolglos und in Opposition zum Kurfürsten - gegen die Einrichtung einer chemischen Professur gestimmt, sondern es gelang ihnen, die Gründung eines chemischen Laboratoriums an der Universität über nahezu hundert Jahre hinauszuzögern. An Erkenntnissen der Chemie hatten an den vier Fakultäten nur die Mediziner ein Interesse, was durch den Zusammenhang von Chemie und Arzneilehre bedingt ist. Für Sammlung, Systematisierung und Lehre des daraus resultierenden Wissens war der Professor für Therapie zuständig. Durch das beständige Anwachsen dieses Nebenfachs, das bald als Arzneimittelchemie bezeichnet wurde und das noch vor der „eigentlichen" Chemie entstand, war er bald inhaltlich überfordert. So erklärt sich die Notwendigkeit, die Chemie von der Therapie zu lösen. Den Entschluss dazu fasste Kurfürst Georg II. am 6. April 1668, als er anordnete, an der Medizinischen Fakultät die Stelle für einen „Professor extraordinarius chymiae" zu schaffen. Auf sie wurde der Gelehrte und Arzt Michael Heinrich Horn (1623 - 1681) berufen. Er besaß die Dörfer Gohlis und Möckern und er war zudem Erblehnsherr von Großlehna. Vor allem aber war er als Leibarzt von Kurfürst Georg II. (1613 - 1680) zu Dresden sowie vom Erzbischof in Magdeburg bekannt geworden. Später übernahm er das Ordinariat für Pathologie und im Wintersemester1677 war er Rektor der Universität gewesen. Wegen seiner hohen Verdienste durften ihm nach seinem Tod seine Nachkommen in der Universitätskirche St. Pauli ein Epitaph errichten, dessen künstlerische Gestaltung (vermutlich) Johann Caspar Sandtmann (1642 - 1695) übertragen wurde. Auf ihm befand sich eine Inschrift, die an beide Professuren erinnert: <PATHOL(OGIA). P(ROFESSORIS). P(UBLICI). ORDINARII. ET. CHYM(IAE). EXTRAORD(INARII)>. Es konnte in wesentlichen Teilen 1968 noch vor der Sprengung der Kirche St. Pauli ausgebaut und so teilweise gerettet werden. Zum Gesamtkunstwerk gehört eine Porträtbüste des Gelehrten, die in sächsischem Marmor ausgeführt ist.

Kopie der Porträtbüste von Michael Heinrich Horn, angefertigt vom Bildhauer Marcus Gläser Leipzig, an ihrem Standort in der Bibliothek der Fakultät für Chemie und Mineralogie Quelle: Autor
Kopie der Porträtbüste von Michael Heinrich Horn, angefertigt vom Bildhauer Marcus Gläser Leipzig, an ihrem Standort in der Bibliothek der Fakultät für Chemie und Mineralogie Quelle: Autor

Als historisch interessierte Chemiker unserer Universität „entdeckten", dass dieser Michael Heinrich Horn zugleich der erste Professor ihrer Wissenschaft in Leipzig war, bot sich die Gelegenheit, ihm nun auch für seine chemischen Leistungen die Ehre zu erweisen. Angeregt durch den Autor veranlasste  Prof. Lothar Beyer, der sich in hervorragender Weise für die Erforschung der Geschichte der Chemie an der Universität eingesetzt hat, in Zusammenarbeit mit dem damaligen Universitätskustos Rainer Berends die Anfertigung eines Gipsabgusses der Büste. Die künstlerische Gestaltung besorgte der Leipziger Bildhauer Marcus Gläser. Die Anfertigung der Kopie, deren Original in der Dauerausstellung der Kustodie in der Ritterstraße 26 zu sehen ist, hat die „Vereinigung von Förderern und Freunden der  Universität Leipzig e.V." finanziert. Die Büste wurde 2001 der Fakultät für Chemie und Mineralogie übergeben. Dort steht sie in der Bibliothek im Neubau der Fakultät in der Johannisallee 29.

Prof. Christian Gotthold Eschenbach, Quelle: UAL Fotosammlung
Prof. Christian Gotthold Eschenbach, Quelle: UAL Fotosammlung

Der Bedeutungszuwachs chemischen Bildungsgutes bewog 1710  Kurfürst Friedrich August I., auch der Starke genannt, an der Medizinischen Fakultät zusätzlich zum Extraordinariat von 1668 noch eine ordentliche Professur für Chemie einzurichten. Zugleich ordnete er an, über Chemie nicht nur vom Katheder aus zu lesen, sondern ein chemisches Laboratorium zu gründen, in der Vorlesung Experimente vorzuführen und mit praktischen Unterweisungen der Studierenden zu beginnen. Der am 3. September 1710 berufene Johann Christoph Scheider (1681 - 1713) konnte sich allerdings bei seinem Versuch, ein Laboratorium aufzubauen, nicht gegen eine Gruppe von ablehnend eingestellten Professoren durchsetzen, die sich um den Theologen Gottfried Olearius (1672 - 1715) gebildet hatte. Scheider verließ die Stadt. Die Wahl für den Zeitpunkt dieser verstärkt auf Praxis und Experiment gerichteten Forderung des Kurfürsten wird verständlich, wenn man weiß, dass  1710 auf der Messe in Leipzig erstmalig Meißner Porzellan ausgestellt und zum Kauf angeboten wurde. Der am 8. September 1784 als Nachfolger von Prof. Anton Riediger, der in der Laborangelegenheit auch nach Scheider wiederum erfolglos blieb, berufene Christian Gotthold Eschenbach (1753 - 1831) war in seinen Bemühungen um ein Laboratorium erst nach 20jährigem Kampf erfolgreich.

Prof. Bernhard Kühn   Quelle: UAL Fotosammlung
Prof. Bernhard Kühn Quelle: UAL Fotosammlung

Endlich wurde am 30. Juni 1805 das erste chemische Laboratorium der Universität, das man in einem frei gewordenen Raum auf der Pleißenburg eingerichtet hatte, übergeben. In den Jahren zuvor war Eschenbach gezwungen gewesen, eigene experimentelle Untersuchungen in privaten Laboratorien außerhalb der Universität durchzuführen. Mitunter kann man bis heute in Leipzig Stimmen vernehmen, nach denen solche Schilderungen zur Laborsituation als übertriebene Behauptungen hingestellt werden. Sie kehren meist hervor, dass es damals in der Stadt ganz sicher Laboratorien gegeben hätte. Das kann man nicht bestreiten; aber es ging bei der Entfaltung der Chemie als Universitätsdisziplin nicht um private Laboratorien in Leipzig, sondern um solche, die Einrichtungen der Universität sind, die also zu ihr gehören und die somit auch von ihr zu finanzieren sind. Laboratorien einzurichten und zu unterhalten, das sollte nicht mehr Privatsache der Professoren sein. So hatte zum Beispiel der Chemieprofessor Bernard Kühn (1800 - 1863), dessen Vater übrigens zur 400-Jahr-Feier der Universität im Wintersemester 1809 Rektor war, jahrelang sein Laboratorium aus eigener Tasche unterhalten müssen. Auch dem Psychologen Wilhelm Wundt (1832 - 1920)  war es 1879 bei der Gründung der experimentellen Psychologie ähnlich ergangen.

Die Pleißenburg kurz vor ihrem Abriss im Jahre 1897; links die Thomaskirche - im Vordergrund ist der Einschnitt des Pleißemühlgrabens zu erkennen.    Quelle: Historische Postkarte UAL
Die Pleißenburg kurz vor ihrem Abriss im Jahre 1897; links die Thomaskirche - im Vordergrund ist der Einschnitt des Pleißemühlgrabens zu erkennen. Quelle: Historische Postkarte UAL

1897/98 wurde die Pleißenburg abgerissen, um im Zentrum der Stadt ein freies Gelände zu schaffen, auf dem dann zwischen 1899 und 1905 nach einem Entwurf von Hugo Licht das Neue Rathaus gebaut wurde. Der heutige Rathausturm steht auf dem Fundament des Turmes der alten Pleißenburg. Er markiert somit genau die Stelle in Leipzig, an der sich das erste chemische Laboratorium der Universität befand. Auf dem Burgturm hatte seit 1794 außerdem die Sternwarte der Universität ihren Sitz.

Die weltweite Ausstrahlung der Universität, die sie im 19. Jahrhundert erreichte und durch die sie sich als eine herausragende Arbeitsuniversität auswies, ging von einer Reihe geisteswissenschaftlicher Fächer und den Philologien, vor allem aber von einer erfolgreiche Entfaltung der Naturwissenschaften, insbesondere der Chemie,  sowie der Medizin aus. Die Wurzeln der Chemie führen somit in die Medizinische Fakultät, in deren Schoß und Schutz sie sich herausbilden konnte.

Die Förderung der Chemie durch sächsische Landesfürsten war eine von Weitsicht getragene Entscheidung der Wissenschaftsentwicklung. Genau dreihundert Jahre nach der Einrichtung einer Professur für Chemie im Jahr 1668 wurden durch die III. Hochschulreform in der DDR die inzwischen entstandenen chemischen Institute aufgelöst und es wurde  am 15. Juni 1968 die Sektion Chemie gegründet, an der es keine Institutsdirektoren mehr gab.

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